Julia Extra Band 0342
dass Tristan genauso ist wie er.“
„Ich weiß“, gab Jayne zu. „Doch ich bin immer noch ich.“
„Bist du dir da so sicher? Ich habe dich schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen. Du und Tristan, ihr scheint ja wirklich sehr unterschiedlich zu sein, aber er macht dich offenbar glücklich. Jedenfalls hast du lange nicht so glücklich geklungen. Vielleicht ist er doch mehr als bloß ein Lückenbüßer? Das wäre nicht das Schlechteste.“
„In seiner Gegenwart bin ich wirklich glücklich.“ Jayne hatte sich schon lange nicht mehr so unbeschwert gefühlt. Dennoch war sie nach wie vor davon überzeugt, dass er genau das Gegenteil von allem war, nach dem sie sich seit Jahren sehnte. Sie hatte immer geglaubt, dass nur eine feste Beziehung sie zufrieden machen könnte. Trotzdem fühlte sie sich mit Tristan glücklich. „Ich hätte nie damit gerechnet, ihm gegenüber so zu empfinden.“
„Das kommt wirklich überraschend“, stimmte Molly ihr zu. „Trotzdem solltest du nichts übers Knie brechen, was Tristan angeht. So etwas kann fatale Konsequenzen haben.“
Jayne dachte an Mollys spontane Entscheidung, die Nacht mit einem Fremden zu verbringen, als sie in Las Vegas waren. „Bei dir ist ja alles großartig gelaufen.“
„Weil Linc und ich einander lieben. Es hätte auch alles ganz anders kommen können. Du hast schon so viel durchgemacht. Das wünsche ich dir nicht noch einmal.“
„Vielen Dank, Moll.“ Jayne wusste die Besorgnis ihrer Freundin zu schätzen. „Ich muss mir nur über verschiedene Dinge klar werden. Das ist alles.“
„O je. Das hört sich gar nicht an wie die Jayne Cavendish, die ich kenne.“ Mollys Stimme klang bekümmert. „Sonst hast du doch immer gewusst, was du willst.“
„Ich weiß.“
Genau das war das Problem, das ihr seit dem Ausflug mit der Gondel auf der Seele lag.
Dank Tristan MacGregor wusste sie nicht mehr, was sie eigentlich wollte. Die Zukunft, von der sie geträumt hatte, lag in einem undurchdringlichen Nebel.
Diese Ungewissheit machte ihr mehr Angst als alles andere.
Wo steckte Jayne bloß?
Frustriert saß Tristan auf Mrs Whitcombs Veranda. Zwei Wochen war er nun unterwegs gewesen, und es war keine Stunde vergangen, in der er nicht an Jayne gedacht hatte, was ihn zunehmend irritierte. Wenigstens war er sich über seine Gefühle für sie im Klaren geworden.
Er und Jayne erwarteten zwar ganz unterschiedliche Dinge vom Leben, aber schließlich musste ja nicht jede Affäre vor dem Altar enden. Und wenn er auch nicht der Mann ihrer Träume war, so konnte er zumindest der Ersatzmann ihrer Träume sein.
„Danke, dass Sie mich hier auf Jayne warten lassen“, sagte Tristan.
„Ich freue mich immer über Gesellschaft.“ Mrs Whitcomb hob die Kaffeekanne. „Möchten Sie noch ein Tässchen?“
Der Kaffee war so stark, dass er Tote hätte wecken können. Schon eine Tasse würde ihn wahrscheinlich die ganze Nacht kein Auge schließen lassen. „Danke, ich habe noch etwas.“
Vor lauter Ungeduld konnte er kaum still sitzen. Er warf einen Blick auf seine Uhr. „Jayne ist aber heute sehr lange unterwegs.“
„Sie kommt bestimmt gleich zurück“, beruhigte Mrs Whitcomb ihn. Sie deutete auf den Teller mit Keksen. „Nehmen Sie doch noch einen.“
„Gern.“ Tristan nahm gleich drei. „In den letzten beiden Wochen habe ich kaum etwas Anständiges zu essen bekommen. Das meiste war ziemlich ungenießbar.“
„Lou hätte Sie gemocht. Er war auch so ein Abenteurer.“
Die liebevolle Art, mit der Mrs Whitcomb von ihrem verstorbenen Mann sprach, ließ Tristan zu der Überzeugung gelangen, dass sie und Lou auch zu den seltenen Paaren gehörten, die eine vollkommene Ehe geführt hatten.
Eine schwarze Limousine mit getönten Scheiben hielt am Straßenrand. Sofort sprang er auf.
Mrs Whitcomb zog sich am Geländer der Veranda hoch. „Sehen Sie. Ich habe Ihnen doch gesagt, dass die beiden bald zurückkommen.“
Die beiden?
Kurz darauf stieg Jayne aus dem Auto und setzte einen kleinen Hund auf den Gehweg.
Bei ihrem Anblick begann sein Herz schneller zu schlagen. Jeden Tag hatte er die Fotos von ihr auf seinem Laptop betrachtet, aber die Bilder vermittelten nur einen unzureichenden Eindruck von ihrer Schönheit.
Eine weitere Autotür fiel ins Schloss.
Ein Mann, etwa so alt wie Tristan, kam um den Wagen herum zum Gehweg, wo Jayne wartete. Sämtliche Muskeln in Tristans Körper verspannten sich. Ein australischer Schäferhund lief hinter dem Mann her, der mit
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