Julia Extra Band 348
Nachthemd über den Kopf zu ziehen. „Heute Abend jedenfalls nicht. Es ist zu spät, und ich … muss morgen früh aufstehen.“
„Du musst nichts, was du nicht willst.“
„O doch, ich muss, Nikolai. Ich muss schließlich von irgendwas leben, und deshalb muss ich arbeiten, erinnerst du dich?“
Er konnte kaum glauben, was er da hörte, und schüttelte den Kopf. Er wollte ihr widersprechen, ihr sagen, dass sie sich nicht lächerlich machen solle. Dass Geld für ihn keine Rolle spielte. Aber dann dämmerte ihm, dass er nicht beides haben konnte. Er konnte sich nicht über Frauen beklagen, die nur auf sein Geld scharf waren, wenn er andererseits nicht akzeptierte, dass es einer Frau wichtig war, sich ihre Unabhängigkeit zu bewahren.
„Nun, wenn du arbeiten musst, kann man nichts machen“, sagte er frustriert. „Trotzdem verlange ich, dass du das Geld annimmst, das ich dir noch schulde, und dann vergessen wir dieses Problem, einverstanden?“
Sie nickte erleichtert. „Ja.“
„Und morgen packst du ein paar Sachen zusammen und kommst für eine Nacht zu mir. Alles klar?“
„Alles klar.“ Beiläufig strich er mit den Fingern direkt am Scheitelpunkt ihrer Schenkel über ihr kurzes Nachthemd, was dazu führte, dass Zara wieder heftig erschauerte. „Und … jetzt …?“
„Jetzt? Jetzt musst du schlafen, fürchte ich“, sagte er sanft. Als er seine Hand wegnahm, sah er, dass Zaras Lippen vor Enttäuschung bebten, aber er untersagte es sich, dies als Einladung zu betrachten. „Und ich auch.“ Weil er sich selbst nicht ganz traute, gab er ihr nur einen flüchtigen Kuss, bevor er mit kühler, sachlicher Stimme sagte: „Ruf morgen bei mir im Büro an, dann schickt dir meine Sekretärin einen Wagen.“
10. KAPITEL
Eigentlich war nur eine Nacht geplant gewesen.
Eine Nacht, die es Nikolai erlaubte, sich von Zaras Zauber zu befreien, mehr nicht. Aber dann waren aus einer Nacht zwei Nächte geworden und aus zwei Nächten unversehens drei. Bevor Nikolai wusste, wie ihm geschah, schien Zara ein fester Bestandteil seines Hauses in Kensington geworden zu sein. Sobald er morgens die Augen aufschlug, sah er ihr Gesicht. Und sie war es, auf die er sich am Ende eines langen Arbeitstages freute. Zara war der Grund, weshalb er alle Einladungen ablehnte, die regelmäßig in seinem Briefkasten landeten, weil er nicht wusste, warum er mit irgendwelchen langweiligen Senkrechtstartern Small Talk halten sollte, wenn es zu Hause bei seiner traumhaften Geliebten doch so viel aufregender war. Die immer noch trotzig darauf beharrte, ihr eigenes Geld zu verdienen, obwohl er schon mit allen Tricks versucht hatte, sie davon abzubringen. Doch es war vergebliche Liebesmühe gewesen. Und mittlerweile war ihm klar geworden, dass er noch nie eine Frau getroffen hatte, die ihre Unabhängigkeit so mit Zähnen und Klauen verteidigte wie Zara Evans.
War ihr eigentlich bewusst, wie sehr sie ihn in ihren Bann gezogen hatte? Und wurde es nicht allerhöchste Zeit für ihn, endlich den Absprung zu schaffen?
„Du bist so weit weg“, bemerkte er, nachdem er aus dem Bad zu ihr ins Schlafzimmer zurückgekehrt war.
Sie seufzte. Das Bett, in dem sie lag, war fast so groß wie das ganze Schlafzimmer in ihrer Wohnung, und ihr Körper war überall köstlich warm. Sie fühlte sich wundervoll, und wenn sie sich an alles erinnerte, was ihr russischer Liebhaber in der zurückliegenden langen Nacht mit ihr getan hatte, fühlte sie sich gleich noch besser. Und in den Nächten davor …
„Wie könnte ich weit weg sein, wenn ich direkt hier bin?“, fragte sie mit einem scheuen Lächeln.
„Ich weiß nicht.“ Er zuckte die Schultern. „Was ist eigentlich mit heute Abend? Du hast doch frei, oder?“
Zara schluckte, als er das Badelaken fallen ließ, das er sich um die schlanken Hüften geschlungen hatte, und in seidene Boxershorts stieg. Manchmal kam es ihr fast intimer vor, ihn beim Anziehen zu beobachten, als mit ihm zu schlafen. Und irgendwie war das ja auch tatsächlich so. Gestern Nachmittag, als sie sich mit Emma getroffen hatte, meinte ihre Freundin, sie darauf hinweisen zu müssen, dass sie, Zara, und Nikolai praktisch zusammenlebten. Und als Zara protestiert hatte – wenig überzeugend, wie sie selbst zugeben musste –, hatte Emma beiläufig gefragt, ob ihr eigentlich klar wäre, mit was für einem Typ sie sich da eingelassen hatte. Und dann hatte Emma sie gewarnt, dass ein Mann, der als total beziehungsunfähig galt, mit Sicherheit
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