Julia Extra Band 0342
insgeheim darum gefleht, er möge sich bei ihr melden, um sich zu entschuldigen und sein Verhalten zu erklären. Jetzt war es zu spät. Jetzt war ihr sein Anruf sogar lästig. „Warum rufst du mich an?“
In der Leitung entstand ein Schweigen.
„Ich habe mit Tristan gesprochen“, antwortete er schließlich. „Er hat mir gesagt, was für ein Idiot ich war.“
„Ja.“
„Und dass ich dich verletzt habe.“
Sie war in der Tat verletzt gewesen. Verletzt und wütend. Und jetzt war sie froh, dass sie ihn nicht geheiratet hatte. „Und?“
„Tristan hat mir gesagt, ich sei noch nicht reif für die Ehe. Mit dir oder sonst jemandem. Du sollst wissen, dass ich bedaure, nicht auf ihn gehört zu haben.“
Tristan hatte sich um sie gesorgt – damals wie jetzt. Sie biss sich auf die Lippe. „Sieht ganz so aus, als würdest du jetzt auf ihn hören.“
„Ja“, gab Rich zu. „Seine Freundschaft bedeutet mir sehr viel. Und ob du’s glaubst oder nicht: Deine Meinung von mir bedeutet mir auch sehr viel. Ich rufe an, um mich zu entschuldigen, Jayne. Es tut mir leid. Es tut mir wirklich leid.“
Was für eine merkwürdige Situation! Sie brauchte seine Entschuldigung nicht. Trotzdem war sie froh, nun endgültig einen Schlussstrich unter diese Beziehung setzen zu können. Sie freute sich, dass der Mann, den sie zu lieben geglaubt hatte, endlich erwachsen genug geworden war, um seine Fehler zuzugeben.
„Ist schon okay, Rich.“ Sie hatte mit der Vergangenheit abgeschlossen. Sie wollte nur noch in der Gegenwart leben und die Zukunft im Auge haben. „Ich bin drüber hinweg. Ich schau jetzt nach vorn.“
„Ja, das habe ich gehört“, erwiderte Rich. „Ich wünsche dir viel Glück dabei.“
Sie wusste nicht, was sie von seinen Worten halten sollte. „Ähm … danke.“
„Weißt du, Tristan ist wirklich ein guter Kerl.“
„Ich weiß.“
„Loyal.“ Rich klang fast feierlich. „Er hat zu mir gehalten, als ich mich wie ein kompletter Idiot benommen habe.“
Tristan musste Rich erzählt haben, was zwischen ihm und Jayne gewesen war. Nicht, dass es jetzt noch eine Rolle gespielt hätte. „Das machen Freunde eben.“
„Also … werden wir uns mal sehen?“
„Wohl kaum.“
„Vielleicht, wenn Tristan von seiner Reise nach Afrika zurückkommt?“, hakte er nach.
Ihr Herz schlug schneller.
Afrika! Hatte er sich deshalb nicht bei ihr gemeldet oder sie besucht? Weil er wieder einmal im Ausland war? Sie sah einen kleinen Hoffnungsschimmer.
Nein! Sie würde sich nicht noch einmal etwas vormachen. Nicht noch einmal wollte sie eine solche Enttäuschung erleben.
„Jayne …?“, fragte Rich.
„Ich bin noch da. Bis dann.“
„Tschüss!“ Rich legte den Hörer auf.
Jayne stellte das Telefon auf die Anrichte und ging zurück in den Garten. Dabei bewegte sie sich wie im Traum. Sie kniete sich hin und fuhr fort, mechanisch das Unkraut auszurupfen.
Sie hatte sich geirrt mit dem, was sie wollte.
Es war nicht ein Ehemann. Jemand wie Rich hätte ihr alles geben können, was mit Geld zu kaufen war – aber weder Liebe noch Treue.
Es war auch nicht das Haus. Sie war zwar nach wie vor entschlossen, morgen ihr Angebot für das renovierungsbedürftige Haus einzureichen. Aber vier Wände und ein Dach über dem Kopf, egal ob alt oder modern, machten noch kein Zuhause.
Heftig grub sie die Erde um. Der Wunsch, Wurzeln zu schlagen, war stärker denn je.
Ein Haus und ein Ehemann waren der Anfang, nicht das Ende.
Plötzlich wusste Jayne ganz genau, was sie wollte und was sie verdiente.
Sie wollte einen Mann, der sie für das liebte, was sie war. Ein Mann, der keine Angst davor hatte, ihr dies auch zu sagen und sich an sie zu binden. Ein Mann, der sich mit ihr gemeinsam ein Leben aufbauen wollte.
Und dieser Mann war irgendwo da draußen.
Wenn es doch nur Tristan sein könnte! Sie wünschte sich so sehr, er wäre es. Leider hatte er ihr nie eine Chance gegeben. Das wurde ihr schlagartig klar. Er hatte sie nie gefragt.
Jayne erinnerte sich daran, was er einmal gesagt hatte: Du brauchst nicht zu suchen. Jemand wird dich schon finden.
Hoffentlich hatte er recht!
Stolz blickte Jayne auf das Schild im Vorgarten des renovierungsbedürftigen Hauses. „VERKAUFT“ stand in großen schwarzen Lettern darauf.
VERKAUFT!
Und sie war die Besitzerin!
Eine Menge Arbeit wartete jetzt auf sie. Der Garten musste komplett neu angelegt werden. Die Hausfassade musste gestrichen, die Fußböden mussten neu gelegt und die Wände
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