Julia Extra Band 358
einige Stunden vor den Chinesen dort eintreffen. Damit bleibt uns genügend Zeit, ihnen einen angemessenen Empfang zu bereiten.“
„Ich dachte da an ein formelles Bankett, zu dem auch die Hoteleigner eingeladen werden. Sie haben erwähnt, dass Wei Wong Zhang auch in die chinesische Tourismusbranche einzusteigen gedenkt.“
„Noch etwas?“
„Seine Frau heißt Wu Ying, wie Sie ja wissen. Ying bedeutet im Chinesischen Wasserblume. Mit diesem Wissen im Hinterkopf würde ich gern entsprechende Blumen für die Suite bestellen. Es sollte als Kompliment verstanden werden und …“
„… und es ist eine weitere subtile Möglichkeit, ihnen zu zeigen, dass wir uns auf chinesische Verhandlungsmodalitäten verstehen“, schloss Vasilii.
„Genau. Gestern habe ich im Internet noch ein wenig über die Familie recherchiert. Wei Wong Zhang beispielsweise ist für seinen höchst kultivierten Geschmack bekannt. Seine Ausbildung ist erstklassig, und er ist viel in Amerika herumgereist, wobei Wu Ying zu Hause blieb und die gemeinsame Tochter großzog. Falls an den Gerüchten was dran sein sollte, hat er Wu Ying schließlich dazu gezwungen, seinen Sohn Gang Li – den er mit einer amerikanisch-chinesischen Geliebten gezeugt hatte – im Kreis der Familie zu akzeptieren. Man gab ihm den Status eines Neffen.“
Sie runzelte die Stirn. „Oberflächlich betrachtet hat Wu Yin in dieser Ehe wenig zu sagen. Und Gang Li wird nicht nur als Nachfolger für die Firma gehandelt, wie Sie ja schon sagten, er hat auch jetzt schon großen Einfluss. Wu Ying ist ihrerseits mit Mitgliedern aus höchsten Regierungskreisen verwandt, die äußerst mächtig sind. Deshalb dürfte sie für Wei Wong Zhangs Geschäfte ebenso wichtig und unentbehrlich sein wie Gang Li. Meiner Meinung nach sollte man ihr und ihrer Rolle den nötigen Respekt zollen. Wenn Sie allerdings noch andere Informationen haben, die dem widersprechen und die ich bisher …“
„Nein, habe ich nicht.“ Sein Tonfall verriet nicht, wie sehr ihn Lauras Einschätzung und Interpretation der Sachlage beeindruckte. Sie hatte zweifellos ein gutes Gespür für Menschen.
Gerade wollte er eine möglichst beiläufige Bemerkung darüber machen, als plötzlich Turbulenzen den Jet ruckartig absacken ließen. Die Unterlagen rutschten Laura vom Schoß, und als sie sich vorbeugte, um sie aufzuheben, kam auch schon das nächste Luftloch. Durch die Erschütterung wurde Laura in Vasiliis Richtung geworfen.
Instinktiv griff sie nach irgendetwas, an dem sie sich festhalten konnte, und erwischte dabei seinen Arm und seinen Oberschenkel. Der nächste Ruck beförderte sie quer auf seinen Schoß, wobei ihr Gesicht hart an seine Schulter gepresst wurde.
Die Erregung traf ihn wie ein Blitz und nahm ganz und gar Besitz von ihm. Entsetzt stellte er fest, wie korrupt sein männlicher Körper auf die unerwartete Nähe zu dieser Frau reagierte. Ausgerechnet Laura Westcotte! Aber es nützte nichts, das Verlangen durchflutete ihn wie heiße Lava, und er konnte absolut nichts dagegen tun. Er war im Sturm erobert worden!
Seine Sinne waren plötzlich geschärft. Er spürte Lauras heißen Atem durch den dünnen Stoff seines Hemds, wie er seine Haut wärmte und an den feinen Härchen kitzelte. Ihre weichen Locken streiften sein Kinn, und er hatte das Bedürfnis, eine Hand auf ihren Kopf zu legen und ihr weiches Haar zu streicheln. Dann wollte er ihr Gesicht zu sich drehen, damit er ihren weichen Mund küssen konnte.
Diese Vorstellung löste eine neue Welle der Erregung in Vasilii aus, dieses Mal um einiges ungezügelter und archaischer. Seine ungehemmte Gier hatte nichts mehr mit zivilisiertem Benehmen zu tun, sondern war rein instinktgesteuert.
Manchmal passierten Dinge im Leben, unerwartete Dinge, die alles veränderten. Sie stellten die Welt auf den Kopf und zerstörten mit einem Schlag alles, was man zuvor für selbstverständlich gehalten hatte.
Der Tod seiner Mutter war so ein Ereignis gewesen. Der Unfall seines Vaters und seiner Stiefmutter ein weiteres. Und heute passierte wieder etwas Einschneidendes, nämlich der unerwartete Verlust seiner Selbstkontrolle. Das war ein Schock für Vasilii, denn er spürte, dass es kein Zurück mehr geben würde. Er war schlichtweg nicht so kühl und unnahbar, wie er geglaubt hatte.
Sein Verstand und sein Körper standen in einem heftigen Konflikt. Vasilii begehrte Laura mehr, als er jemals für möglich gehalten hätte. Er versuchte, dagegen anzukämpfen, und trotzdem
Weitere Kostenlose Bücher