Julia Extra Band 0349
wegziehen. Doch der alte Mann strauchelte und stürzte. Instinktiv warf sich Amanda über ihn und sicherte ihn mit ihrem eigenen Körper.
Für einen entsetzlichen Moment versank die Welt um sie herum in einem Chaos aus stampfenden Pferdehufen, Stiefeln, Beinen, Zügeln und Poloschlägern. Und dann, wie aus dem Nichts, tauchte Nero neben ihnen auf. Mit einem einzigen Griff zog er sie und seinen Freund in Sicherheit.
„Das war knapp“, flüsterte Amanda an seiner Brust.
Auf dem Spielfeld kehrte langsam wieder Ruhe ein. Zügel wurden aufgenommen, Stiefel in Steigbügel gesteckt, und die Reiter ritten in einigem Abstand zueinander langsam über das Feld, um ihre Ponys zu beruhigen.
Erst jetzt sah Amanda, dass Colonel auf dem Boden lag. Nero hatte das Pferd vor die nahenden Reiter gelenkt, um Amanda und Ignacio zu schützen. Schock und Trauer schlugen über ihr zusammen.
Nero ließ Amanda unsanft auf ihre Füße fallen und ging zurück zu seinem Pferd. „Geh weg von ihm“, fuhr er sie an, als sie ihm folgen wollte.
Amanda hörte nicht auf ihn. Rasch prüfte sie, ob Colonel etwas Ernsthaftes fehlte. „Er ist am Ende seiner Kräfte.“
„Weißt du das mit Sicherheit?“ Neros Stimme klang eisig.
Aus irgendeinem Grund gab Nero ihr die Schuld, begriff Amanda. „Ja“, erwiderte sie nur ruhig.
Nero stieß einen spanischen Fluch aus.
„Wir müssen Colonel so schnell wie möglich helfen.“ Sie kniete sich neben Colonels Kopf und sah sich Hilfe suchend um. „Wo bleibt der Tierarzt?“
„Er ist auf dem Weg“, versicherte Ignacio.
Erleichtert sah Amanda auf, als der Arzt endlich kam. Bevor sie etwas sagen konnte, legte Ignacio seine Hand auf ihren Arm. „Danke, Amanda. Was du getan hast …“ Er brach ab und räusperte sich.
„Ich danke dir “, erwiderte sie. „Wir haben uns gegenseitig geholfen. Es hätte alles viel schlimmer ausgehen können.“ Aber sie bezweifelte, dass Nero das genauso sah.
Das Spiel war wegen des Zwischenfalls unterbrochen worden, und die Zuschauer murrten ungeduldig, während der Tierarzt das Pony untersuchte.
Amanda berührte Neros Arm. „Danke!“, sagte sie leise.
„Wofür?“
„Du hast mich gerettet.“ Und nicht nur das, er hatte dafür sein Pferd geopfert.
Seine Augen wurden schmal. Bereute er, was er getan hatte? Ohne ein weiteres Wort drehte er ihr den Rücken zu und setzte seine Unterhaltung mit dem Tierarzt auf Spanisch fort. Ignacio übersetzte seine Worte für Amanda. Zu ihrer unendlichen Erleichterung bestätigte der Arzt, dass Colonel sich wieder erholen würde.
Während das Pony in den Krankentransporter geladen wurde, hielt Nero sich abseits. Er ist so weit entfernt, als wäre er auf einem anderen Kontinent, dachte Amanda.
Die Zuschauer jubelten, als der Schiedsrichter mitteilte, dass Colonel nicht ernsthaft verletzt war und das Spiel fortgesetzt würde. Unter tosendem Applaus wurde der Hengst vom Spielfeld gefahren.
Nur Nero sah dem Wagen nach, als wäre für ihn die Welt untergegangen. „Das war sein letztes Spiel“, sagte er wie zu sich selbst.
Und er gibt mir die Schuld daran, begriff Amanda.
9. KAPITEL
„Das Spiel geht weiter, Nero“, sagte Amanda sanft.
Erst als der Transporter mit Colonel nicht mehr zu sehen war, drehte er sich zu ihr um. „Wo ist mein nächstes Pferd?“, fragte er barsch.
Bei seinem Tonfall zuckte Amanda zusammen. Dabei saß ihr selbst noch der Schreck über den Unfall in den Knochen. Nur um ein Haar war es so glimpflich ausgegangen.
Wie muss den Kindern zumute sein? fiel ihr plötzlich ein. „Es … es tut mir leid, ich muss weg“, stammelte sie und winkte einen der Pferdepfleger heran.
„Wo, zur Hölle, willst du hin? Hast du überhaupt begriffen, was hier gerade passiert ist?“
Keinem von beiden fiel auf, dass sie nicht wieder zum Sie zurückgekehrt waren.
„Ja, und es tut mir entsetzlich leid. Aber ich muss mich um die Jugendlichen kümmern. Sie haben alles gesehen und sind bestimmt genauso geschockt wie wir.“
Ohne auf Neros Antwort zu warten, ließ sie ihn stehen und lief los. Je eher sie die Jugendlichen beruhigt hatte, desto schneller konnte sie zurück an die Arbeit gehen.
Zu ihrer Überraschung stellte sie fest, dass der Unfall die Begeisterung der Jungen für Polo nur noch angeheizt hatte. Selbst die wenigen, die das Spiel vorher noch als Mädchenkram abgetan hatten, waren jetzt eingeschworene Fans.
„Viel spannender als Autorennen!“, rief einer der Jungen mit leuchtenden Augen. „Und noch
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