Julia Extra Band 348
völlig untypisch finster drein, nachdem sie sich mit ihrem Glas Wein und einem Päckchen Erdnüssen zu Zara an den ruhigen Tisch in der Ecke gesetzt hatte.
„Sag jetzt bitte nicht, dass der Termin geplatzt ist“, begann Zara besorgt.
„Nein, nein, das läuft alles, wie geplant.“
„Und warum machst du dann so ein Gesicht?“
Es folgte eine Pause, während der sich Emma Salz vom Finger leckte und unbehaglich auf ihrem Sitz herumrutschte. „Äh … ist mit dir und Nikolai … alles okay?“, fragte sie schließlich.
Zara stutzte. „Was soll das denn jetzt bedeuten?“
Wieder eine Pause. „Also … das fällt mir jetzt wirklich nicht leicht, Zara. Unter anderem auch, weil ich Nikolai wirklich sehr mag, nicht nur, weil er mir viele Türen geöffnet hat.“
„Emma, hör sofort auf … du machst mir Angst. Was ist los?“
„Das ist los.“ Emma zog eine Zeitung aus ihrer Tasche und warf sie auf den Tisch. „Ich weiß, dass du Klatsch verabscheust, und bestimmt ist wieder mal alles gelogen, aber …“
Zara schnappte sich das Blatt. Die aufgeschlagene Rubrik zeigte ein Foto von Nikolai mit einer atemberaubenden Villa im Hintergrund und einer noch atemberaubenderen Frau an seiner Seite.
Zara hatte den neuesten Abenteuerfilm nicht gesehen, der kürzlich an den Kinokassen alle Zuschauerrekorde gebrochen hatte, aber ihr war bekannt, dass die hier mit Nikolai abgebildete französische Schauspielerin die heiß umschwärmte Heldin spielte.
Zara spürte einen Kloß im Hals, ihr Herz begann zu rasen, während sie den Text überflog. Dort war zu lesen, dass die beiden kürzlich zusammen eine Party besucht und sich blendend amüsiert hätten. Und dass Nikolai seine Begleiterin anschließend nach Hause gebracht hatte.
Natürlich.
Außerdem stand da, dass die Schauspielerin derzeit auf Werbetour für ihren neuen Film war und zwar in …
New York!
Zara legte die Zeitung wieder hin und merkte, dass ihre Hände zitterten. „Danke für die Information“, sagte sie heiser und trank einen großen Schluck von ihrem Wein. „Kann ich das behalten?“
„Zara …“
„Nein. Sag jetzt nichts. Es ist gut so, Emma. Ehrlich, ich mache mir keine Illusionen über meine Affäre mit Nikolai. Ich meine, du hast ja wohl nicht geglaubt, ich würde mir einbilden, dass diese Geschichte mit ihm von Dauer ist?“
Sie schaffte es, die Fassade aufrechtzuerhalten, bis sie zu Hause war – oder genauer gesagt in Nikolais Villa, wo sie wie betäubt in den Garten ging, um darüber nachzudenken, was sie jetzt tun sollte.
Seit sie wieder mit Nikolai zusammen war, hatte sie jeden Gedanken an die Zukunft entschlossen verdrängt. War sie wirklich so töricht gewesen, von einem gemeinsamen Leben mit ihm zu träumen? Zu hoffen, dass er ausgerechnet sie wollte, wo er sogar Filmstars von außergewöhnlicher Schönheit haben konnte?
Nun, sie hatte zumindest angenommen …
Was? Dass er ihr treu war? Aber wieso sollte er, wo er ihr doch nie Treue versprochen hatte? Über ihre Empfindungen redeten sie nicht, es war ein Thema, das sie sorgfältig aussparten. Und die flüchtigen Augenblicke von Nähe zwischen ihnen, die es durchaus manchmal gab, waren nie von Dauer, weil keiner von ihnen es wagte, sich dem anderen zu öffnen. Im Bett war es zwar immer noch genauso aufregend wie am Anfang, aber alle anderen Gefühle dümpelten an der Oberfläche dahin. Jetzt wurde Zara klar, dass sie die ganze Zeit über die Augen vor der Wirklichkeit verschlossen und gehofft hatte, dass trotzdem am Ende alles gut werden würde. Wie jämmerlich feige sie doch war!
Der schöne Empfang, den sie Nikolai hatte bereiten wollen, war vergessen. Weinend verbannte sie den dicken Band mit den hochglänzenden Kunstfotos von Moskau, den sie für ihn gekauft hatte, in die hinterste Ecke ihres Kleiderschranks. Eigentlich hatte sie richtig erotische Unterwäsche anziehen wollen … oder ein bisschen aufreizend zumindest. Um Nikolai nach ihrer Rückkehr von dieser Party, zu der sie eingeladen waren, nach allen Regeln der Kunst zu verführen. Aber jetzt wurde ihr schon allein bei dem Gedanken daran schlecht.
Weil sie sich plötzlich fast wie eine Edelhure fühlte.
Die Stunden bis zu Nikolais Rückkehr krochen im Schneckentempo dahin. Zara drehte fast durch und ermahnte sich ständig, dass jetzt wirklich nicht der richtige Zeitpunkt war, die Nerven zu verlieren und zusammenzubrechen. Sie durfte sich keine Blöße geben, sondern musste Nikolai gefasst gegenübertreten, ohne
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