Julia Extra Band 358
spürte die Barriere und auch, dass Laura sich verkrampfte. Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag. Sie war Jungfrau? Wie konnte sie immer noch Jungfrau sein? Damit hatte er nicht gerechnet!
Diese Tatsache weckte einen Urinstinkt in ihm. Aus der Zeit, als Männer sich der Verantwortung bewusst waren, die eine solch sexuelle Intimität mit sich brachte. Als es galt, die Würde der Frau zu achten und die erste Vereinigung eine Verbindung schuf, die auf ewig Bestand hatte.
Doch einen solchen Bund konnte er nicht eingehen. Er durfte dieses Geschenk von Laura nicht annehmen. Wie kam sie überhaupt dazu, es ihm darzubieten, ohne zu wissen, ob es von ihm auch angemessen geschätzt wurde? Er fühlte einen plötzlichen Zorn in sich aufsteigen. Wie konnte sie sich bloß auf so etwas einlassen – und ihn damit in eine solche Konfliktsituation zwingen? Zudem verabscheute Vasilii sich selbst dafür, leichtfertig die Situation ausgenutzt zu haben. Eigentlich hatte er Laura doch beschützen wollen, und nun verschaffte er sich einen Vorteil aufgrund ihrer momentanen Schwäche? Wie erbärmlich!
Das machte ihn nicht viel besser als Gang Li. Hemmungslos hatte er sich seinem Verlangen hingegeben. War er denn nicht Manns genug, um der Sache Einhalt zu gebieten, bevor es zu spät war?
Mehrere Sekunden lang kämpfte Vasilii um seine Selbstbeherrschung, bevor er es schaffte, sich zurückzuziehen und sich von Laura abzuwenden.
Laura war entsetzt. Sie konnte nicht fassen, was da gerade geschah. Endlich sollte Vasilii sie in Besitz nehmen – davon hatte sie ein halbes Leben lang geträumt –, und dann ließ er mittendrin von ihr ab? Betroffen sah sie zu, wie er aufstand und sich wieder anzog. Seine Silhouette verriet, dass mangelnde Erregung ganz sicher nicht der Grund für seinen Rückzug war.
Laura wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte. Ihr Körper lechzte nach Befriedigung, nach Vasiliis Nähe und nach seinen forschen Händen. Und er ließ sie einfach liegen. Es fühlte sich an, als sei sie fieberkrank, und die rettende Medizin, zum Greifen nahe, würde ihr vorenthalten.
„Was hast du?“, fragte sie leise. „Warum …?“
Er blieb von ihr abgewandt. „Du bist noch Jungfrau, deshalb.“
Mehr konnte er ihr nicht erklären. Wie sollte er auch formulieren, dass ihre Verletzbarkeit ihm zu nahe ging, dass er seinen eigenen Beschützerinstinkt nicht aushielt? Sie würde nur merken, wie verletzbar er selbst war, und das durfte er nicht riskieren. Stattdessen musste er dringend nach einer anderen schlüssigen Begründung suchen.
Warum war sie überhaupt noch Jungfrau? Vasilii hatte aufgehört zu zählen, wie viele Frauen versucht hatten, auf dem Umweg über sein Bett an einen Ehering zu gelangen, der sie fortan von allen finanziellen Sorgen befreite. Diese Damen wollten gerade mit sexueller Expertise überzeugen.
Laura hatte das Gegenteil getan und ihm die totale Unbeflecktheit dargeboten. Damit war er hoffnungslos überfordert, und es würde auf keinen Fall funktionieren. Er hatte nicht vor, sich einer einzigen Frau zu verschreiben – nicht Laura und niemandem sonst!
9. KAPITEL
Er hatte einfach aufgehört und sich von ihr zurückgezogen. Nur wegen ihrer Jungfräulichkeit? Laura öffnete den Mund, schloss ihn jedoch wieder, ohne einen Ton herauszubringen.
Für Vasilii waren ihre Verwirrung und ihr Schmerz fast mit Händen greifbar. Wahrscheinlich tat ihr die körperliche Sehnsucht nach Erfüllung ebenso weh wie ihm selbst. Wenn sie ihn jetzt anfassen würde … wenn sie einfach ihre Hand nach ihm ausstreckte …
Aber nein, Herr im Himmel, das durften sie nicht tun! Vor allem um ihrer selbst willen. Laura hatte nichts von ihm zu erwarten, und im Moment befand sie sich obendrein in einer psychischen Ausnahmesituation. Und Vasilii hatte nicht die Absicht, sich emotional auf eine Frau einzulassen, doch genau so etwas brauchte Laura. Er musste einen Weg finden, sie abzuschrecken, damit sie sich nicht auf falsche Hoffnungen verstieg. Vor allem durfte sie nicht zu einer unwiderstehlichen Verführerin werden, sonst war er verloren …
Für einen kurzen Augenblick sammelte er sich, um seine Rolle möglichst überzeugend spielen zu können. „Ich verabscheue den Versuch, mir eine Falle zu stellen. Vor allem, wenn der Köder allzu offensichtlich präsentiert wird.“
Eine Falle? wunderte sie sich. Von was für einer Falle spricht er da? „Ich weiß gar nicht, was du meinst!“, protestierte sie.
„Oh, doch, das tust du.
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