Julia Extra Band 0349
verhindern.“
„Ich hatte keine Wahl. Jeder hätte so gehandelt. Und jetzt entschuldige mich. Ich muss mich um ein verletztes Pferd kümmern.“
„Dann komme ich mit dir.“
„Du hast für einen Tag genug Schaden angerichtet. Ich schlage vor, dass du zurück zu den pony lines gehst und dich um die Tiere kümmerst. Das ist schließlich deine Aufgabe. Aber pass auf, dass du nicht wieder unter die Hufe kommst.“
Amanda blieb zurück. Sie zitterte am ganzen Körper. Nero war mit Abstand der abscheulichste, dickköpfigste und arroganteste Mann, dem sie jemals begegnet war! Einzig und allein seine Pferde lagen ihm am Herzen.
Wieso konnte sie ihn nicht einfach abscheulich und unattraktiv finden?
Nachdem Nero sich überzeugt hatte, dass mit Colonel alles in Ordnung war und gut für ihn gesorgt wurde, ging er zur Ranch zurück.
Von Amanda war nichts zu sehen. Und María und Conception begrüßten ihn ungewöhnlich bedrückt.
Bestimmt haben sie schon von dem Unglück gehört, überlegte Nero. Wenn er nur begreifen könnte, warum er zum ersten Mal ein Pferd in Gefahr gebracht hatte!
Das Leben eines Menschen war jedes Risiko wert, entschied er schließlich. Er hätte dasselbe für jeden getan, und es war purer Zufall, dass es um Amanda gegangen war.
Nero stand gerade unter der Dusche, als Ignacio hereinplatzte. „Colonel hat eine Kolik!“, rief der Gaucho.
Nero wusste, dass dies tödlich verlaufen konnte. Er nahm sich kaum Zeit zum Abtrocknen und lief bereits los, während er noch seine Jeans anzog.
Seit er die Klinik verlassen hatte, hatte Amanda bei dem Pony gewacht. Sie hatte beim ersten Anzeichen einer Kolik den Tierarzt gerufen und Nero verständigen lassen. Um eine neue Konfrontation zu vermeiden, verließ sie den Stall, sobald sie Nero von Weitem sah.
Niedergeschlagen ging sie über den großen Hof zu Mistys Box. Für einen Moment lehnte sie sich an die kalte Stallwand und schloss die Augen. Wie konnte sie es so weit kommen lassen? Sie hatte viel zu viel Gefühl in einen Mann investiert, der – abgesehen von ihrem Wissen über Pferde – nicht das geringste Interesse an ihr hatte.
Tränen liefen über ihre Wangen. Sie wischte sie ungeduldig fort und hob trotzig ihr Kinn. Zum Trauern war keine Zeit.
Ignacio hatte sie gebeten, den Jugendlichen nichts von Colonels kritischem Zustand zu sagen.
„Wir sind belastbar, Amanda, aber die Kinder sollten sich keine unnötigen Sorgen machen.“
Unwillkürlich lächelte sie, als sie an den alten Gaucho dachte. Trotz der kurzen Zeit waren sie gute Freunde geworden. Seine Freundschaft gab ihr Halt und Kraft.
Normalerweise hielt sie nichts davon, anderen die Wahrheit zu verschweigen, aber in diesem Fall hatte Ignacio recht. Die Jugendlichen hatten in ihrem kurzen Leben schon mit genug Schwierigkeiten gekämpft. Hier auf der Ranch sollten sie eine schöne und sorgenfreie Zeit erleben.
Heute Abend war eine große Party für die Kinder geplant, und Amanda wollte nicht alles mit schlechten Neuigkeiten ruinieren.
Am liebsten wäre sie zur Klinik gelaufen, um Colonel und Nero beizustehen. Aber Nero hatte ihr unmissverständlich klargemacht, dass er sie nicht dort haben wollte.
Natürlich würde sie ihm seine Ruhe lassen, wenn er es wünschte. Aber es ist nicht meine Art, einfach aufzugeben, dachte sie, als sie zur Estanzia ging.
In düsterer Stimmung stieß sie die Küchentür auf. Sie würde früh ins Bett gehen. Morgen sah alles vielleicht schon ganz anders aus. Auch wenn sie gern bei Colonel gewesen wäre, gab es nichts, was sie für das kranke Pferd tun konnte.
Amanda nahm ein langes, heißes Bad, dann ging sie ins Bett und vergrub ihr Gesicht in den Kissen. Sie versuchte, an gar nichts zu denken und einfach einzuschlafen. Aber sie war viel zu aufgewühlt, um Ruhe zu finden.
Irgendwann musste sie doch eingeschlafen sein, denn sie erwachte schlagartig. Mit rasendem Herzen setzte sie sich auf und sah auf die Nachttischuhr. Drei Uhr morgens. Inzwischen würde es Klarheit über Colonels Zustand geben.
Sie hielt es nicht länger im Bett aus. Sie musste wissen, wie es dem kranken Pferd ging. Nero war bestimmt schon seit Stunden im Bett.
Amanda nahm sich nicht einmal die Zeit, ihr Haar zurückzubinden, sondern zog nur Jeans und einen warmen Pullover über. An der Tür schlüpfte sie in ihre Stiefel.
Zum Glück war die Klinik nicht verschlossen. Leise öffnete sie die Tür und ging durch den langen, schmalen Korridor. Es roch schwach nach Desinfektionsmittel
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