Julia Extra Band 0332
schlechten Scherz des Schicksals, denn ihre Mutter war gestorben, weil sie in einer abgelegenen Gegend keine ärztliche Hilfe bekommen hatte.
„Ist auch der Ehering dabei? Kann ich den mal sehen?“, bat Adam.
„Ja, klar.“ Sie nahm einen kleinen Samtbeutel aus dem Fach und reichte ihm den.
Es war, zu seiner Überraschung, ein ganz schlichter Goldreif, sogar ohne Datum und Initialen. Ein klassischer Ehering aus einer Zeit, als Ehen noch dauerhaft waren und als das Versprechen, auch in schlechten Zeiten zusammenzuhalten, noch Gewicht besaß.
Adam wünschte, er hätte darauf bestanden, May einen Ring zu kaufen, einen viel schöneren, kostbareren … aber das konnte er ja immer noch. Ja, er würde ihr einen Verlobungsring beschaffen, der allen Schmuck der Coleridges in den Schatten stellte!
„Darf ich mir den Ring borgen?“, bat er. „Um sicherzugehen, dass der, den ich für mich besorge, zu deinem passt.“
„Ja, bitte!“, antwortete sie nach ganz kurzem Zögern.
„Ich passe gut darauf auf“, versicherte Adam ihr. „Wollen wir jetzt beim Kaffee besprechen, wo wir den Hochzeitsempfang geben?“
„Einverstanden. Am besten setzen wir uns ins Morgenzimmer. Geh du schon vor, ich hole den Kaffee.“
Adam ging ins genannte Zimmer und setzte sich an den Kamin, in dem ein Feuer flackerte. Sein eigenes riesiges Apartment war von jener eleganten Schlichtheit, die Unsummen kostete. Für den Preis auch nur eines Designerstücks, das seine Wohnung zierte, hätte eine junge Familie ein Reihenhäuschen möblieren können.
Nachdem er in der Enge einer Sozialwohnung aufgewachsen war, lag ihm viel an der Ruhe und Weitläufigkeit seines Lofts. Aber es gefiel ihm auch hier in diesem Zimmer: Die alten Möbel, seit Generationen im Besitz derselben Familie und immer sorgfältig gepflegt, strahlten eine Behaglichkeit aus, die keine noch so teuren Designerstücke jemals erzielen konnten.
Wer hier saß, konnte sich entspannen, denn er wusste, dass er als Besucher in Coleridge House willkommen war. Andere wurden vom Butler in der Halle abgefertigt.
Nur gab es keinen Butler mehr.
Und er, Adam, war sich immer noch nicht sicher, willkommen zu sein.
May brachte ein Tablett herein und stellte es auf dem Couchtisch ab. Sie füllte eine Tasse mit Kaffee und reichte sie ihm. Dazu bot sie ihm von ihrem selbst gemachten Konfekt an, das ihm hervorragend schmeckte.
Als er sie deswegen lobte, bemerkte er plötzlich die dunklen Ringe unter ihren Augen und ihren müden Ausdruck. Außerdem saß sie ganz still da und hatte sich keinen Kaffee eingegossen.
„Stimmt etwas nicht mit dir?“, erkundigte er sich besorgt.
„Ich bin nur müde. Und die Schulter tut mir weh. Von dem Sturz.“
Er stand auf und ging zu ihr. Sanft ließ er die Hand von ihrem Oberarm zum Hals gleiten, wobei sie zusammenzuckte.
„Ist es so schlimm? Du hättest ins Krankenhaus fahren sollen und dich röntgen lassen.“
„Nein, es ist nur eine Prellung, da bin ich mir ganz sicher“, beruhigte sie ihn. „Ein schönes, heißes Bad, und es ist wieder in Ordnung. Ich lasse dich jetzt also allein. Ums Zuschließen brauchst du dich nicht zu kümmern, das erledigt Robbie.“
Er nickte und strich ihr über die Wange. „Okay.“
„Wann musst du morgen los?“
„Ich werde um neun Uhr morgens abgeholt“, informierte er sie.
„So früh?“ Sie klang überrascht. „Dann müssen wir doch jetzt über die Hochzeit reden. Eine halbe Stunde schaffe ich schon noch.“
„Beim Frühstück haben wir genug Zeit“, versicherte er ihr. „Jetzt geh, und genieß dein Bad. Gute Nacht, May.“
Er blieb noch eine Weile sitzen, dann ging er in James Coleridges Zimmer.
Ab sofort ist es James Coleridges ehemaliges Zimmer, dachte Adam triumphierend, als er sich ins Bett legte.
Und dann konnte er nicht einschlafen, weil er ständig an May dachte. Wie tapfer sie war.
Wie dunkel ihre Augen gewirkt hatten, bevor er sie küsste.
Wie gern er bei ihr zwischen den Rüschen und Spitzen in ihrem Bett liegen würde, statt hier ganz allein in dieser eiskalten Pracht.
Das Klingeln des Handys weckte May. Rasch griff sie danach, bevor es auch Nancie aufweckte.
„May?“, klang es leise aus dem Hörer.
„Saffy! Wo steckst du? Bist du in Sicherheit?“
„Ja, alles okay. Wie geht es meiner Kleinen?“
„Der geht es prima“, versicherte May. „Sie ist ein Schatz. Warum hast du sie mir nicht selbst gebracht?“
„Ich war mir nicht sicher. Es ist doch so lange her.“
„Komm
Weitere Kostenlose Bücher