Julia Extra Band 358
sein mochte, es schien ihr, als würde sie ihn verlieren.
Als der Aufzug ruckelnd hielt, trat Daniel einen Schritt vor und blickte sie herausfordernd an, doch sie hob trotzig das Kinn. Daraufhin umfasste er ihre Taille und hob sie kurzerhand hoch, um sie an der Rückwand abzusetzen.
„Du kannst mir nicht ewig aus dem Weg gehen!“
Seltsamerweise ließ sich die Tür auf Anhieb öffnen. Kaum stand Daniel im Flur, drehte er sich um und zog sie wieder zu.
„Was soll das?“, rief Jo.
Dann langte er durch die Gittertür, um auf den Knopf fürs Erdgeschoss zu drücken.
Dieser Mistkerl! Sie würde ihm den Hals umdrehen!
Wäre er in besserer Stimmung gewesen, hätte er laut über Jos Gesichtsausdruck gelacht. Doch Daniel wandte sich ab und ging weg. Der Klang ihrer Stimme ließ ihn jedoch wieder stehen bleiben.
„Von mir aus kannst du noch die nächsten fünfzig Jahre einen großen Bogen um mich machen.“ Als Jo dann fortfuhr, hörte er etwas aus ihren Worten heraus, das neu für ihn war. „Ich verstehe sehr gut, dass du nicht darüber reden willst. Aber ich werde das Thema nie wieder anschneiden, Verlass dich drauf.“
Daniel atmete tief durch. Es waren nicht ihre Worte, die etwas bei ihm bewirkten, sondern ihr beinah … gekränkter Unterton.
Kopfschüttelnd ging er dann zu seiner Wohnungstür. Jahrelang hatten sie sich einen Schlagabtausch nach dem anderen geliefert, und nun hatte Jo mit wenigen ruhigen Worten ins Schwarze getroffen?
Er hatte sich auf einiges gefasst gemacht. Stattdessen hatte sie genauso reagiert, wie er es sich eigentlich hätte denken können. Sie hatte es nicht nur auf den Punkt gebracht und ihm den Kopf zurechtgerückt, sondern ihm eine Breitseite verpasst, weil er sie für etwas bestrafte, wofür sie nichts konnte. Es waren ihr verletzter Unterton und seine Schuldgefühle, die tief blicken ließen, was ihr Verhältnis zueinander anging.
Nachdem Daniel die Tür hinter sich geschlossen hatte, fiel sein Blick auf den Gegenstand auf dem Küchentresen.
Als Jo die Treppe heraufkam, lehnte er lässig am Türrahmen und schwenkte diesen Gegenstand am Finger. Aus den Augenwinkeln beobachtete er, wie sie ihn erst wütend anfunkelte und dann auf ihn zukam und vor ihm stehen blieb.
„Ist das mein Becher?“
Er schwenkte ihn stärker. „Ja.“
„Ich hasse dich.“
„Ich weiß.“
Kurzerhand entriss sie ihm den Becher, schloss die Tür auf und knallte sie wieder zu, nachdem sie ihr Apartment betreten hatte. Daniel blieb stehen und zählte im Stillen: vier, drei, zwei …
Die Tür flog wieder auf.
„Weißt du, was ich am schlimmsten finde?“, rief Jo. „Dass du mich derart auf die Palme bringen kannst.“
Er nickte. „Das ist ein besonderes Talent.“
„Normalerweise bin ich so gelassen wie die Buddhisten. Aber du … du bringst mich wirklich zur Weißglut.“ Sie machte eine lebhafte Geste. „Und deine coole Fassade nervt mich mehr als alles andere, zumal ich jetzt weiß, dass alles nur Schein ist.“ Erstaunt sah sie ihn an, als seine Mundwinkel zuckten. „Was? Du lächelst, nachdem ich dir gerade erzählt habe, dass ich dich durchschaue?“
„Das bezweifle ich.“
Hätte sie ihn durchschaut, hätte sie gewusst, dass er daran dachte, wie schön sie war, wenn sie wütend war. Bisher hatte er es immer für ein Klischee gehalten, doch auf Jo traf es zu. Bis zu diesem Moment hatte er ihr leidenschaftliches Naturell nur erahnt, und er begehrte sie jetzt umso mehr.
„Tu das nicht“, warnte sie ihn.
Daniel lächelte noch breiter. „Was? Mit dem Gedanken spielen, zu dir zu gehen, damit wir uns wieder vertragen können?“
„So eine Beziehung haben wir nicht.“
„ Hatten wir nicht“, verbesserte er sie.
„Dass wir versucht haben, Freunde zu werden, bedeutet noch lange nicht …“
„So nennst du das also?“ War sie wirklich so naiv? „Heißt das, du hast noch nicht mit dem Gedanken gespielt?“
„Wovon reden wir eigentlich?“
„Ich glaube, das weißt du.“
„Du meinst Sex.“ Stirnrunzelnd hielt Jo den Blick auf seine Brust gerichtet. „Nein, habe ich noch nicht. Du etwa?“
Daniel kniff die Augen zusammen. „Ich bin ein Mann. Natürlich ist es mir schon in den Sinn gekommen.“ Betont lässig zuckte er die Schultern, damit sie nicht merkte, dass es ihn schon anmachte, darüber zu reden. „Ich glaube, zwei Menschen, zwischen denen es so knistert, könnten fantastischen Sex haben. Findest du nicht?“
„Ja … Nein … Ich meine, ich kenne mich
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