Julia Extra Band 0347
spiele ich bei Jorge nur noch die zweite Geige.“
Sie lachte. „Ach was! Jorge und Lidia sind Ihnen sehr ergeben.“
„Meine Mutter hat den beiden eingetrichtert, sich nur ja gut um mich zu kümmern – und das tun sie.“ Er seufzte. „Lidia mästet mich, und Jorge ist der reinste Sklaventreiber, was mein Fitnessprogramm betrifft. Er wird mich morgen nach Viana do Castelo zum Arzt und zur Physiotherapie fahren. Eigentlich würde ich lieber selbst fahren, aber bei Krankenhausbesuchen lässt mich Jorge nicht ans Steuer.“
Jorge kam mit einem Tablett zurück. Offenbar hatte er die letzten Worte gehört. „Dona Teresa mandou “, sagte er schlicht.
„Er meint, meine Mutter habe es ihm aufgetragen. Da habe ich keine Chance“, erklärte Roberto schmunzelnd. „Morgen werden Sie also das Geheimnis enthüllen, Katherine.“
„Ich hoffe. Andernfalls hätten Sie eine Menge Geld für nichts ausgegeben.“
„Ich bezahle für nichts?“, fragte er verwundert und schlug sich dann gegen die Stirn. „Ah, verstehe! Mein Englisch ist leider nicht perfekt. Manchmal fallen mir die richtigen Wörter nicht ein.“
„Nein, Sie sprechen ausgezeichnet. Jorge und Lidia ebenfalls, wenn auch mit einem viel stärkeren Akzent als Sie.“
„Wir hören uns unterschiedlich an, weil ich Brasilianer bin und an der Schule Englischunterricht hatte. Außerdem bin ich viel gereist. Jorge und Lidia hingegen sind Portugiesen und hatten kein Englisch an der Schule. Aber sie haben genügend Englischkenntnisse erworben, um sich mit den Gästen auf der Quinta das Montanhas unterhalten zu können. Die Quinta wird in den Ferien gelegentlich vermietet, deshalb habe ich den Pool und den Tennisplatz errichten lassen.“
Entgeistert starrte Katherine ihn an. „Es macht Ihnen nichts aus, wenn fremde Leute in Ihrem Haus wohnen?“
„Wenn ich nicht hier bin, ist mir das egal.“ Er zuckte die Achseln. „Ich bin ein praktisch denkender Mann. Die Leute zahlen sehr gut, um hier Urlaub zu machen. Meine Angestellten haben Arbeit, und es kommt Geld für die Instandhaltung des Hauses herein.“
„Kocht Lidia für die Gäste?“
„Das erlaube ich nicht. Es wird nur Frühstück angeboten. Schließlich gibt es in der Gegend genügend gute Restaurants. Aus naheliegenden Gründen meide ich diese Restaurants mittlerweile.“
„Bei einer Köchin wie Lidia erstaunt mich das nicht!“
Der Anflug eines Grinsens zuckte um seine Mundwinkel. „Sie gönnen mir kein Selbstmitleid?“
„Richtig“, erwiderte sie schroff. „Sie haben überlebt, wohnen auf diesem wunderschönen Fleckchen Erde und werden von allen Seiten bemuttert.“
„Wie wahr! Mir fehlt nichts – außer Gesellschaft.“
„Aber das lässt sich sicher ändern.“
Er schüttelte den Kopf. „Bis jetzt hat es mir nicht gefehlt. Mir war nicht bewusst, wie einsam ich bin, bis ich in den Genuss Ihrer Gesellschaft gekommen bin.“
Irritiert runzelte Katherine die Stirn. „Der junge Mann auf dem Gemälde kommt mir seltsam vertraut vor“, sagte sie, um das Thema zu wechseln.
Robertos Augen leuchteten auf. „Haben Sie ihn schon einmal gesehen?“
„Wahrscheinlich. Anders kann ich mir das nicht erklären.“ In gespielter Resignation fügte sie hinzu: „James hätte das vermutlich im Handumdrehen herausgefunden.“
Er lachte. „Trotzdem bedaure ich es nicht, dass Senhor Massey Sie als Vertretung geschickt hat. Noch einen Kognak vor dem Schlafengehen, Katherine?“
„Nein, danke. Ich trinke meinen Tee noch aus, dann gehe ich ins Bett. Nach dem arbeitsreichen Tag und dem guten Essen werde ich sicher gut schlafen.“
„Ich schlafe nie gut – und das ist eine Tatsache, kein Selbstmitleid, Doutora. “
Sie trank einen Schluck Tee. „Wegen der Schmerzen in Ihrem Bein?“
„Ja, aber es wird besser. Am Anfang konnte ich nur auf Krücken gehen, jetzt genügt mir ein Spazierstock. Bald werde ich ohne Hilfe gehen können“, fügte er zuversichtlich hinzu.
„Das hoffe ich für Sie.“ Katherine stand auf. „Also dann, gute Nacht.“
Als er sich gleichfalls erhob, verzog sich sein Gesicht vor Schmerzen. „ Boa noite, Katherine.“
3. KAPITEL
Am nächsten Morgen erwachte Katherine durch ein Klopfen an der Tür.
Mit entschuldigendem Lächeln trat Pascoa ein und stellte das Frühstückstablett ab. „ Bom dia, Senhora. Habe ich Sie geweckt?“
„Ja, Gott sei Dank!“ Reumütig blickte sie auf die Uhr. „Schon so spät!“
Pascoa zog ihr einen Stuhl hervor. „Guten
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