Julia Extra Band 358
unter Beweis gestellt und für Frieden gesorgt.
Jetzt hatte er wieder Zeit für sich. Nachtleben, Bars und Clubs stellten jedoch für ihn keine Versuchung mehr dar. Rückblickend erschien ihm sein altes Leben oberflächlich und sinnlos, jetzt kannte er seine Lebensziele.
Um diese zu verwirklichen, fehlte nur noch eine bestimmte Frau. Um sie an seine Seite zu holen, würde er sofort nach England fliegen.
Und so machte er sich auf, um Alyssa zu finden.
Es war schon spät. Alyssa kam aus dem Bad und frottierte sich im Gehen das Haar. Die vergangene Woche war die schlimmste ihres Lebens gewesen. Sosehr sie sich auch bemüht hatte, Lysanders Küsse im Mondschein zu vergessen, es wollte ihr nicht gelingen. So ausgiebig sie gerade auch geduscht hatte, alles Wasser der Welt konnte die Erinnerungen an Lysander nicht fortspülen.
Er hatte ihr das Paradies gezeigt und sie dann grausam daraus verstoßen. Eiskalte Verachtung war alles, was er für sie fühlte. Wie geschickt er das hinter verständnisvollen Worten und einfühlsamen Zärtlichkeiten verborgen hatte! Erst aufgrund der politischen Ereignisse hatte er seine Maske fallen lassen.
Ohne das Licht einzuschalten, ging sie in ihr Wohnzimmer. Obwohl sie zum Umfallen müde war, legte sie sich nicht sofort ins Bett. Eine innere Unruhe trieb sie zum Fenster. Die Vorhänge hatten sich bereits automatisch geschlossen, Alyssa öffnete sie wieder und blickte in den Garten.
Alles lag im Dunkeln. Kein einziges Licht war zu sehen, so abgeschieden lag Combe House. Langsam jedoch gewöhnten sich ihre Augen an die Finsternis, und sie konnte die Umrisse der alten Eichen am Horizont ausmachen. Plötzlich tauchte ein Licht am ansonsten tiefschwarzen Himmel auf. War das bereits der Morgenstern, die Venus?
Venus, die Göttin der Liebe, die ihr, Alyssa Dene, anscheinend nicht besonders hold war. In der Vergangenheit hatte sie ihr kein Glück beschert, und die Zukunft sollte noch schwerer werden: Aus nächster Nähe würde sie miterleben müssen, wie Lysander sein Leben mit einer anderen teilte. Doch eine Kündigung stand für sie nicht zur Debatte, sie brachte es einfach nicht übers Herz, Ra’id im Stich zu lassen.
Sie liebte ihren kleinen Schützling, der dieser Prinzessin Peronelle nicht viel zu bedeuten schien. War Peronelle erst Königin von Rosara, würde das kaum besser werden, ganz im Gegenteil. Alyssa fühlte sich an die böse Stiefmutter im Märchen erinnert und ließ ihrer Fantasie die Zügel schießen.
Die eitle Prinzessin Peronelle würde Lysander allein für sich beanspruchen. Mit den Mitteln einer intriganten Frau würde sie dafür sorgen, dass der kleine Ra’id das Glück des frisch vermählten Paars nicht störte. Alyssa schauderte, als sie nur daran dachte.
Aber schnell rief sie sich wieder zur Ordnung. Sie kannte die Prinzessin überhaupt nicht und musste fair bleiben, vielleicht würde sich Peronelle ja doch zu einer passablen Stiefmutter entwickeln. Sie würde es auf jeden Fall erfahren, denn es gab einen zweiten Grund, weshalb sie Ra’id nicht im Stich lassen würde. Lysander hatte ihr Ra’id anvertraut, und dieses Vertrauen würde sie nicht verraten.
Was sonst auch geschehen sein mochte, ihrer Arbeit hatte Lysander stets höchste Anerkennung gezollt. Er war überzeugt gewesen, für Ra’id genau das bekommen zu haben, was er auch gewollt hatte, nämlich die beste Nanny der Welt.
Lysander würde die hohe Meinung, die er von ihr als Erzieherin hatte, nicht ändern – vorausgesetzt, sie bewahrte Haltung. Sollte sie jedoch ihre Gefühle offen zur Schau tragen, weinerlich werden oder ihm Vorwürfe machen, würde er den Respekt vor ihr verlieren. Das wäre das Ende ihres Selbstwertgefühls.
Während sie diesen Gedanken nachhing, schien das Licht am Himmel, das sie für den Morgenstern gehalten hatte, ständig näher zu kommen. Sie ging auf den Balkon, um es besser beobachten zu können.
Jetzt sah sie nicht nur ein Licht, sondern hörte auch Geräusche – die Motorengeräusche eines Flugzeugs.
Urplötzlich flammten alle Lampen und Scheinwerfer auf dem gesamten Grundstück auf und rissen Combe House gewaltsam aus dem Dornröschenschlaf. Grelles Flutlicht markierte die Landebahn, und als die Maschine die Erde berührte, glänzte das königliche blau-gelbe Wappen für jeden sichtbar auf. Hier kam nicht irgendwer, sondern der regierende Prinz von Rosara.
Eine ganze Weile war Alyssa zu keiner Bewegung fähig, so überwältigt war sie. Lysander war
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