Julia Extra Band 0339
Geschehene nicht rückgängig machen konnte – und dass es vielleicht falsch war, Isabella von Rafik fernhalten zu wollen.
Nicht, dass er plötzlich überzeugt wäre, sie würde eine großartige Mutter sein. Doch sein Sohn war noch so klein und würde noch vielen Menschen begegnen, die nur eine Weile lang Teil seines Lebens wären: Lehrer, Freunde, auch Kalila, die unter Arthritis litt und den Jungen nur noch mit Mühe würde hochheben können, wenn er bald größer und schwerer wäre.
Als Isabella zu ihm aufblickte, wirkten ihre grünen Augen traurig und wachsam zugleich. In der rechten Hand hielt sie ihre Untertasse, mit der linken die Kaffeetasse, aus der sie seit seinem Auftauchen keinen einzigen Schluck getrunken hatte. Isabella duftete nach tropischen Blumen, Kaffee und dem Kardamom, mit dem dieser gewürzt war. Würde ihr Mund wohl auch süß und würzig schmecken, wenn er sie küsste?
Adan schüttelte den Kopf, um diesen Gedanken zu vertreiben. „Du darfst zwei Wochen mit uns verbringen.“ Nur so würde er ihr beweisen können, dass sie für die Mutterrolle ungeeignet war. Mit absoluter Sicherheit würde sie ihren Sohn ein zweites Mal zurücklassen. „Doch du wirst ihm unter keinen Umständen sagen, dass du seine Mutter bist. Diese Verwirrung möchte ich ihm nicht zumuten.“
„Aber ich bin seine Mutter! Wer soll ich denn sonst sein?“
Adan zuckte die Schultern. „Ein Kindermädchen, eine Lehrerin … irgendjemand, der nicht lange bleibt.“
Als Isabella Tasse und Untertasse auf einen niedrigen Tisch stellte, klirrte das zarte Porzellan. „Und was passiert nach den zwei Wochen?“
„Das entscheiden wir, wenn es so weit ist.“ In Wirklichkeit hoffte Adan, dass die Scheidung innerhalb von zwei Wochen geregelt sein würde. Am Ende dieser Zeit wäre Isabella bewusst, dass sie keine Mutter sein wollte. Dann würde sie der Scheidung sicher zustimmen. Aufgrund der in Jahfar vorgeschriebenen Trauerzeit konnte die Krönung ohnehin nicht früher stattfinden.
Als würde sie nachdenken, neigte Isabella den Kopf und verschränkte die Arme vor der Brust, sodass sich das seidene Trägertop eng um sie schmiegte. Bei diesem Anblick wurde ihm heiß. Dann hob sie den Kopf und sah Adan durchdringend an.
„Ich habe keine Wahl, als deinen Bedingungen zuzustimmen. Du weißt ja genau, dass ich für etwas Zeit mit meinem kleinen Sohn alles tun würde. Mir ist sein Wohlergehen ebenso wichtig wie dir, also werde ich ihm auch nicht sagen, dass ich seine Mutter bin.“
„Danke.“
„Ich tue das nicht für dich, sondern für Rafik“, entgegnete Isabella energisch.
Sie versprühte so viel feuriges Temperament, ganz anders als früher. Damals hätte sie einfach genickt und sich in ihr Schicksal ergeben. Wie Jasmin, dachte Adan unwillkürlich und korrigierte sich sofort: Nein, Jasmin war perfekt. Jasmin würde nicht funkeln, sondern sanft glimmen – und sich ihm nicht widersetzen.
„Gut. Morgen werden wir ins Landesinnere reisen, wo weniger Menschen leben und weniger Fragen gestellt werden, und im Palast der Schmetterlinge wohnen.“
Isabella nickte nur. „Ich möchte mit meinem Vater sprechen“, sagte sie dann und biss sich auf die volle, sinnliche Unterlippe.
Am liebsten hätte Adan ihre Lippe sanft zwischen die Zähne genommen und wäre gleichzeitig tief in Isabella eingedrungen. Allein bei der Vorstellung ließ heftiges Verlangen ihn erschauern. Mit aller Macht riss er sich zusammen, damit man ihm nichts anmerken würde.
„Nur er weiß, was wirklich passiert ist“, fuhr Isabella fort.
Auch Adan hätte Hassan Maro sehr gern zur Rede gestellt und die Wahrheit erfahren. Doch das ging nicht. „Leider ist dein Vater außer Landes.“
Isabella ließ die Schultern sinken und wirkte auf einmal vollkommen schwach und verloren. Am liebsten hätte er sie an sich gezogen und sie getröstet. Doch er durfte auf keinen Fall zulassen, dass sein Urteilsvermögen sich in Bezug auf sie trübte – oder dass sie glaubte, zwischen ihnen könne mehr entstehen.
„Ich habe angeordnet, dass er zu mir gebracht wird, sobald er zurückkommt. Mehr kann ich nicht tun.“
Isabellas Kraft schien zurückzukehren. Sie hob das Kinn und antwortete: „Gut. Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich jetzt gern ins Bett gehen.“
„Selbstverständlich.“ Mit einer Armbewegung forderte Adan sie auf, ihm vorauszugehen.
Ohne einmal innezuhalten, marschierte sie ins Zimmer und hielt ihm die Tür auf. Erst als Adan schon die Hälfte des
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