Julia Extra Band 348
war der Moment, in dem sein Fluchtinstinkt erwachte.
„Habe ich eigentlich erwähnt, dass ich morgen nach New York fliege?“, fragte er abrupt. „Das heißt, ich muss ziemlich früh raus.“
Schlagartig war die Stimmung dahin. Zara bekam Herzklopfen. Da war er also … der Abschied, mit dem sie ohnehin gerechnet hatte, wenn auch nicht ganz so schnell und etwas weniger brutal. Nun, sie würde es mit Fassung tragen, eine andere Wahl hatte sie nicht. „Nein, noch nicht.“ Sie zwang sich zu einem Lächeln. „Aber ich fliege ja morgen auch.“
Aus irgendeinem Grund fühlte er sich plötzlich ganz scheußlich. „Vielleicht können wir uns in London mal treffen?“, schlug er vor.
Zara wusste genau, dass er ihr nur den Abschied versüßen wollte. Sie würden sich nie wiedersehen, daran bestand gar kein Zweifel.
„Vielleicht“, erwiderte sie höflich.
„Wollen wir zahlen?“
Zara nickte und griff nach ihrer Handtasche. „Ja, bitte.“
Nachdem sie wieder in seiner Villa waren, nahm er Zara mit in sein Schlafzimmer, wo sie sich ein weiteres Mal liebten. Doch obwohl sie das Gefühl hatte, vor Lust fast zu vergehen, fühlte sich Zara die ganze Zeit über seltsam losgelöst. Als ob ihr Selbstschutzinstinkt bereits Vorkehrungen träfe, sie vor zu großem Schmerz zu bewahren, indem er ihren Kopf und ihr Herz in Watte packte.
Als sie am nächsten Morgen erwachte, war Nikolai bereits aufgestanden und machte sich fertig. Durch halbgeschlossene Lider beobachtete sie, wie er in sein Hemd schlüpfte, das er in die dunkle Anzughose steckte. Sein Gesicht wirkte verschlossen. Als ob er in Gedanken längst ganz woanders wäre.
„Du bist ja wach“, stellte er leise fest.
Sie blinzelte überrascht. „Woran hast du das bemerkt?“
Während er auf sie zukam, wanderte sein Blick über ihr Haar, das sich wie ein Fächer auf dem Kissen ausbreitete, ihre üppigen Brüste, die sich in einem gleichmäßigen Rhythmus hoben und senkten. „Ich registriere alles an dir. Wie sich deine Atmung verändert, wie du dich bewegst. Ich würde viel lieber mit dir hierbleiben“, sagte er heiser, wobei er seine Hand über das Laken gleiten ließ. Er beugte sich zu Zara herunter und küsste sie lange auf den Mund. „Heute Mittag wird dich ein Wagen abholen und zum Flughafen bringen. Bis dahin sollst du dich hier ganz zu Hause fühlen und einfach tun, was dir Spaß macht. Und gute Reise, Zara.“
Als sie seine so schrecklich endgültig klingenden Worte hörte, setzte sie sich abrupt auf, wobei ihr das Laken bis zur Taille nach unten rutschte. Die Party war vorbei, und für sie, Zara, wurde es Zeit, wieder in ihre gewohnte Rolle zu schlüpfen. „Danke gleichfalls.“
Er wandte sich ab, um mit federnden Schritten an sein Schreibpult zu gehen, wo er nach einem langen weißen Umschlag griff. „Und hier ist dein Scheck.“
Sie blinzelte. „M… mein Scheck?“
„Deine Bezahlung fürs Wochenende.“ Er zog die Augenbrauen hoch. „Oder hast du vergessen, warum du gekommen bist? Du hast gar nicht schlecht verdient.“
„Natürlich.“ Gar nicht schlecht verdient? Warum du gekommen bist? Zara zuckte innerlich zusammen. Mit einem Gefühl der Demütigung griff sie sich das Laken und zog es hoch bis ans Kinn.
„Tu nicht so verschämt“, sagte er mit sanfter Ironie.
„Ich fühle mich nackt.“
„Das kommt davon, weil du nackt bist, aber jemand mit so einem tollen Körper sollte eigentlich sowieso nie Kleider anziehen.“ Er schaute sie lange an, fast als ob er sich ihr Aussehen einprägen wollte, bevor er sie ein letztes Mal anlächelte. „Also dann. Mach’s gut, angel moy. “
„Du auch, Nikolai.“
Die Worte, die sie fast zerrissen hatten, hallten immer noch in ihr nach, während sie dem Motorengeräusch des davonfahrenden Wagens lauschte. Dann sprang sie aus dem Bett und lief ans Fenster, wo sie gerade noch sehen konnte, wie sich Nikolais silbergrauer Sportwagen durch die Berge in Richtung Flughafen entfernte. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie an das Schreibpult trat und nach dem weißen Umschlag griff. Mit zitternden Fingern zog sie den Scheck heraus.
Ihre Augen weiteten sich ungläubig. Das war nicht die Summe, die Nikolai ihr in London genannt hatte, sondern mehr als doppelt so viel, viel zu viel für das bisschen Arbeit, das sie geleistet hatte.
Zara fühlte sich plötzlich scheußlich elend. Warum hatte er das getan? Was wollte er damit bezwecken, nach allem, was zwischen ihnen gewesen war? Er hatte sie doch
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