Julia Extra Band 358
Körper eingeklemmt gewesen war. Nur für einen kurzen Augenblick, aber es hatte gereicht, um sich einen bleibenden Eindruck zu verschaffen.
„Fertig?“ Mit diesem einen Wort riss Vasilii Laura aus ihren Gedanken.
Dabei ging ihm seinerseits einiges im Kopf herum. Zum Beispiel wollte er unbedingt wissen, was für ein Parfum Laura benutzte. Es war mild und wirkte wie ein Aphrodisiakum auf ihn. Vasilii tat vielleicht gut daran, es irgendwann einmal an eine seiner zukünftigen Begleiterinnen zu verschenken.
Laura Westcotte war eine clevere Frau. Wahrscheinlich wusste sie genau, was sie einem Mann mit diesem Duft antat! Und ihr Kostüm saß wie angegossen und brachte ihre aufregende Figur fantastisch zur Geltung.
Vasilii zwang sich, ihr wieder ins Gesicht zu blicken. Lauras Selbstsicherheit war ebenso subtil wie ihr Duft und ihr Sex-Appeal. Eine ungewöhnliche Mischung – ungewöhnlich und unwiderstehlich.
„Es wird Zeit“, brummte er, und Laura folgte ihm lächelnd ins Foyer, um die Chinesen zu begrüßen.
Zwischen den einzelnen Gängen des Menus beschloss Laura, ihre Gäste einmal genauer in Augenschein zu nehmen. Vasilii thronte als Gastgeber am Kopf der Tafel, und sein Ehrengast Wei Wong Zhang saß zu seiner Rechten. Links von Vasilii war sie selbst als Übersetzerin platziert worden, an ihrer Seite Wu Ying und deren junge Assistentin. Neben Wei Wong Zhang saßen sein angeblicher Neffe Gang Li und der Hoteleigentümer Alexei.
Die meisten anderen Tische im Raum wurden von der chinesischen Entourage belegt, und darüber hinaus gab es noch ein paar neugierige Hotelgäste. Die Frauen unter ihnen waren üppig mit Juwelen behängt, aber keine konnte es mit dem echt antiken Jadeschmuck von Wu Ying aufnehmen, der schon als Replik ein Vermögen gekostet hätte.
Laura hatte sich vom ersten Moment an mit der sympathischen Chinesin angefreundet, mit Gang Li dagegen hatte sie ihre Schwierigkeiten. Laura war die Art unangenehm, wie er sie musterte und mit ihr redete. In ihrem Beruf war sie es gewohnt, sich immer wieder gegen mehr oder weniger offensichtliche Annäherungsversuche zur Wehr zu setzen. Meistens reichte eine kühle Haltung aus, um zu signalisieren, dass sie nicht interessiert war. Doch was sie in Gang Lis prüfendem Blick erkannte, grenzte an sexuelle Belästigung. Er betrachtete sie wie ein Stück Fleisch in der Auslage.
Sie war froh, nicht neben ihm sitzen zu müssen. Früh genug würde sie als Übersetzerin gezwungen sein, sich mit Gang Li zu beschäftigen, denn auch er beherrschte mehrere Sprachen und fungierte daher als Sprecher für Wei Wong Zhang.
Zwar verstand Vasilii Mandarin, und bestimmt war auch Wei Wong Zhang der englischen Sprache mächtig, aber aus Prestigegründen wurde das formelle Tischgespräch gedolmetscht.
Von jedem gereichten Glas nahm Laura höchstens einen kleinen Schluck. Es wäre ein kapitaler Fehler hinsichtlich ihrer Karriere, bei dieser Gelegenheit zu viel Alkohol zu trinken. Ihr fiel auf, dass auch Vasilii nahezu abstinent blieb, obwohl ihr seine Gründe dafür nicht ganz klar waren. Entweder behielt er die Situation lieber gut unter Kontrolle, oder er schenkte ihr immer noch kein Vertrauen.
Dabei konnte sie nicht ahnen, wie zufrieden Vasilii mit ihrer Leistung war. Dank ihrer professionellen Einschätzung und ihrer äußerst präzisen Nachforschungen wurde ihm immer klarer, welches Misstrauen Wei Wong Zhang den Geschäftsplänen entgegenbrachte.
Vasilii behielt genau im Auge, wie Laura sich Gang Li gegenüber verhielt. Ihm war nicht entgangen, wie der junge Mann sie förmlich mit den Augen aufaß. So eine offensive Zurschaustellung männlicher Gier war ihm zuvor niemals untergekommen. Dabei geschah es überall auf der Welt, in jeder Kultur und in jeder sozialen Schicht.
Trotzdem sank Gang Li in Vasiliis Ansehen. Ganz egal, ob die betroffene Frau diese Aufmerksamkeit provoziert hatte oder nicht. Sein Vater hatte Vasilii gelehrt, Frauen stets mit Respekt zu begegnen.
Es wunderte Vasilii, mit wie viel Wut er auf das dreiste Verhalten von Gang Li reagierte. Schließlich gab es keinen Grund, Laura Westcotte gegenüber einen Beschützerinstinkt zu entwickeln. Nach allem, was er über sie wusste, würde es ihn nicht überraschen, wenn sie Gang Li ermutigt hätte. Immerhin konnte ein Mann mit seinem Einfluss ausgesprochen hilfreich für ihre Karriere sein. Sie hatte schon mit ihrem Mentor geschlafen – von da aus war es nur ein kleiner Schritt, um die nächste
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