Julia Extra Band 348
Sie können mir glauben, dass ich wirklich keinen Verdacht habe, wer es gewesen sein könnte.“
Raj stand auf und legte ihr eine Hand auf eine Schulter. „Sie wollen nicht darüber reden, das verstehe ich. Aber vielleicht werden Sie eines Tages keine andere Wahl haben.“
Endlich drehte sie sich zu ihm um. Ihr Gesicht wirkte jung, unschuldig. Sie trug kein Make-up, die Augen waren rot verweint, die Spuren ihrer Tränen glänzten im Kerzenschein.
Am liebsten hätte er sie in seine Arme gezogen, ihren Kopf an seine Brust gebettet und ihr versichert, dass alles gut werden würde.
„Danke.“ Sie senkte den Kopf, als könne sie ihm nicht länger in die Augen schauen. Das beunruhigte ihn. Vorhin war sie temperamentvoll und streitlustig gewesen. Die Frau, die jetzt vor ihm stand, wirkte schüchtern, besiegt.
Das gefiel ihm überhaupt nicht.
Mit einem Finger hob er ihr Kinn an, zwang sie, ihn anzusehen. In ihren Augen glänzte es verräterisch, aber sie schien entschlossen, nicht mehr zu weinen.
„Wollen Sie meine Hilfe jetzt annehmen?“
„Ja.“ Ihre Stimme klang unsicher, dann wiederholte sie das Wort etwas lauter, fester. Ja.
„Eine kluge Entscheidung.“
Für einen Moment verhärteten sich ihre Gesichtszüge. „Meine Leute dürfen nichts davon erfahren.“
Wenn jemand von ihren eigenen Leuten mit der Sache zu tun hatte, durfte keiner von ihnen wissen, dass er ihr als zusätzlicher Leibwächter zur Seite stand.
„Also halten wir uns an den ursprünglichen Plan, einverstanden?“
Ihre Augen funkelten. Dann hob sie das Kinn und nickte. „Wenn es nicht anders geht, ja.“
Er grinste. Da war sie wieder, die alte Veronica. „Wir fangen am besten heute Nacht an.“
Sie schlang die Arme um den Oberkörper. Jetzt war sie wieder das verletzliche, schüchterne Mädchen.
Beruhigend legte er die Hand auf ihre Schulter. „Sie können mir vertrauen. Ich werde nicht zulassen, dass Ihnen etwas passiert.“
„Ich weiß“, sagte sie seufzend.
Plötzlich gingen sämtliche Lichter an. Veronica schlug die Hand vor die Augen. Blinzelnd ging Raj zum Lichtschalter, und sofort war das Zimmer wieder in den Schein der Kerzen getaucht. Dann knipste er die Deckenlampe an, während sie die Kerzen ausblies.
Sie schaute ihn skeptisch an. „Vielleicht hätten wir die Kerzen brennen lassen sollen. Das war wesentlich romantischer.“
Jemand klopfte an die Tür, und sie fuhr erschrocken zusammen.
Raj ging zur Tür und spähte durch den Spion. Als er sah, dass es Brady war, öffnete er.
„Wo ist sie?“
Raj ließ ihn vorbei. „Sie ist hier.“
Brady lief zu ihr und umarmte sie ungestüm. „Ich bin so froh, dass du wohlauf bist.“
Verlegen strich sie den Pyjama glatt. Vermutlich war es ihr peinlich, dass Brady sie mit einem Mann antraf und sie allem Anschein nach gerade aus dem Bett kamen.
„Alles in bester Ordnung.“
Nervös fuhr Brady sich mit der Hand durchs Haar. Er war nur etwas kleiner als Raj und von schlanker Statur. Dass er schon älter war, sah man lediglich an seinen leicht ergrauten Schläfen.
Liebevoll nahm er ihre Hand und führte sie zu den Lippen. Der eifersüchtige Stich, den Raj in seinem Herzen spürte, gefiel ihm gar nicht.
„Ich musste einen Anruf erledigen“, erklärte Brady, „als plötzlich die Lichter ausgingen. Ich hatte gehofft, dass Raj dich in Sicherheit gebracht hätte, aber als ich zum ersten Mal an die Tür geklopft habe, war niemand da.“
„Wir … wir waren woanders.“ Sie wich seinem Blick aus. „Aber mir geht es gut. Raj ist ein sehr guter Bodyguard.“
„Dein alter Bodyguard war es jedenfalls nicht“, sagte Brady grimmig.
Leicht verärgert entzog Veronica ihm die Hand und verschränkte die Arme vor der Brust. „Also hast du gewusst, dass Raj ihn auf die Probe gestellt hat?“
„Ich stelle seine Methoden niemals infrage“, gab Brady zurück. „Er hat mich noch nie enttäuscht.“
Veronica gab ihm einen leichten Klaps auf die Schulter. Wie eine Schwester es bei einem Bruder machen würde.
„Das ist dafür, dass du mich nicht eingeweiht hast.“ Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen, auch wenn ihr Tonfall nicht so scharf war, wie Raj erwartet hatte.
Trotzdem stand Brady wie ein begossener Pudel da.
Armer Brady. Sein schmachtender Blick sprach Bände – offensichtlich wollte er von Veronica mehr als nur Freundschaft, hatte sich aber damit abgefunden, dass sie ihm nicht mehr entgegenbrachte.
Frauen wie sie haben immer diese Wirkung, dachte Raj
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