Julia Extra Band 358
vielversprechende Affäre einzugehen. Und sollte Gang Li die Möglichkeit bekommen, würde er Laura heute Nacht sicherlich mit auf sein Zimmer nehmen.
Diese Vorstellung löste eine neue Welle der Wut in Vasilii aus. Kein Wunder, schließlich standen wichtige Verhandlungen auf dem Spiel, die durch eine solche Irritation problematisch werden könnten. Außerdem war es Vasilii als treu sorgender Stiefbruder gewohnt, sich um eine junge Frau Sorgen zu machen. Eine Gewohnheit. Eine ganz natürliche Reaktion, die nichts mit Laura als Person zu tun hatte.
Es wurde ein langer Abend, und Laura war heilfroh, als die Chinesen sich endlich zur Nacht verabschiedeten. Erschöpft folgte sie Vasilii in ihre gemeinsame Suite. Vasilii dagegen wirkte frisch und souverän wie eh und je.
„Wei Wong Zhang lässt sich nicht wirklich in die Karten blicken, aber ich hatte den Eindruck, ihm gefiel der Abend ausgesprochen gut“, sagte sie zu Vasilii.
„Gang Li war auf jeden Fall von Ihnen beeindruckt“, brummte er.
Dieser unerwartete Kommentar klang wie ein Vorwurf. Dabei hatte Laura es gehasst, wie unverschämt der Chinese sie mit seinen Blicken traktiert hatte. Sie hatte sich unsicher und verwundbar gefühlt. Ihr fehlte die Erfahrung in sexuellen Dingen, um sich gegen einen solch subtilen Übergriff zur Wehr zu setzen.
Bei der förmlichen Verabschiedung nach dem offiziellen Dinner nutzte Gang Li die Gelegenheit aus und kam Laura ganz bewusst besonders nah, sodass sein Handrücken ihre Brust gestreift hätte, wäre sie ihm nicht geschickt ausgewichen. Sie fühlte sich schrecklich unwohl in ihrer Haut. Das makellose Äußere ihrer Businessgarderobe ließ nicht vermuten, wie hilflos Laura sich eigentlich fühlte.
In den vergangenen Jahren hatte ihr Mentor John derart unerwünschte Aufmerksamkeiten von ihr ferngehalten. Und außer ihrem Jugendschwarm Vasilii konnte ihr bisher ohnehin kein Mann wirklich gefährlich werden. Da spielte es überhaupt keine Rolle, dass sie noch Jungfrau war. Vermutlich hatte das weniger mit Vasilii zu tun als mit der Tatsache, dass sie einfach noch nicht den richtigen Mann getroffen hatte.
Ein winziger Teil von ihr glaubte allerdings, Vasilii selbst könnte tatsächlich dieser Mann sein. Nein! In diese Richtung durfte sie gar nicht erst denken. Das beschwor nur beunruhigende Gefühle herauf. Laura wollte weder an ihre Unschuld noch an Vasilii denken. Ihr wurde heiß und kalt, wenn sie sich durch den Kopf gehen ließ, in was für Fantasien sie sich damals hineingesteigert hatte.
Neugierig beobachtete Vasilii den angespannten Ausdruck, der sich auf ihr Gesicht legte. „Ihrer Reaktion entnehme ich, dass Ihnen sein Interesse unangenehm ist, richtig?“
Warum fragte er sie das eigentlich? Vasilii wusste es selbst nicht. Wenn er nicht vorsichtig war, könnte sie noch auf den Gedanken kommen, ihm läge etwas an ihr. Bloß nicht!
Das musste dringend klargestellt werden, fand er. „Ich frage nur, weil es uns in enorme Schwierigkeiten bringen würde, sollten Sie ihm irgendwelche Hoffnungen machen“, erklärte er umständlich. „Immerhin ist er verheiratet.“
„Ich habe nicht die Absicht, ihn zu ermutigen“, verteidigte sie sich vehement. „Nicht ihn und niemanden sonst, mit dem ich beruflich zu tun habe“, fügte Laura etwas ruhiger hinzu. „Ich weiß zwar, wie Sie über mich denken, aber ich hatte nie etwas mit John.“
„Das sagen Sie.“
„Und es stimmt.“
Wozu verteidige ich mich hier eigentlich? überlegte sie frustriert. Kann mir doch egal sein, wie er mich findet.
Vasilii bewegte sich fast lautlos durch den Raum, während sie miteinander sprachen, was Laura allmählich an den Nerven zerrte. Sie konnte den Blick einfach nicht von seiner schönen, kraftvollen Erscheinung losreißen.
An diesem Abend ging Laura mit der Erinnerung an den unbeabsichtigten Körperkontakt zu Bett, der sie im Flugzeug so aus der Fassung gebracht hatte. Die Sehnsucht nach den verbotenen Berührungen hielt sie lange wach, und als der Schlaf sie endlich übermannte, stahl Vasilii sich erbarmungslos in Lauras sinnliche Träume …
5. KAPITEL
Heute war der letzte Tag dieses ziemlich zähen Verhandlungsmarathons mit förmlichen Geschäftsessen, endlosen Meetings und einigen wenigen Privatausflügen, die vom Hotel extra für die chinesischen Gäste organisiert worden waren.
Laura freute sich auf eine ganz spezielle Verabredung, die sie endlich für eine Weile von der unerwünschten Aufmerksamkeit, die ihr sowohl
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