Julia Extra Band 0345
ertragen kannst, ist, wenn nicht alles nach deinen Vorstellungen läuft. Alles muss perfekt sein: in deinem Leben – und in dem deiner Söhne!“ Carter atmete tief durch und legte die Hände flach auf die Schreibtischplatte. „Jetzt werde ich dir einmal etwas verraten, Dad: Niemand ist perfekt. Auch wir nicht. Aber was ich nicht mehr ertragen kann, ist ein Vater, der mich nur kritisiert. Es tut mir leid, deinen Ansprüchen nicht genügen zu können. Es tut mir leid, nicht der Sohn zu sein, den du dir gewünscht hast.“
Das hätte ich ihm schon längst einmal sagen sollen, dachte Carter. Dann stand er auf, verließ sein Büro und warf die Tür geräuschvoll ins Schloss.
Als das Flugzeug in Portland landete, durchfuhr Carter der Gedanke, dass das Ganze ein Riesenfehler gewesen war. Erstens war die anfängliche Begeisterung seines Teams längst verschwunden, und zweitens hatten seine Mitarbeiter überhaupt keine Lust, der Firma ein Familienwochenende zu opfern. Während des ganzen Fluges hatte kaum jemand mit ihm geredet. Anscheinend lasen alle lieber, hörten Musik oder lösten Kreuzworträtsel.
Carter schnappte sich sein Handgepäck und verließ das Flugzeug. Wie auf Verabredung trotteten seine Angestellten hinter ihm her.
Daphne erwartete sie schon. In ihrem türkisfarbenem Ensemble und den Pumps bot sie einen erfreulichen Anblick. Carters Blick wanderte zu ihrem Gesicht, blieb an ihren Augen hängen. Er bekam feuchte Hände. Plötzlich blieb er stehen, sodass Paul in ihn hineinrannte. „Ist hier eine rote Ampel oder was?“, grummelte er mürrisch.
Ohne den Blickkontakt abzubrechen, ging Carter auf Daphne zu. All sein Sehnen war auf sie gerichtet. Es war ihm gar nicht bewusst gewesen, wie sehr er sie in den letzten zwei Tagen vermisst hatte – bis jetzt. Es kam ihm so vor, als hätte er einen Teil seines Selbst verloren – und jetzt wiedergefunden. „Hallo“, stieß er hervor.„Sie haben es geschafft“, begrüßte Daphne ihn und seine Mitarbeiter lächelnd. Carter verspürte einen Stich der Eifersucht, als er sah, dass ihr freundliches Lächeln auch seinem Team galt. „Reilly, mein Assistent, bereitet gerade alles für unseren Workshop vor. Ich hoffe, Sie sind bereit, sofort loszulegen. Dies wird kein Erholungswochenende. Aber eines kann ich Ihnen versprechen: Wir werden auch jede Menge Spaß haben.“
Die Männer wechselten unschlüssige Blicke, trabten aber willig hinter ihr her, als sie das Flughafengebäude verließ. Draußen stand ein Van, den Daphne für sie gemietet hatte. Spontan setzte Paul sich auf den Beifahrersitz, und Carter blieb nichts anderes übrig, als hinten einzusteigen.
Die Fahrt zu Daphnes Ferienhaus an der Küste dauerte nicht lange. Sie fuhren durch Boothbay Harbor, dann eine baumbestandene Allee entlang, und schließlich ließen sie den Ort weit hinter sich. Das Haus stand allein auf einer Anhöhe. Von der Veranda aus, die das ganze Haus umgab, hatte man eine fantastische Aussicht auf das Meer. Am Ufer schaukelte ein Segelboot in der Brise. Ein paar Liegestühle auf einer makellosen Rasenfläche luden zum Verweilen ein.
„Wie schön es hier ist!“, rief Carter, als sie ausstiegen und auf das Haus zugingen.
„Freut mich, dass es Ihnen gefällt. Ich habe es von meinen Großeltern geerbt.“
Die Männer genossen noch eine Weile die Aussicht und atmeten tief die ungewohnte salzige Meeresbrise ein.
Schließlich gingen sie hinein und tüftelten aus, wer mit wem das Zimmer teilen sollte. Carters Mitarbeiter zogen es vor, untereinander zu bleiben. Das hieß, Reilly zog das „große Los“, mit Carter das Zimmer zu teilen. Daphne schlief wie üblich in dem früheren Schlafzimmer ihrer Großeltern. Carter wurde das Herz schwer. Dann fiel ihm allerdings ein, Reilly könnte ihm ja womöglich ein paar Tipps geben, wie Daphnes Herz zu gewinnen sei.
Ihr Herz gewinnen? Wozu versteige ich mich denn da? Schließlich ging es an diesem Wochenende darum, die Firma zu retten!
Eine leise Hoffnung regte sich jedoch in ihm. Vielleicht konnte er ja beides haben.
„Wir essen erst einmal eine Kleinigkeit, und dann geht es auch schon los“, verkündete Daphne, als die Zimmerfrage endlich geklärt war. Sie marschierte in die Küche und entnahm dem Kühlschrank ein paar kalte Platten, auf denen Snacks angerichtet waren.
„Das alles haben Sie selbst vorbereitet?“, fragte Carter beeindruckt und begutachtete die Leckereien.
Daphne lachte auf. „Ich habe zwar viele Talente, aber Kochen
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