Julia Extra Band 0332
dann.
„Mit einem Kredit.“
„Du hast bei der Bank Geld geliehen?“, fragte er ungläubig.
„Ich hätte es wahrscheinlich auch von Grandpa haben können.“
In seinen letzten Jahren hatte sie alles Geschäftliche regeln müssen und deswegen Vollmacht gehabt. Niemand hätte sie hindern können, sich das Geld auf diese Weise zu beschaffen, vor allem, da es ja in Coleridge House investiert wurde, um seinen Erhalt auch in Zukunft zu sichern.
Dass das Haus keine Zukunft hatte, war ihr damals nicht bekannt gewesen.
„Warum hast du dir das Geld nicht von ihm geborgt?“, hakte Adam nach.
„Weil es mein Unternehmen ist und ich allein dafür die Verantwortung trage.“ Plötzlich fiel ihr sein entsetzter Ausdruck auf. „Keine Angst, ich verdiene zwar kein Vermögen, aber ich kann meine Verbindlichkeiten begleichen. Du brauchst nicht meine Schulden zu bezahlen.“
„Was? Ach so, das beunruhigt mich nicht, May. Ich dachte nur, in welchen Schwierigkeiten du stecken würdest, wenn der Zufall mich nicht heute zu dir geschickt hätte. Und wenn ich dich nicht so hartnäckig bestürmt hätte, bis du gezwungen warst, mir deine Probleme zu schildern. Du hättest alles verloren, May. Alles!“
Dass er nicht an seine eigenen Belange dachte, sondern an ihre, erstaunte sie.
„Davon wäre die Welt auch nicht untergegangen“, erklärte sie bemüht gleichmütig. „Ich hätte die Einrichtung des Hauses verkauft und davon den Kredit getilgt.“
„Versprich mir eins“, bat Adam eindringlich und umfasste ihr Handgelenk. „Sobald wir verheiratet sind, veranlasst du Freddie Jennings, die Klausel zu löschen.“
„Das steht ganz oben auf meiner Liste“, beruhigte sie ihn.
Obwohl es kaum Chancen gibt, dass ich jemals ein eigenes Kind habe, dachte sie wehmütig. Wie leer ihr Leben in dieser Hinsicht war, hatte sie bisher nicht gemerkt. Aber wenn Nancie sich an sie schmiegte, wurde es ihr überdeutlich bewusst.
„Ich muss ohnehin ein neues Testament machen. Obwohl ich das Haus niemandem vererben kann. Ich bin die Letzte der Coleridges.“
„Gibt es gar keine Verwandten?“, wollte Adam wissen.
„Nur Cousins um drei oder vier Ecken.“
„Damit zählen sie zur Familie, und es gibt nichts, was Verwandte schneller aus ihren Löchern lockt als die Aussicht auf eine reiche Erbschaft“, meinte er zynisch.
„In meinem Fall nicht, weil ich das Haus an einen wohltätigen Verein vererbe“, informierte May ihn. „Dann habe ich nicht so sehr das Gefühl, geschummelt zu haben.“
„Geschummelt?“
„Na ja, weil ich dich doch nur heirate, um das Haus zu behalten.“
„Trotzdem, du betrügst niemand. Wenn dein Großvater nicht den Schlaganfall gehabt hätte, wärst du längst mit Michael Linton verheiratet.“
„Wahrscheinlich“, stimmte sie zu.
Michael war so selbstbewusst und charmant gewesen. Eine ausgezeichnete Partie. Er hatte Sicherheit bedeutet.
Letzteres konnte sie von Adam nicht behaupten. Auch wenn er sie aus allen möglichen Klemmen befreite, fühlte sie sich in seiner Nähe nicht sicher. Dann ging ihr Atem jedes Mal schneller, und der Schutzwall, den sie seit den Schultagen um sich her errichtet hatte, drohte einzustürzen.
„Übrigens musst du auch ein neues Testament machen“, erinnerte sie ihn, während sie seinen Teller füllte. „Weil eine Eheschließung ja alle vorherigen nichtig macht. Solltest du also unter einen Bus geraten …“
„Hast du jemals von jemand gehört, der tatsächlich unter einen Bus geraten ist?“, unterbrach Adam sie.
„Dann würde mir ein Großteil deines Besitzes zufallen“, redete sie weiter. „Natürlich würde ich den nicht behalten.“
„Warum nicht?“
„Du hast doch Angehörige!“
„Würdest du meiner Mutter oder meiner Schwester eine internationale Firma anvertrauen wollen?“, fragte Adam ironisch. „Sie würden sie an den erstbesten Bieter verscherbeln, der ihnen Bargeld dafür verspricht. Während du mit deinem hoch entwickelten Pflichtgefühl und getreu dem Coleridge-Motto ‚das Erworbene schützen‘ mein Erbe perfekt verwalten würdest.“
May war sich nicht ganz sicher, ob er sich lustig über sie machte. „Du wirst ja heiraten und Kinder haben, die alles erben“, wehrte sie ab.
„Ich heirate dich, Mary Louise. Und verspreche dir, in guten wie in schlechten Zeiten an deiner Seite zu sein.“
„Dasselbe muss ich dir auch versprechen“, sagte sie ernst.
Adam sah ihr forschend in die Augen, als wollte er herausfinden, ob sie es
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