Julia Extra Band 356 - Ebook
Badeanzug würde viel zu viel preisgeben – die leichte Wölbung ihres Bauchs, die pralleren Brüste … Da könnte sie sich genauso mit einem Tusch präsentieren und laut verkünden: Rate mal, was mir passiert ist!
Hastig ließ sie sich zurück ins Wasser gleiten und deutete auf ihr Badetuch, das auf einer der hölzernen Sonnenliegen lag. „Reichst du es mir – bitte?“ Zu dem „bitte“ musste sie sich zwingen. Es war so offensichtlich, dass Carlos den Mund verzog.
„Ist es nicht etwas spät für Schüchternheit, querida ? In unserer gemeinsamen Nacht habe ich sehr viel mehr von dir zu sehen bekommen.“
Trotzdem griff er nach dem Handtuch und warf es ihr zu. Nur im letzten Augenblick fing Martha es auf, bevor es im Wasser landete. Es war nicht einfach, die Leiter emporzuklettern und sich gleichzeitig in das Handtuch zu wickeln. Sie mühte sich ab, um wenigstens einen Rest an Würde zu wahren. Es half auch nicht, dass sie an die Nacht in dem Hotelzimmer denken musste. Sie hatte nicht nur ihre Unschuld verloren, sondern auch ihren Stolz und ein Stückchen ihrer Seele, als er sie nach dem Liebesspiel allein zurückgelassen hatte. Es war so viel schlimmer gewesen, hatte sie so viel mehr verletzt als Gavins Betrug. Wenn sie daran dachte, dass sie geglaubt hatte, sie hätte sich selbst gefunden, hätte die neue Martha Jones gefunden, stieg bittere Galle in ihr auf. Sie wickelte das Handtuch so eng um sich, dass es ihr in die Haut schnitt.
„Wir hatten Sex.“ Mit hoch erhobenem Kopf stapfte sie auf ihn zu. „Mehr nicht. Wir haben nicht einmal eine ganze Nacht miteinander verbracht.“
„Und wessen Entscheidung war das?“ Mit vor der Brust verschränkten Armen funkelte Carlos sie an.
Die Frage ließ sie abrupt stehen bleiben. „Du behauptest aber auch nicht, dass ich hätte bleiben sollen.“
„Auf jeden Fall hatte ich nicht damit gerechnet, dass du sofort aus dem Bett springst und dich aus dem Staub machst.“
„Bleiben deine Eroberungen normalerweise brav sitzen, wenn du gehst, nachdem du gerade von dir gegeben hast, was für ein Fehler die ganze Sache war? Tut mir leid, wenn ich nicht deinem Standard entspreche. Ich habe ja auch noch nicht viel Erfahrung, schließlich war es das erste Mal für mich.“
Damit hatte sie einen wunden Punkt getroffen, sie konnte es sehen. Er zuckte tatsächlich zusammen. Es verlieh ihr ein grimmiges Triumphgefühl.
„So war das nie gemeint“, gab er zurück. „Du warst wunderbar. Wie könnte ich je bedauern, mit dir geschlafen zu haben? Aber so hätte es nicht passieren dürfen, gerade weil es dein erstes Mal war.“
„Und als es dir klar wurde, konntest du nicht schnell genug wegkommen. Und wolltest mich nie wieder sehen.“
„Zumindest hatte ich nicht erwartet, dich in Javiers Haus anzutreffen.“
„Damit meinst du wohl, du hättest nicht erwartet, dass ich mich hier einschmeichle?“, fauchte sie. „Zu deiner Information, Señor Ortega – oder Diablo … dein Großvater hat mir einen Job gegeben. Ich bin hier als seine Pflegerin, weil ja niemand sonst da ist, der sich um ihn kümmert.“
Mit der Bemerkung landete sie einen weiteren Treffer. Carlos runzelte so düster die Stirn, dass Martha unwillkürlich einen Schritt zurückwich. Sie nahm sich zusammen und blieb stehen, zwang sich, ihm direkt in die Augen zu sehen.
„Habe ich das so zu verstehen, dass es deiner Ansicht nach meine Aufgabe gewesen wäre?“
„Wem der Schuh passt, der zieht ihn sich an“, parierte sie schnippisch, auch wenn sich Unsicherheit in ihre Stimme schlich.
Bei ihren Worten hatte seine Miene sich schlagartig verändert, seine grünen Augen waren dunkel geworden, doch es war nicht unbedingt Wut, die das bewirkt hatte. Zwar verstand Martha nicht, was es war, aber der Instinkt sagte ihr, dass sie sich hier auf ein Gebiet begeben hatte, vor dem andere zurückschreckten. Sie hatte das Gefühl, die Büchse der Pandora geöffnet zu haben.
„Ich hätte mich um ihn gekümmert, wenn er mich gelassen hätte!“, fuhr Carlos auf. „Wenn er mich hätte wissen lassen, wie sehr sich sein Zustand verschlechtert hat. Stattdessen musste ich darauf warten, herzitiert zu werden. Als ich ihn in dem Stuhl sah …“
Er brauchte den Satz nicht zu Ende zu sprechen. Dass er jäh blass wurde, sagte deutlicher als jedes Wort, wie sehr es ihn schockiert hatte.
„Du hast es nicht gewusst?“
„Glaubst du, ich hätte ihn hier allein gelassen, wenn ich es gewusst hätte?“ Seine raue Stimme
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