Julia Extra Band 0349
blank, die Stimmung ist aufgeheizt …“
„Und ich weiß auch, dass das keine Entschuldigung ist. Du warst so unverschämt zu mir …“
„Unverschämt?“
„Und gemein! Du hast mich sogar angeschrien!“
„Und du hast zurückgeschrien.“
Amanda antwortete nicht und ritt weiter. Sie versuchte, weiter wütend auf ihn zu sein, aber die ganze Zeit sah sie ihn nur vor sich, wie er neben seinem kranken Pferd im Heu geschlafen hatte.
„Du hast mich heute Morgen bei den Ställen gesucht, ist mir zu Ohren gekommen.“ Nero ritt mit der Lässigkeit eines Gauchos, der im Sattel geboren worden war, neben ihr her. „So schlimm kann deine Wut auf mich also nicht gewesen sein.“
„Ich habe mir nur Sorgen um dein Pferd gemacht.“
„Nicht um mich? Nicht mal ein kleines bisschen?“
„Nicht die Spur!“ Amanda feuerte Misty mit einem hellen Laut an und preschte davon.
„Dann bist du bestimmt froh über die guten Neuigkeiten gewesen.“ Wieder hatte Nero sie eingeholt, und ihre Pferde rasten Schulter an Schulter über die Steppe.
„Sehr froh!“, rief Amanda ihm zu. Vergeblich versuchte sie, ihn finster anzuschauen. „Hast du gut geschlafen?“, fragte sie, als sie wieder langsamer ritten.
„Nicht besonders.“ Nero zügelte sein Pferd. „Und du?“
„Auch nicht so gut“, gab Amanda zu. Sie lenkte Misty in den Schatten einer kleinen Baumgruppe. „Ich bin mitten in der Nacht aufgewacht und wollte nach Colonel sehen. Ich dachte, du würdest in deinem Bett liegen und schlafen.“
Nero griff nach seiner Wasserflasche und nahm einen langen Schluck. „Möchtest du auch?“ Er bot ihr seine Flasche an.
Darauf würde sie nicht noch einmal hereinfallen! „Danke, ich habe mein eigenes Wasser.“ Sie klopfte auf ihre Satteltasche. Hastig drehte sie Misty und trabte einige Schritte weiter, um ihre glühenden Wangen zu verbergen.
„Hey, Amanda!“, rief Nero ihr nach. „Du hast heute ganz vergessen, dir einen strengen Zopf zu binden.“
Unwillkürlich griff sie in ihr Haar, dann merkte sie, dass er nur einen Scherz gemacht hatte.
„Wovor hast du Angst?“, rief Nero herausfordernd und lenkte seinen Hengst neben sie. Fürchtest du etwa, ich könnte deine weichere Seite sehen?“
„Ich will nur vermeiden, dass mir meine Haare beim Reiten ins Gesicht fallen. Das ist alles“, erwiderte Amanda gelassen.
Nero zuckte nur mit den Schultern. Er glaubte ihr offensichtlich nicht.
Und auch Amanda musste sich eingestehen, dass sie nicht die ganze Wahrheit gesagt hatte. Schnell ging sie zum Gegenangriff über. „Aber was weiß du schon von Angst. Du bist ja schließlich der Killer!“
„Nur ein Dummkopf kennt keine Angst“, gab Nero zurück. „Aber ich lasse mich von meinen Ängsten nicht beherrschen, Amanda. Und genau das unterscheidet uns.“
Unter dem Blick seiner dunklen Augen klopfte ihr Herz schneller.
Dies ist nur ein zufälliges Zusammentreffen bei einem Ausritt! rief sie sich in Erinnerung. Sie war nur zum Arbeiten hier. Mehr nicht! Schon bald würde sie zurück nach England fliegen.
10. KAPITEL
Amanda lenkte ihre Aufmerksamkeit auf Neros Hengst. Schließlich war sie hier, um die Tiere zu beurteilen, nicht den Besitzer.
Der prächtige Hengst war viel größer als die Poloponys. Vermutlich stammte er von den spanischen Kriegspferden ab, von denen Nero erzählt hatte. Pferd und Reiter waren gleichermaßen beeindruckend. Das mit kostbarem Silber verzierte Zaumzeug passte zu Neros silbernen Sporen und seinem Gürtel. Offensichtlich hatte er sich heute Morgen noch nicht rasiert, und sein dunkler Bartschatten ließ ihn männlicher denn je aussehen.
„Was hältst du von einem Rennen?“, forderte er Amanda heraus.
„Du machst Witze! Misty reicht deinem feurigen Ungeheuer kaum bis zum Rücken.“
„Du kannst einen Vorsprung haben.“
„Sei bloß nicht so herablassend, Nero Caracas!“
Er zuckte mit den Schultern und grinste. „Wenn du dich nicht traust …“
Amanda brauchte Misty kaum mit dem Hacken zu berühren. Das kleine Pony verstand sofort, worum es ging, und preschte vorwärts.
„Hey“, rief Nero ihr hinterher. „Du hast dein Haargummi verloren!“
Für einen Moment stellte er sich vor, wie weich sich die seidigen Strähnen anfühlten, wie heiß Amandas Küsse waren. Er zügelte seinen ungeduldigen Hengst, der es kaum abwarten konnte, die Verfolgung aufzunehmen. Es wäre ein Leichtes gewesen, Amanda einzuholen. Aber wie jeder Jäger wusste, war der größte Reiz die
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