Julia Extra Band 348
sich im Flur umschaute. „Ist das immer so voll?“
Zara merkte, dass sie rot wurde. „Ich lebe schon seit meiner Kindheit hier“, verteidigte sie sich. „Da sammelt sich viel an, und ich bin in letzter Zeit nicht dazu gekommen, groß aufzuräumen.“
Er musterte sie eingehend aus zusammengekniffenen Augen. „Ich nehme an, du hast als Einkommen nur das, was du bei dieser Cateringfirma verdienst, und das dürfte sich meiner Schätzung nach in Grenzen halten, richtig?“
„Stimmt.“
Er starrte sie an. „Und warum hast du dann diesen Scheck von mir mit so theatralischer Geste zurückgewiesen?“
Ungläubig erwiderte sie seinen Blick. „Das weißt du genau.“
„Wenn ich es wüsste, würde ich nicht fragen.“
„Dann denk nach“, stieß sie hervor, während sie auf dem Absatz kehrtmachte und ins Wohnzimmer ging. Sie hörte, dass er ihr folgte. Und plötzlich hatte sie schreckliche Angst, die Fassung zu verlieren. Dass sie irgendetwas sagte oder tat, was sie hinterher bereuen könnte.
Sie nahm eine Flasche Orangenlikör aus einem Schrank, die dort schon seit einer halben Ewigkeit stand, und schenkte sich eine kleine Menge davon in ein Glas. „Für dich auch?“, fragte sie wenig freundlich.
„Sehr verlockend. Aber ich glaube, ich verzichte lieber.“
Zara nippte an ihrem Glas, dankbar für den sanften Kick, den sie unmittelbar verspürte. Um Mitternacht Alkohol zu trinken war kein Laster, dem sie regelmäßig frönte, aber es war ein langer Tag – und er war noch nicht zu Ende.
„Also, warum hast du das getan?“, beharrte Nikolai.
Bevor sie sich umdrehte, versuchte sie, sich gegen seinen Anblick zu wappnen, was allerdings nicht ganz einfach war, vor allem, weil sich seine unübersehbaren körperlichen Vorzüge vor dem bescheidenen Hintergrund ihres Wohnzimmers noch beeindruckender ausnahmen. Er trug einen dunklen Anzug mit einem makellosen weißen Hemd, und einziges Zugeständnis an seine Bequemlichkeit war ein gelockerter Krawattenknoten.
„Weil es doppelt so viel war wie vereinbart!“, sagte sie anklagend.
Er legte die Stirn in Falten. „Ich kann mich nicht erinnern, dass sich bei mir schon mal jemand beschwert hätte, weil ich ihm zu viel bezahlt habe“, sagte er betont ruhig.
„Stell dich nicht dumm, Nikolai“, erwiderte sie. „Du weißt ganz genau, was ich meine.“
„Nein, das weiß ich nicht. Ich finde, du hast deinen Job gut gemacht, und dafür hast du einen Bonus verdient.“
„Einen Bonus? Wofür? Für die geleisteten Extradienste?“
Er erstarrte. „Du meinst, ich habe dich für den Sex bezahlt?“
„Was sollte ich denn sonst denken?“
„Und du glaubst, ich hätte es wirklich nötig, für Sex zu bezahlen? “
„Könnten wir dein Ego mal für einen Moment beiseitelassen? Hier geht es nämlich ausnahmsweise nicht um dich, sondern um mich“, konterte sie, während sie den heftigen Stich zu ignorieren versuchte, den sie allein bei der Erinnerung daran, wie er mit diesem verdammten Umschlag gewedelt hatte, immer noch verspürte. Als ob er ein Callgirl vor sich hätte. „Und wofür dann diese überaus großzügige Geste, wenn nicht dafür?“
Für einen Moment blieb Nikolai stumm, mehr als erbost darüber, dass sie eine Erklärung verlangte – und das von ihm, der sich noch nie jemandem hatte erklären müssen. Aber die Verwirrung und der unübersehbare Schmerz in Zaras Augen brachten ihn dazu, eine lebenslange Gewohnheit zu ändern. „Mir wurde klar, dass ich dich falsch eingeschätzt habe“, sagte er zögernd. „Dass du nicht die Art Frau bist, für die ich dich gehalten hatte.“
Zara starrte ihn wachsam an. „Und für was für eine Art Frau hast du mich gehalten?“
„Für eine Goldgräberin, wie man in meinen Kreisen so schön sagt, eine Frau also, die es nur auf das Geld eines Mannes abgesehen hat.“ Er bemerkte, wie sie bei seinen Worten zusammenzuckte.
„Danke, das ist wirklich sehr schmeichelhaft“, entgegnete sie ruhig.
„Egal, wie du es findest, aber ich habe so meine Erfahrungen gemacht, glaub mir.“ Er presste die Lippen zusammen. „Was unter anderem mit ein Grund dafür sein mag, dass ich Frauen generell mit einem gewissen Argwohn begegne. Vielleicht wollte ich mit dem Geld ja auch nur etwas wiedergutmachen, nachdem mir klar geworden war, dass ich dir unrecht getan habe. Obwohl es für mich normal ist, ein gutes Trinkgeld zu geben, wenn ich mit einer Dienstleistung zufrieden bin“, fügte er hinzu. „Mit Sex hat das jedenfalls
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