Julia Extra Band 358
mein Versprechen gehalten, bis zur Schwelle und nicht weiter.“ Er lachte, warf ihr eine Kusshand zu und ging.
Alyssa blickte ihm nach, unfähig sich zu bewegen – sein Kuss brannte noch auf ihren Lippen.
Den Fuß schon auf der Treppe, drehte sich Lysander noch einmal um. Sein Lächeln sagte Alyssa alles, was sie wissen wollte. Es übermittelte ihr dieselbe leidenschaftliche Botschaft wie seine Umarmung.
Alles in ihr sehnte sich danach, Lysander zurückzurufen, ihm noch näher zu kommen – ganz nah.
Doch ihr fehlte der Mut, der Stimme ihres Herzens zu folgen.
3. KAPITEL
Am folgenden Morgen, ihrem ersten offiziellen Arbeitstag, hatte Alyssa gerade ihre Mitarbeiterinnen zu einer Konferenz zusammengerufen, als Lysander plötzlich in der Tür stand. Ohne sich ihre Befangenheit anmerken zu lassen, unterbrach Alyssa ihre Rede und wartete ab, was Lysander zu sagen hatte. In knappen Sätzen und sachlichem Ton informierte er sie über den bevorstehenden Rückflug nach Rosara. In einigen Tagen, sobald alles organisiert war, wollte er mit ihr, Ra’id und seinem gesamten Gefolge wieder in seine Heimat zurückkehren.
Der Prinz lächelte Alyssa an, nickte den anderen Anwesenden kurz zu und war auch schon wieder verschwunden.
Von widerstreitenden Gefühlen geplagt, versuchte Alyssa, sich wieder auf die Besprechung zu konzentrieren. Gestern Abend Lysanders Charme erlegen zu sein, hatte fatale Folgen. Seine Küsse hatten ein Begehren in ihr entfacht, das sich nicht mehr kontrollieren ließ.
Sie dankte ihrem Schicksal, schließlich doch noch die Kraft gefunden zu haben, Lysanders Verführungskünsten zu widerstehen. Wäre ihr das nicht gelungen, würden Reue und Scham sie jetzt verzweifeln lassen. Die Wunden, die nach den bitteren Erfahrungen mit Jerry kaum verheilt waren, wären wieder aufgerissen und ihre traumatischen Erinnerungen hätten ihr erneut das Leben zur Hölle gemacht.
Während der folgenden Tage sah Alyssa Lysander nur flüchtig, da er mit der Organisation der Rückreise beschäftigt war. Sein Versprechen, mit Ra’id Tee zu trinken, hielt er jedoch, auch wenn er meistens nur für eine Viertelstunde blieb.
Damit die beiden sich ungestört aneinander gewöhnen konnten, zog Alyssa sich dann immer in den Nebenraum zurück. Das hinderte sie allerdings nicht daran, Lysander verstohlen zu beobachten – aus rein beruflichem Interesse, wie sie sich einredete. Jedes Mal, wenn er sie ansprach, musste sie dennoch erröten, worüber sie sich maßlos ärgerte.
Glücklicherweise traf sie ihn fast nur zur Teestunde, und ihre Zeit war damit ausgefüllt, einen Tagesplan zu entwickeln, der Ra’id Sicherheit und Halt gab. Da sie darüber hinaus auch noch das Packen von Ra’ids Sachen überwachen musste, fand sie kaum Gelegenheit zum Grübeln.
Der kleine Prinz wuchs ihr von Tag zu Tag mehr ans Herz. Begeistert erzählte er ihr von seiner Heimat, was die Beziehung zwischen ihnen weiter vertiefte. Er malte ihr Bilder, um ihr seine Ponys zu zeigen, und schilderte ihr Rosara in den glühendsten Farben.
Ihr Leben hätte schöner nicht sein können – wenn da nicht Lysander und der Transatlantikflug gewesen wären …
In der Nacht vor der Abreise fiel Alyssa erst in den Morgenstunden in einen unruhigen Schlummer. Bis tief in die Nacht war sie damit beschäftigt gewesen, für Ra’id einen Spielzeugkoffer zusammenzustellen, damit er während der langen Stunden im Jet Beschäftigung hatte. Es lag jedoch nicht am Reisefieber, sondern an ihrer ausgeprägten Flugangst, dass sie keinen Schlaf finden konnte.
Als der Wecker klingelte, fühlte Alyssa sich wie gerädert, während Ra’id vor lauter Aufregung kaum zu bändigen war. Dennoch ließ sie ihm nichts durchgehen und bestand auf einem ausgiebigen Frühstück, auch wenn ihr schon beim bloßen Anblick des Essens übel wurde.
Als sie mit Ra’id zur Treppe ging, hörte sie Lysander die letzten Anweisungen geben. Alyssa war noch auf der letzten Stufe, als er ihnen schon entgegenkam und Ra’id und sie begrüßte. Kritisch sah er sie an.
„Stimmt irgendetwas nicht?“, erkundigte er sich besorgt.
„Nein, ganz im Gegenteil, mir geht es ausgezeichnet, denn Ra’id und ich sind uns über die Reisevorbereitungen ein gutes Stück nähergekommen.“
„Trotzdem wirkst du bedrückt.“ Er senkte die Stimme noch weiter. „Wenn es dich belastet, was an deinem ersten Abend hier passiert ist, dann …“
Alyssa wusste, wären sie jetzt allein gewesen, er hätte sie bestimmt in
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