Julia Extra Band 0342
stillzustehen.“
„Molly, du verstehst nicht …“
Ein langes, langsames und trauriges Lächeln glitt über ihr Gesicht.
„Das tue ich, Linc. Du musst nur beschließen, dass du es leid bist, ein Felsen zu sein. Und anfangen, wieder ein Mensch zu werden. Erlaube dir endlich, zu leben!“
Sie hob die Hand und umfasste sein Kinn. „Hör auf, für ein Verbrechen zu bezahlen, das du nicht begangen hast.“
„Und was dann? Soll ich ein Vater sein? Mein Gott, Molly, du hast keine Ahnung, wie gerne ich das wäre. Aber wenn …“
Er blickte hinunter auf ihren Bauch, auf die leichte Wölbung unter ihrem blassrosafarbenen Tunika-Top.
„Wenn ich wieder dieselben Fehler mache? Wenn unser Baby mit denselben Problemen zur Welt kommt wie mein Bruder?“
„Und wenn dem nicht so ist? Es gibt keine Garantien, wenn man Kinder bekommt, Linc. Man gibt einfach nur sein Bestes.“
„So wie du.“
Sie nickte und spürte das Nahen der Tränen, als sie an den langen, einsamen Weg dachte, der vor ihr lag. Daran, wie sie ihr Kind ohne ihn großzog.
„Ich versuch’s zumindest.“
„Warum bist du dann gegangen?“
Sie schnaubte verächtlich und drehte sich um.
„Warum hätte ich bleiben sollen? Um eine weitere Eintragung in deinem Terminplan zu sein? Damit das Baby auf deiner To-do-Liste landet? Nein, Linc, ich will das ganze Programm. Die Familie. Den Ehemann. Wie wir alle um den Weihnachtsbaum herum sitzen, unsere Geschenke öffnen und darüber diskutieren, ob wir Roastbeef oder Schinken zum Abendessen wollen.“
„Für jemanden, der das ganze Programm will, hast du dich ganz schön ins Zeug gelegt, um einer Beziehung aus dem Weg zu gehen.“
„Wie meinst du das? Ich habe den Kontakt zu dir gesucht. Ich bin den ganzen Weg nach Las Vegas gefahren …“
„Und doch hast du mir die Wahrheit erst gesagt, als es nicht mehr anders ging.“
Sie legte ihre Hand um das Glas Eistee.
„Weil das nichts ist, womit man jemanden überfällt. Und du hast von Anfang an klargestellt, dass du kein Familienmensch bist.“
„Du hast versucht, mich dazu zu bringen, mich zu öffnen, aber du selbst hast das bei dir nicht zugelassen.“
„Das habe ich. Ich …“ Ihre Stimme wurde leiser, als ihr klar wurde, dass sie während der Wochen in Las Vegas tatsächlich sehr viel für sich behalten hatte. Weil sie es für klug gehalten hatte, ihr Herz zu schützen.
War es am Ende wirklich so klug gewesen? Sie musste sich nur ansehen, wie sie jetzt dastand – wieder alleine.
Er schüttelte den Kopf. „Wir sind uns sehr ähnlich, nicht wahr? Beide wollen wir so sehr das ganze Programm, aber sind zu ängstlich, um es zu versuchen.“
„Das stimmt vielleicht, aber was mich angeht … Ängstlich oder nicht … Ich habe keine Wahl.“
Ihre Blicke trafen sich und ihr Rücken straffte sich, als eine Willenskraft in ihr hochkam, von der sie gar nicht gewusst hatte, dass sie sie besaß.
„Du kannst wieder davonlaufen und dich in Arbeit vergraben, wenn du willst. Aber ich bleibe da, wo ich bin. Und bringe unser Baby zur Welt.“
10. KAPITEL
Linc saß lange Zeit auf dem Rücksitz der Limousine.
Saul versuchte zweimal, ihn in ein Gespräch zu verwickeln, gab es aber auf, als er nur einsilbige Antworten aus seinem Chef herausbekam.
Schließlich öffnete Linc die Hintertür, stieg aus und winkte Saul zu. „Ich bin bald wieder zurück.“
Er ging die betonierte Auffahrt hinunter, dann hielt er kurz an vor der Stelle, an der der Beton endete und der Sand anfing. Er beugte sich hinab, schnürte seine Tausend-Dollar-Schuhe auf und nahm sie mitsamt seinen Socken in die Hand. Dann ging er weiter.
Seine nackten Füße sanken in den Sand des Strands. Ein weicherer, schönerer und weißerer Sand als der am Lake Mead, aber für ihn fühlte es sich an, als wäre er wieder in Las Vegas am See, zusammen mit Molly.
Eine gute halbe Stunde ging er den Strand von San Diego entlang, beobachtete die Brandung und die Kinder, die ins und aus dem Wasser schossen. Dann drehte er sich um und ging die halbe Strecke wieder zurück.
Lang genug, um seinen Kopf frei zu bekommen und einige Entscheidungen zu treffen. Und einen guten Sitzplatz zu finden: einen vergessenen Campingstuhl mit einem eingebauten Sonnenschirm. Einer dieser schönen, hölzernen, die das Hotel seinen Kunden lieh und am Ende des Tages wieder einsammelte.
Linc setzte sich hin, zog einen Stift heraus und befreite sich endlich von der Vergangenheit.
„Er hat recht“, sagte Molly und dachte
Weitere Kostenlose Bücher