Julia Extra Band 0349
mit dem süßen Duft von frischem Heu und klarem, kaltem Wasser zu beruhigen.
Nero war ganz auf das Pferd konzentriert. Sanft befreite er es von seinem Geschirr und überließ es dann Amanda. Bis jetzt hatten sie noch kein Wort gesprochen, doch die Spannung zwischen ihnen war fast greifbar.
Als das Pferd ganz ruhig und entspannt war, verließen sie leise den Stall. An der Tür drehte sie sich noch einmal um und sah zurück.
„Ende gut, alles gut. Sagt man das in deinem Land nicht so, Amanda?“
Sie hielt seinem Blick stand. „Hallo, Nero.“
Der Blick seiner Augen wurde wärmer. „Hallo, Amanda …“
Sie standen so nah beieinander, dass sich ihre Arme fast berührten, aber während Nero verführerisch duftete und aussah, als wäre er geradewegs einem Hochglanzmagazin entsprungen, war Amanda sich bewusst, dass sie nach Pferden roch und wie ein Arbeiter gekleidet war.
„Wie geht es dir, Amanda?“
Das war eine gute Frage. „Ich … es geht mir gut. Und dir?“
„Es geht mir auch gut, vielen Dank“, erwiderte Nero förmlich.
Er stand ganz still und schaute sie nur an, als wollte er sich jede Einzelheit ihres Gesichts für immer einprägen. „Amanda, was du getan hast …“
„Ich muss gehen“, unterbrach sie ihn hastig. „Hier sind alle Dokumente, die du brauchst. Sie drückte ihm die Unterlagen in die Hand, die sie für ihn vorbereitet hatte.
Er schaute die Akten nicht einmal an.
„Ich komme später zu den Ställen“, murmelte Amanda. „Wenn du vorher irgendetwas brauchen solltest, ruf mich einfach an. Du findest meine Nummer in den Unterlagen.“ Dann sah sie in seine Augen. Sie hätte es kommen sehen müssen.
Ihr Atem stockte, als Nero seine Hände auf ihre Schultern legte. „Genug geredet, Amanda.“
Für einen kurzen Augenblick gab sie nach und lehnte sich an ihn. Es fühlte sich so richtig an, wenn Nero sie küsste, sein Duft, seine Berührung, sein muskulöser Körper. In seinen Armen fühlte sie sich plötzlich wieder sicher und beschützt. Aber sie wusste auch, wie gefährlich dieses Gefühl war. Sie durfte jetzt nicht schwach werden.
Doch als sie versuchte, sich aus seiner Umarmung zu lösen, hielt Nero sie fest. „Nein, Amanda. Dieses Mal lasse ich dich nicht gehen. Ich habe dich zu sehr vermisst. Ich wusste nicht, was ich verlieren würde. Oder was ich gewinnen könnte“, ergänzte er und lächelte.
Sehnsüchtig blickte Amanda ihn an.
„Erst durch dich, Amanda, habe ich begriffen, wie stolz meine Großmutter heute auf die Ranch sein würde.“
„Wie stolz sie auf dich sein würde“, verbesserte Amanda ihn sanft. „Stell dein Licht nicht unter den Scheffel.“
„Sagt die Expertin auf diesem Gebiet“, stellte Nero trocken fest und strich mit seinen Lippen über ihren Mund.
„Miss Wheeler, sind Sie hier?“, hallte plötzlich eine Stimme durch den Stall.
Zum ersten Mal in seinem Leben fühlte Nero sich ein wenig unsicher. Er hatte Amanda noch so viel mehr sagen wollen, doch dann war sie fortgerufen worden.
Gab es in ihrem Leben überhaupt einen Platz für ihn? Amanda gehörte so sehr hierher wie er selbst nach Argentinien. War es möglich, dass zwei Liebende, die an unterschiedlichen Enden der Welt lebten, länger als für eine Polosaison zusammen sein konnten?
Nero streichelte die seidige Mähne eines der Ponys, und langsam beruhigte er sich wieder. Wie immer besänftigte ihn die Gesellschaft der Pferde.
Amanda würde zu ihm zurückkommen, sobald sie ihre Arbeit erledigt hatte.
Doch weder an diesem noch am nächsten Tag kam sie zu ihm. Durch vorsichtige Nachfragen erfuhr Nero, dass sie damit beschäftigt war, die Ponys für das bevorstehende Match zu bewerten.
Ignacio war schweigsam wie immer. Ob die beiden über mich geredet haben? fragte sich Nero. Oder war für Amanda wirklich nur die Arbeit von Bedeutung?
Am Tag des Spiels schien das trübe Wetter Neros Stimmung widerzuspiegeln: Der Wind jagte dunkle Wolken über einen grauen Himmel. Eine weitere einsame Nacht mit unruhigem Schlaf lag hinter ihm.
Nero sah aus dem Fenster seines Hotelzimmers. Er hatte einen guten Blick auf den Poloklub und das Spielfeld. Der Boden war nass und rutschig, stellte er fest, und das Wetter sah nicht aus, als ob es sich in den nächsten Stunden bessern würde. Missmutig ließ er den Vorhang zurückfallen und stellte sich unter die Dusche.
Während er sich abtrocknete, lauschte er dem Wetterbericht: Gewitter und Regen. Na wunderbar! Genau das konnten Pferde überhaupt nicht
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