Julia Extra Band 357
um sie so verführerisch zu küssen, dass Ruby sofort schwach wurde.
In einem Anflug von Wagemut schlug sie die Decke zurück. „Du könntest dich auch ausruhen“, schlug sie vor.
„In einer Viertelstunde muss ich zu einer Besprechung am anderen Ende der Stadt sein.“ Raja stöhnte, bevor er sie noch einmal küsste. Verlangend betrachtete er sie und stand schließlich widerstrebend auf. „Wir sehen uns heute Nachmittag. Dann können wir die Papiere durchgehen, die wir für die Adoption einreichen müssen.“
Raja findet mich sehr attraktiv, tröstete Ruby sich. Es war keine Liebe, sondern Lust, aber es gab unzählige Ehen, die auf weniger gründeten. Dass sie ein Kind von ihm erwartete, schien ihn nicht besonders überrascht zu haben, aber er war der Typ, der jede Herausforderung annahm. Vielleicht würde er sie irgendwann aus Gewohnheit lieben. Brauchte sie überhaupt Gedichte und Zärtlichkeiten? Viel schlimmer wäre es gewesen, wenn sie sich in einen Mann verliebt hätte, der unerreichbar für sie war. Sie war mit einem überaus attraktiven, verführerischen, aufregenden Mann verheiratet und hatte nichts Besseres zu tun, als sich selbst zu bemitleiden. Gehörte sie womöglich zu den Menschen, die sich immer mehr wünschten, als sie haben konnten?
Ruby war eingenickt, als irgendwo in der Nähe ein Handy zu klingeln begann. Als sie die Augen öffnete und den Kopf hob, entdeckte sie zu ihrer Überraschung Rajas Smartphone auf der Bettdecke. Er musste es beim Küssen verloren haben. Als sie es in die Hand nahm, fiel ihr Blick sofort auf das Foto der attraktiven Blondine.
Sie verspürte keine Gewissensbisse, als sie das Menü aufrief und feststellte, dass eine Frau namens Chloe ihm mehrere erotische Botschaften geschickt hatte. Offenbar handelte es sich um seine Geliebte, eine Frau, die mit ihm das Bett teilte. Schockiert las Ruby die Nachrichten noch einmal. Dieses Miststück, dachte sie wütend, entsetzt über den anzüglichen Inhalt. Eigentlich brauchte Raja so etwas nicht, doch die Texte waren alle nach der Hochzeit eingegangen. Sie rief die gesendeten Nachrichten auf. Falls er Chloe geantwortet hatte, war er offenbar so schlau gewesen, die Nachrichten anschließend zu löschen.
Also, wer war diese Chloe? Seine letzte Freundin? Und warum hatte er ihr nicht gesagt, sie solle ihn in Ruhe lassen? Warum hatte er ihr nicht klargemacht, dass es vorbei war? Er hatte ihr, Ruby, versichert, dass er treu sein und es keine andere Frau in seinem Leben geben würde, solange er mit ihr verheiratet war. Ihre anfängliche Benommenheit legte sich, als ihr das ganze Ausmaß bewusst wurde …
10. KAPITEL
Für eine Weile war Ruby so aufgewühlt, dass sie kaum einen klaren Gedanken fassen konnte. Sie war schon vorher von einigen Partnern betrogen worden, allerdings nur, weil sie nicht mit ihnen geschlafen hatte. Und noch nie hatte es so wehgetan, dass sie am liebsten geschrien, geweint und getobt hätte.
Sie hatte Raja instinktiv vertraut – aber warum? Wieder betrachtete sie das Foto. Chloe war eine außergewöhnlich schöne Frau. Nur wenige Männer hätten sich verpflichtet gefühlt, jemanden wie sie fallen zu lassen, weil sie eine Zweckehe eingegangen waren. Und aus welchem Grund hätte Raja ihr, Ruby, diesen Gefallen tun sollen, wenn er sie nicht liebte?
Ich hatte das Gefühl, in der Falle zu sitzen. Ich wollte keine Frau, die andere für mich aussuchen. Die Neuigkeit, dass sie ein Baby erwartete, war offenbar so ein Schock für ihn gewesen, dass Raja schließlich entschieden hatte, ehrlich zu ihr zu sein und ihr seine Gefühle zu schildern. Während sie ihren Groll und ihre schlechte Laune an ihm ausgelassen hatte, hatte er still gelitten, statt zuzugeben, dass er genauso empfand. Und diese Erkenntnis hatte sie zutiefst verletzt. Wollte er seine Affäre mit Chloe weiterführen, während er den treu sorgenden Ehemann spielte? Würde er sich mit Chloe trösten und bei ihr Ablenkung von seinen zahlreichen Pflichten suchen?
Wenn er zwei Kinder hatte, würde Raja kaum häuslicher werden. Wahrscheinlich würde er sich noch mehr wie ein Gefangener fühlen. Die Verantwortung für eine Familie und alles, was dazugehörte, würden nicht mit den Verlockungen einer Geliebten, die ihm erotische Textnachrichten schickte, konkurrieren können.
Ruby war am Boden zerstört. Sie hatte begriffen, was Raja damit gemeint hatte, dass sie sich erst als Paar kennenlernen mussten, bevor sie mit dem Gedanken spielten, Eltern zu werden.
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