Julia Extra Band 0332
schwarz-weiße Katze um die Knöchel.
Gegenüber schaute ein Esel durch die offene obere Hälfte der Stalltür, neben ihm stand eine Ziege auf den Hinterbeinen und blickte Adam neugierig an.
Der Kurs war längst vorbei. Nun war der ehemalige Stall leer, bis auf eine junge Frau, die den Boden fegte.
„Miss Coleridge ist im Haus“, teilte sie ihm mit.
„Ja, danke, das weiß ich. Sie hat mir gesagt, ich soll die Kartons hierher bringen.“
„Ach so. Dann gehen Sie damit bitte in den Lagerraum, das ist die letzte Tür unten links.“
Adam hatte erwartet, dass nur die nötigsten Änderungen vorgenommen worden waren, um den Stall in einen Seminar- und Werkraum zu verwandeln, aber er hatte sich geirrt. Das Gebäude war fast völlig entkernt worden, auch den Dachboden gab es nicht mehr. Von unten blickte man auf schwere Balken, an denen Spotlights montiert waren, tagsüber spendeten Dachfester ausreichend Licht.
Die frühere Sattelkammer, wo May ihn mit Kaffee und Kuchen bewirtet hatte, war in moderne, behindertengerechte sanitäre Anlagen umgebaut worden.
Hier erinnerte eigentlich nichts mehr an früher.
Adam hatte angenommen, May hätte sich ihr kleines Unternehmen quasi als Hobby geleistet, nun erkannte er, dass sie das Ganze hoch professionell geplant hatte. Weil ihr klar war, dass es um ihre Existenzgrundlage ging.
Bisher hatte er geglaubt, sie genau zu kennen und alles im Griff zu haben. Nun sah er ein, dass er sich getäuscht hatte.
May legte das Baby ins Bett und sah nicht auf, als Adam die restlichen Verpackungen holte. Dann schaltete sie die Babykamera ein, die er auf dem Schrank montiert hatte, und ging mitsamt dem tragbaren Monitor nach unten in die Küche.
Plötzlich strömte ein Schwall kalter Luft durch die Hintertür, und Adam kam herein.
„Hast du alle Kartons verstauen können?“, erkundigte May sich.
„Ja. Problemlos. Deine Kursräume sind großartig.“
Sie zog die Brauen hoch. „Dachtest du, wir hätten bloß die Boxen abgerissen und ein paar Säcke ausgelegt, um den Ziegelboden zu verstecken?“
„Ich habe bisher gar nicht darüber nachgedacht“, log er und traute sich nicht, ihr in die Augen zu sehen. Stattdessen schaute er sich interessiert in der Küche um. „Du produzierst doch Konfekt, also Lebensmittel, und du verköstigst deine Kursteilnehmer. Diese Küche hier ist zwar sehr malerisch und gemütlich, aber entspricht sie den strengen hygienischen Richtlinien des Lebensmittelamtes?“
„Was weißt du denn darüber?“, fragte sie belustigt.
„Genug! Da ich unter anderem den besten Kaffee der Welt importiere, würde ich es albern finden, wenn meine Angestellten sich ihren Kaffee in der Thermoskanne mitbringen oder in eins der billigen Schnellcafés gehen. Deshalb haben wir in der Firma eine ausgezeichnete Kantine.“
„Das erklärt es.“
„Und wie sieht es bei dir aus, May?“ Er öffnete den Kühlschrank und blickte hinein.
„Ich hatte zwei Möglichkeiten. Übrigens, was suchst du?“
„Ein Bier.“ Er verzog das Gesicht. „Das war wohl zu viel gehofft.“
„Wieso? Es gibt auch Frauen, die gern Bier trinken, und außerdem sind meine Kurse nicht ausschließlich für Frauen“, erklärte sie, ein bisschen pikiert. „Bier findest du im großen Kühlschrank in der Speisekammer.“
„Danke. Ich ersetze es dir natürlich“, versicherte Adam ihr.
„Nicht nötig!“
„Doch! Schließlich bin ich kein Gast.“ Und bevor sie ihm widersprechen konnte, fragte er: „Soll ich dir eins mitbringen? Oder ein Glas Wein?“
„Nein, danke, ich muss doch Babysitten.“
Er holte sich ein Dose Bier, öffnete sie und lehnte sich entspannt gegen die Spüle, während May den Eintopf vom Herd und gebackene Kartoffeln aus dem Ofen nahm.
„Welche Möglichkeiten hattest du wegen der Küche?“, fragte Adam noch mal nach.
„Die hier zu modernisieren, was für mich überhaupt nicht infrage kam, also habe ich Plan B verwirklicht und eine zweite Küche im ehemaligen Butlerzimmer einrichten lassen.“
„Im Butlerzimmer? Nobel, nobel!“ Er klang eher sarkastisch als beeindruckt.
„Keine Sorge, es ist lang her, seit die Coleridges von vorn und hinten bedient wurden“, versicherte sie ihm.
„Da bin ich aber froh!“ Er tat so, als würde er sich Angstschweiß von der Stirn wischen, was sie endlich zum Lächeln brachte.
Die Spannung, die seit dem Nachmittag zwischen ihnen geherrscht hatte, verflog.
„Wie hast du die Kosten gedeckt?“, erkundigte Adam sich
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