Julia Extra Band 0349
Verfolgung.
Als er ihr nachschaute, zuckte ein Lächeln um seine Mundwinkel. Amanda saß tief über Mistys Hals gebeugt. Ihre Haltung zeigte deutlich, wie sehr sie das Rennen gewinnen wollte.
Schnell wie der Wind preschte Misty über die endlose Steppe. Nur die Berge am Horizont lagen vor ihnen. Amanda spürte den Wind in den Haaren und jauchzte laut auf vor Glück. Zum ersten Mal seit ihrer Ankunft in Argentinien fühlte sie sich vollkommen frei. Vielleicht zum ersten Mal in ihrem ganzen Leben.
Hinter ihr wurde das Geräusch donnernder Hufe lauter. Nero holte auf! Aber sie würde nicht kampflos aufgeben. Amanda beugte sich noch tiefer über Mistys Hals, und sie schossen pfeilschnell über die Steppe.
Aber das kleine Polopony hatte keine Chance gegen die brutale Kraft von Neros Hengst. Amanda spürte, wie Nero immer näher kam. Jeden Moment würde er an ihr vorbeigaloppieren. Die Erwartung erfüllte sie gleichzeitig mit Wut und unbändigem Ehrgeiz.
Aber Nero überholte sie nicht. Er hält sich zurück, begriff sie. Misty war zwar schnell, aber ihre Stärke lag in kurzen Strecken. Für Neros Hengst dagegen war ein langer Galopp wie dieser eine Kleinigkeit.
Als Amanda spürte, wie Mistys Kräfte nachließen, steuerte sie eine kleine Baumgruppe an. Auch wenn Nero seinen Hengst zurückgehalten hatte, war es doch ein Sieg. Sie hatte die Ziellinie gewählt, und sie hatte gewonnen.
Langsam trabte Misty in den Schatten. Amanda klopfte dem kleinen Pony lobend den Hals. Zufrieden sah sie sich um. Hier war ein guter Platz für eine Rast. Im Schatten der Gummibäume war es nicht nur kühler, es gab auch frisches Wasser. Ein unterirdischer Bach speiste ein kleines Wasserloch, aus dem die Pferde trinken konnten. Amanda zog die Füße aus den Steigbügeln und sprang aus dem Sattel. Kurz danach kam auch Nero an.
Sie stemmte ihre Hände in die schmalen Hüften und sah ihn herausfordernd an. „Willst du mir nicht gratulieren?“
„Respekt!“, gab Nero anerkennend zurück. „Du hast ein gutes Pony, und du hast es ausgezeichnet trainiert.“
„Danke, sehr freundlich“, erwiderte Amanda. „Aber du klingst so gönnerhaft, als hättest du mir den Sieg geschenkt.“
„Habe ich das etwa nicht?“ Nero hob eine Braue.
Amandas Herz klopfte schneller. Sie liebte dieses Spiel, und vor allem liebte sie ihren Gegner.
„Du denkst doch nicht ernsthaft, du wärst schneller gewesen!“, fuhr Nero spöttisch fort.
Sie lachte auf. „Ich war schneller.“
„Und was erwartest du jetzt von mir? Soll ich mich vor dir in den Staub werfen?“, schlug er vor.
Ihr Blick blieb an seinen markanten Lippen hängen. „Nein, ich will mehr als das.“
Für eine Sekunde senkte Nero den Kopf, als würde er über ihre Worte nachdenken. Und bevor Amanda wusste, wie ihr geschah, lag sie in seinen Armen.
Ich bin verrückt nach ihm, dachte sie, als er seinen Mund auf ihren presste. Neros Kuss war alles, was sie sich jemals erträumt hatte, und noch viel mehr – hart, leidenschaftlich, neckend und vor allem aufregend. Es war der Kuss eines Gauchos.
Ein Wunder, dass unser Feuer uns nicht verbrennt, schoss ihr durch den Kopf. Sie seufzte vor Lust, als seine raue Wange über ihre zarte Haut rieb.
Der aufregende, erfahrene Südamerikaner und die kühle, unerfahrene Engländerin – das konnte nicht funktionieren. Und doch passten sie so perfekt zueinander, als wären sie allein für diesen Moment geschaffen worden.
Feuer und Eis, glühende Lust und Begehren. Wie Verdurstende fielen sie übereinander her. Selbst die Pferde suchten sich einen Platz in sicherem Abstand.
Nein, nein, nein! schrie alles in Amanda auf. Ihre Beziehung war rein beruflich. Sie musste diese Situation beenden, und zwar schnell!
„Bitte …“ Sie löste sich aus Neros Umarmung und versuchte, mit den Fingern ihr zerzaustes Haar zu ordnen. „Entschuldige.“ Ihrem Lachen war die Unsicherheit deutlich anzuhören. „Normalerweise lasse ich mich nicht so gehen. Es muss … es muss an unserem aufregenden Rennen gelegen haben.“ Ihr glasklarer britischer Akzent klang selbst in ihren eigenen Ohren fremd in dieser wilden, einsamen Landschaft. Sie warf Nero einen Blick zu und wartete auf seine Reaktion.
Doch sein Gesicht war zu einer ungläubigen Maske erstarrt. „Möchtest du jetzt vielleicht über unsere Projektarbeit reden?“, schlug er vor.
Sie bemerkte nicht den Spott in seiner Stimme. „Ja, ja! Das würde ich gern!“, rief sie unendlich erleichtert aus.
Mit einer
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