Julia Extra Band 0332
Todesopfer.“
„Wie tragisch.“ Brads Eltern waren also Schauspieler gewesen, hatte er aus diesem Grund seine Karriere auch als Darsteller und nicht als Autor begonnen? Plötzlich erinnerte sie sich wieder an das Unglück.
„Jetzt fällt es mir wieder ein, ich habe es in der Zeitung gelesen! Henry und Letitia Walker waren also deine Eltern?“
„Ja.“ Brad sah sie kurz an, wich ihrem Blick dann jedoch aus. „Darf ich dir noch Tee nachschenken?“
Maya musste daran denken, was ihr Brad über die Wutausbrüche seines Vaters erzählt hatte, und schwieg betroffen. Außerdem hatten die Walkers zu ihrer Zeit durch ihr glamouröses Privatleben stets für Schlagzeilen in der Regenbogenpresse gesorgt. Auch Brad entstammte also Künstlerkreisen.
„Nein, danke. Ich habe noch“, lehnte sie sein Angebot höflich ab.
„Dann nimm auf alle Fälle noch einige Ingwerkekse, sonst bin ich gezwungen, sie ganz allein zu vernichten.“ Er lächelte.
„Brad?“
Das Lächeln schwand, und seine Stirn umwölkte sich. Offensichtlich fürchtete er weitere Fragen nach seinem Privatleben. Wie gut sie seine Abwehr und Zurückhaltung verstand! Leise redete sie weiter.
„Brad, ich wollte dir nur sagen, dass du von mir nichts zu befürchten hast, ich werde dich weder über deine Vergangenheit noch deine Lebensgewohnheiten ausquetschen. Ich bin hier, um zu arbeiten, und habe mir geschworen, dir eine echte Hilfe zu sein. Du sollst nicht bereuen, mir diesen Job angeboten zu haben.“
„Letzteres halte ich für höchst unwahrscheinlich.“
Seine Stimme klang nüchtern und geschäftsmäßig, und Mayas Kehle wurde plötzlich eng.
„Und jetzt trink aus, damit ich dir dein Zimmer zeigen kann. Du bist bestimmt müde und möchtest dich vor dem Abendessen noch etwas ausruhen und umziehen – mir jedenfalls ergeht es so.“
Hatte auf der Autofahrt eine ruhige, entspannte Stimmung geherrscht, war beim Abendessen das Gegenteil der Fall.
Brad beobachtete Maya verstohlen. Wie bezaubernd sie in dem dunkelgrünen Kleid aussah, dessen Farbe so perfekt zu ihren Augen passte. Doch selbst beim flackernden Schein der Kerzen erkannte er, wie bedrückt sie wirkte. Das lag bestimmt hauptsächlich an ihm, denn plötzlich hatte er schlechte Laune. Was war nur in ihn gefahren, ihr diesen Job angeboten zu haben?
Ihre durchscheinend zarte Schönheit, die ihr Vater auf dem Gemälde so meisterhaft eingefangen hatte, machte ihm immer stärker zu schaffen. Wo war sein ritterlicher Entschluss, ihr uneigennützig aus einer finanziellen Notlage zu helfen, nur geblieben?
In Wahrheit wollte er nur eins, sie in sein Bett bekommen, um sich in ihr zu verlieren. Er wollte sie nach allen Regeln der Kunst lieben und die hingebungsvolle Leidenschaft in ihr zum Leben erwecken, die er hinter ihrem traurigen Blick vermutete. Die ganze Nacht lang wollte er ihren unbeschreiblich süßen Körper liebkosen und genießen.
Bei jeder anderen Frau hätte er kein Problem damit gehabt, seine Bedürfnisse offen zu äußern. Bei Maya war ihm das unmöglich. Das Erlebnis mit Sheba hatte ihn gelehrt, wie sensibel Maya war, wie stark ihre leidvolle Vergangenheit sie geprägt hatte. Sie rücksichtslos zu verführen, würde sie nur verängstigen und ihn mit ihrem verachtungswürdigen Exboss auf eine Stufe stellen. Ein solches Verhalten würde er sich nie verzeihen können.
Maya verdiente es, umworben zu werden. Sie war keine Frau für eine heiße Affäre, sondern suchte bei einem Mann Schutz und Verständnis. Sie war nicht zur leidenschaftlichen Geliebten für einige Nächte geschaffen, von der man sich mit einem unverbindlichen Kuss verabschiedete, wenn die Glut verloschen war.
Sie war eine Frau, von der jeder Mann nur träumen konnte – vorausgesetzt, er träumte von einer Ehefrau. Sie besaß die idealen Voraussetzungen: Klugheit, Einfühlungsvermögen, Warmherzigkeit und Schönheit obendrein. Für Brad jedoch kam Heirat nicht infrage. Er hatte es bei seinen Eltern erlebt, wie die anfängliche Zärtlichkeit und Verehrung seines Vaters für seine Ehefrau immer mehr zum Zerrbild der Liebe geworden war. Eifersucht und Gewalt hatten seine Gefühle in ihr Gegenteil verkehrt.
Und war er nicht Sohn seines Vaters? Hatte er nicht dessen Temperament geerbt und die entsprechenden Anlagen in den Genen?
Nein, seine große Liebe und Sinn seines Lebens war die Schriftstellerei, und das sollte auch so bleiben. War er nicht mit seinem Dasein zufrieden, so wie es war?
„Dein Glas ist leer. Darf
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