Julia Extra Band 0347
ging freigelegt“, erklärte sie. „Unsere Restauratorin wird die hartnäckigen Stellen mit dem Skalpell entfernen. Danach wird sie die notwendigen Reparaturen vornehmen und einen Firnis auftragen. Es gibt keine Signatur, was damals üblich war, aber James ist zu demselben Urteil gelangt wie ich. Obwohl er nur ein Foto zur Verfügung hatte, besteht für ihn kein Zweifel an der Identität des Malers.“
„Wollen Sie hören, was ich vermute?“, fragte Roberto heiser, den Blick auf die Leinwand geheftet.
„Gern.“
Er holte tief Luft. „Thomas Gainsborough.“
Als Katherine ihn nur strahlend anlächelte, stieß er einen Freudenschrei aus, nahm Katherine in die Arme und gab ihr einen Kuss. Gleich darauf ließ er sie wieder los und trat einen Schritt zurück.
„Verzeihen Sie, Katherine.“
„Kein Problem“, versicherte sie ihm atemlos. „Ich hätte mich selbst küssen mögen, als James meine Annahme bestätigte. Lidia meint übrigens, dass Ihnen der junge Mann ähnlich sieht.“
„Ach.“ Verwundert zog er die Brauen hoch. „Stimmen Sie ihr zu?“
„Ja. Jetzt weiß ich auch, warum er mir so bekannt vorgekommen ist.“
Roberto bedachte sie mit einem schiefen Grinsen. „Er ist viel hübscher als ich. Aber stimmt, die Ähnlichkeit ist da.“ Er seufzte. „Wir müssen zurück. Lidia wird ungehalten, wenn ihr Essen verkocht.“
Vor Aufregung nahm Katherine gar nicht wahr, was sie aß. Auch Roberto war in Hochstimmung. Alle Melancholie schien von ihm abgefallen zu sein, als sie sich angeregt über das Bild unterhielten.
„Werden Sie das Bild behalten?“, fragte Katherine.
Er schüttelte den Kopf. „Da der Künstler nun bekannt ist, kann ich es aus Sicherheitsgründen nicht hierbehalten. Ich denke, ich werde unseren jungen Mann verschenken – als Weihnachtsgeschenk.“
„Dann bleibt die junge Frau allein im Salon.“
„Nein. Sie wird Teil des Geschenks sein. Ich werde ein anderes Gemälde im Salon aufhängen.“
Nettes Geschenk! Katherine verspürte glühenden Neid auf den glücklichen Empfänger.
Jorge kaum auf die Veranda, um abzuräumen. „Möchte die Senhora ein Dessert?“
„Gern“, rief Katherine. „Heute Abend bin ich in Feierlaune.“
Schweigend musterte Roberto sie eine Weile. In seine Augen trat wieder der übliche melancholische Blick.
„Was ist los?“, fragte Katherine. „Haben Sie Schmerzen?“
„Mir ist nur klar geworden, dass Sie jetzt sehr bald abreisen werden.“
Jorge servierte Katherine einen Karamellpudding, und sobald er wieder gegangen war, senkte sich tiefes Schweigen über die Veranda.
Schließlich hielt Katherine die angespannte Stille nicht mehr aus. „Ich werde vor dem Heimflug noch ein paar Tage Urlaub in Viana do Castelo machen. Das hatte ich von Anfang an geplant.“
Roberto zog die Brauen hoch. „Haben Sie schon ein Hotel gebucht?“
„Nein, weil ich nicht wusste, wie viel Zeit die Arbeit beanspruchen wird. Aber vor Ort wird sich sicher etwas finden. Vielleicht könnten Sie mir ein Taxi organisieren?“
„Wann ist Ihr Rückflug?“
„Am Sonntag.“
Er bedachte sie mit jenem seltenen Lächeln, das sein ganzes Gesicht erstrahlen ließ. „Wollen Sie aus einem bestimmten Grund nach Viana?“
Sie schüttelte den Kopf. „Der Ort ist von hier nicht weit entfernt und scheint laut Reiseführer recht hübsch zu sein. Nach der anstrengenden Arbeit möchte ich mir ein paar faule Tage mit Schwimmen und Sonnenbaden gönnen.“
„Aber das können Sie auch hier!“, stieß er heftig hervor. „Katherine, bleiben Sie bis zu Ihrem Rückflug auf der Quinta.“
Schweigend und mit wild pochendem Herzen sah sie ihn an.
„Ich bitte Sie nur um Ihre Gesellschaft, glauben Sie mir!“ Erwartungsvoll sah er sie an, und als keine Antwort erfolgte, lehnte er sich distanziert zurück. „Vergessen Sie es. Jorge wird Sie nach Viana fahren, wann immer Sie wünschen.“
Sie räusperte sich. „Könnten nicht Sie mich morgen dorthin fahren?“
Seine Augen wurden schmal. „Warum?“
„Um das Gemälde an James zu versenden.“
„Das ist nicht nötig. Ein Kurier wird es abholen.“
„Schade“, entgegnete Katherine lächelnd. „Ich dachte, wir könnten hinterher vielleicht irgendwo zu Mittag essen.“
Roberto runzelte die Stirn. „Ist das Ihre Bedingung, damit Sie bis zu Ihrem Rückflug auf der Quinta bleiben?“
„Natürlich nicht.“ Offen sah sie ihn an. „Ich dachte einfach, es würde Ihnen guttun, mal etwas herauszukommen.“
„Die Fahrt zum
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