Julia Extra Band 159
geküßt hatte. Das war jetzt drei Tage her. Obwohl der Kuß als Dankeschön geplant war, hatte Cass doch aus dem tiefen Bedürfnis heraus gehandelt, Gifford zu berühren.
Vor achtzehn Monaten hatte sie sich Hals über Kopf in diesen Mann verliebt. Und, egal wie er sich damals benommen hatte, als er mit ihr Schluß machte, und trotz seiner Weigerung, Jack ein richtiger Vater sein zu wollen, sie liebte Gifford noch immer. Die ganze Zeit über war dieses Gefühl unterschwellig dagewesen, aber sie hatte es ignoriert.
Sie begann, eines ihrer Sommerkleider zu bügeln. Ich muß von Sinnen sein, dachte sie. Statt mit dem Herzen sollte sie lieber anfangen, mit dem Kopf zu denken, und das Thema Gifford ein für allemal abhaken. Das dürfte doch nicht allzu schwierig sein.
Cass beschloß, sich immer wieder Giffords Verrat an seinem eigenen Sohn vor Augen zu führen, daß er sich schäbig, egoistisch und treulos verhalten hatte ...
Doch Gifford hatte auch seine guten Seiten, eine ganze Menge sogar. Zum Beispiel hatte er es geschafft, Kirk Weber dazu zu bringen, endlich mit dem Vertrag herauszurücken. Mittlerweile plante Edith sogar schon die neue Einrichtung ihres Bungalows, denn jetzt brauchte sie nicht mehr mit jedem Pfennig zu knausern. Das alles hatten sie Gifford zu verdanken, den Edith nun behandelte, als sei er ein Gott, der fälschlicherweise auf der Erde gelandet war.
Cass war mit dem Plätten fertig. Sie nahm den Buggy mit Jack, der die ganze Zeit neben dem Bügelbrett geschlafen hatte, und rollte ihn auf die Veranda zu einem schattigen Plätzchen. Anschließend holte sie ihren Stapel Wäsche aus dem Hauswirtschaftsraum.
„Ich bringe dies hier rasch ins Cottage. Würdest du bitte solange auf Jack achtgeben? Es wird nicht lange dauern", sagte sie zu Edith, die an einem der Restauranttische saß.
Nachdem diese zustimmend genickt hatte, ging Cass in ihr blaues Holzhäuschen. Sie verstaute die Kleidungsstücke und bereitete dann in der winzigen Küche den Babybrei aus gekochtem Kürbis und Kartoffelstücken zu. Zum Nachtisch sollte es pürierte Mangos geben.
Doch als sie wieder auf die Veranda trat, um Jack abzuholen, war der Buggy verschwunden. Besorgt lehnte sich Cass über das hölzerne Geländer.
„Edith?"
Cass mußte noch zweimal rufen, ehe sie eine Antwort erhielt.
„Ich komme schon", hörte sie Ediths Stimme aus dem Hausinneren. Dann stand die schwarze Frau endlich vor ihr. „Ich war oben und habe dich nicht gleich gehört", meinte sie außer Atem.
„Ist Jack bei dir?"
„Nein, er ist bei Gifford im Maison d'Horizon ."
Cass sagte sich, daß sie darüber nicht sehr überrascht sein sollte. In den letzten Tagen war es häufiger vorgekommen, daß Gifford seinen Sohn zu einer kleinen Ausfahrt im Buggy mitgenommen oder mit ihm gespielt hatte. Er mochte keine Pläne für eine gemeinsame Zukunft mit Jack haben, doch im Augenblick schien das Kind ihn außerordentlich zu faszinieren.
Sie runzelte die Stirn. Auf der einen Seite war sie sehr froh über diese Aufmerksamkeit, doch andererseits beunruhigten sie Giffords ständige Besuche im Eden sehr. Jedesmal, wenn sie ihn sah, fühlte sie eine starke innere Spannung. Und sie ertappte sich dabei, daß sie sich ausmalte, wie schön es für sie alle drei wäre, wenn nur ...
„Du sollst ihn anrufen, wenn er das Baby zurückbringen soll", fügte Edith hinzu.
„Ich werde Jack selbst abholen gehen", entschied Cass.„Wenn du schon mal in der Villa bist, könntest du doch auch gleich ein wenig trainieren", schlug Edith vor.
In letzter Zeit waren ihre Trainingseinheiten ein wenig in Vergessenheit geraten. Cass biß sich auf die Lippe. Nun ja, sie hatte zwar daran gedacht, aber sie zog es vor, nach Möglichkeit nicht allein mit Gifford im Maison zu sein. Sonst würde sie sich nämlich allzu leicht erotisch zu ihm hingezogen fühlen.
Oder Gifford käme auf solche Gedanken. Zwar hatte er keinerlei Annäherungsversuche mehr gemacht, doch aus seinen intensiven Blicken schloß Cass, daß er sie nach wie vor begehrte.
„Ich muß Jack füttern", wich sie aus.
„Das kannst du auch in der Villa", sagte Edith.
Cass seufzte und nickte ergeben. Es wäre ja auch kindisch, der Villa und ihrem Bewohner einfach so fernzubleiben. Sie wollte gern ein paar Pfunde verlieren, also würde sie auch trainieren. Falls sich verräterische Gefühle einstellen sollten, so würde sie sie einfach unterdrücken. Schließlich besaß sie viel Willensstärke. Und wenn von Giffords Seite
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