Julia Extra Band 0350
wie mir.“
Sie hatten den oberen Treppenabsatz erreicht. Lilys Herz pochte wild, jedoch nicht, weil sie sich beim Treppensteigen verausgabt hätte. Hatte sie die Herzogin wirklich richtig verstanden? Marco und sie sollten in einer Suite übernachten?
Die Herzogin strahlte erst Marco an, dann Lily. Sie schien sehr stolz auf sich zu sein; offensichtlich war sie überzeugt, den beiden einen Riesengefallen zu tun. „Wirklich, Marco, Lily passt perfekt zu Ihnen. Sie beide zeigen solche Begeisterung für italienische Kunstgeschichte, und wie mein seliger Mann immer sagte – eine gemeinsame Passion schweißt ein Paar zusammen, auch wenn die erste stürmische Verliebtheit langsam verfliegt. Kommen Sie herein, Lily, und bewundern Sie meine Vorfahren. Ich darf Sie doch Lily nennen? Wir sind ja gewissermaßen alle eine Familie, denn Marco und ich sind entfernt verwandt.“
In der runden Empfangshalle mit der hohen Kuppel wartete Lily angespannt darauf, dass Marco den Irrtum der Herzogin richtigstellen würde. Sie waren kein Paar! Doch er sagte kein Wort, auch nicht, als die Haushälterin auf sie zukam.
„Ah, da sind Sie ja, Berenice.“ Die Herzogin wandte sich an Lily und Marco. „Berenice wird Sie zur Suite geleiten. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen – ich habe für heute Abend einen kleinen Empfang arrangiert – nichts Großes, nur ein paar Freunde. Ich bin sicher, dass es Ihnen gefallen wird, Lily. Alle haben Verbindungen zu der Gegend und den Villen hier. Sie können getrost jede Frage stellen, die Ihnen dazu einfällt. Wir treffen uns dann später im Salon, ja?“
Lily warf Marco einen flehenden Blick zu, doch er schwieg eisern, bis sie allein in der Suite waren.
„Wären Sie gestern nicht in meine Hotelsuite gekommen, hätte sich diese peinliche Situation nicht ergeben.“
Natürlich hatte er recht, doch Lily schüttelte den Kopf. „Sie hätten ihr die Wahrheit sagen sollen. Sie hätten sie aufklären müssen …“
„Worüber?“ Er war zum Fenster gegangen und schaute hinaus, dann wandte er den Kopf über die Schulter zu ihr zurück. „Darüber, dass Sie nur zu mir gekommen sind, um Ihren Ex eifersüchtig zu machen? Meinen Sie wirklich, das hätte ich ihr sagen sollen?“ Ohne ihr die Gelegenheit zu einer Entgegnung zu lassen, fuhr er fort: „Sie würde mir so oder so nicht glauben. Sie mag Sie.“
Sein Ton sagte deutlich, dass er die Gefühle der Herzogin weder teilte noch verstand. Zwar versuchte Lily, sich davon nicht beeindrucken zu lassen, dennoch fühlte sie wieder den bekannten Schmerz.
„Sie ist eine Romantikerin. Sie würde denken, dass ich unsere Beziehung geheim halten will.“
„Wir haben keine Beziehung.“ Ein Kloß saß in Lilys Kehle und machte ihr das Sprechen schwer.
„Die Herzogin glaubt das aber. Sie ist überzeugt, wir hätten uns auf den ersten Blick verliebt.“ Die Verachtung in seiner Stimme ließ Lily das Blut ins Gesicht schießen. „Würde sie Sie besser kennen, käme sie bestimmt nicht auf solche Gedanken. Trotzdem können wir ihr nichts sagen, es wäre ihr nur fürchterlich peinlich, dass sie sich derart geirrt hat. Es ist einfacher, wenn wir die Situation einfach akzeptieren. Schließlich sind wir ja nur zwei Nächte hier.“
„Zwei Nächte!“ Lily konnte unmöglich zwei Nächte einen Raum und ein Bett mit ihm teilen. „Und wenn ich das nicht akzeptieren kann?“
Marco warf ihr einen vernichtenden Blick zu. „Erwarten Sie wirklich, dass ich Ihnen das abnehme? Gestern Nacht hatten Sie keine solchen Skrupel. Sie wollten es sogar.“
Lilys Herz setzte einen Schlag lang aus. Ahnte er etwa, dass es gestern Momente gegeben hatte, in denen sie sich sehr viel mehr als nur Schutz von ihm gewünscht hatte? Hoffentlich nicht. Schlimm genug, dass sie sich selbst hatte eingestehen müssen, wie sie für ihn fühlte.
„Das war etwas völlig anderes. Von ‚wollen‘ kann keine Rede sein“, behauptete sie energisch.
„Glauben Sie, ich will diese Suite mit Ihnen teilen? Sie tragen die Verantwortung für dieses Debakel, nicht ich. Aber was kann man schon von einer Frau erwarten, die einen Ex mit einem anderen Mann eifersüchtig machen will?“
Sie könnte ihm die Wahrheit sagen und ihn damit beschämen, wie falsch er sie beurteilte. Doch da er so entschlossen war, nur das Schlechteste von ihr zu denken, würde sie ihm nicht auch noch ihr dunkelstes Geheimnis anvertrauen, um sich dann von ihm als Lügnerin beschimpfen zu lassen.
„Ich erlaube nicht, dass die
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