Julia Extra Band 358
erstaunlich rührselig.“
9. KAPITEL
„Die Wahrheit ist nicht rührselig.“ Zephyr versuchte, sich beleidigt zu geben. Erfolglos, denn er wirkte sehr zufrieden. Auch wenn er es gar nicht wollte.
„Was auch immer. Ich bin einfach nur froh, dass ich den Rest meines Lebens mit einem so romantischen Mann verbringen darf.“
Jetzt sah er allerdings doch besorgt aus. „Ich halte nicht viel von Romantik, Piper. Du solltest mich besser kennen.“
„Manchmal glaube ich, dass ich dich besser kenne, als du selbst dich kennst.“
Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, war ihr klar, dass sie einen Fehler begangen hatte. Wäre Zephyr ein Hund, hätte man sehen können, wie sich das Fell sträubte. Auch als milliardenschwerer Tycoon gab er eine gute Imitation ab.
„So wie du Art gekannt hast?“
Zwar verstand sie, woher die Frage kam, dennoch tat es weh. „Ich dachte, ich kenne meinen Ex. Dann stellte sich heraus, dass ich nur den Mann kannte, den er mich sehen lassen wollte. Den wahren Arthur Bellingham lernte ich kennen, als die Fassade zusammenbrach.“ Und sie kam sich erbärmlich naiv vor, hatte sie doch einsehen müssen, dass vor allem ihre verträumte Fantasie und Arts Schauspieltalent daran Schuld hatten.
„Du sagst, du liebst mich, aber in deinem Kopf hast du mich in eine Art Superhelden verwandelt. Was passiert, wenn du erkennst, wer ich wirklich bin – gefühllos, unsentimental, skrupellos?“
„Erstens: Ich weiß, wer du bist, Zephyr Nikos.“ So naiv sie bei ihrem Ex auch gewesen sein mochte, mit Zephyr war es etwas völlig anderes. „Wir waren Freunde, bevor wir ein Paar wurden“, erinnerte sie ihn. „Ich habe dich praktisch in jeder Lebenslage gesehen – nach einem schlechten Tag in der Firma bis hin zu dem Moment, in dem dir klar wurde, dass deine Mutter dich nur mit dem größten Bedauern zurückgelassen hat.“
„Und?“
„Und daher weiß ich, dass du skrupellos sein kannst. Ich weiß aber auch, dass du nicht besessen von Rachsucht bist. Sonst hätte der Mann deiner Mutter es längst zu spüren bekommen, und du hättest seinen Kindern nicht die Ausbildung finanziert. So skrupellos bist du also auch wieder nicht.“
„Bin ich doch. Du willst es nur nicht wahrhaben.“
Sie verschränkte die Arme vor der Brust und funkelte ihn böse an. „Ich denke eher, du bist derjenige, der an falschen Tatsachen festhält.“
„Wird das jetzt etwa unser erster Streit?“ Die Vorstellung schien ihn zu amüsieren.
Piper fand das überhaupt nicht lustig. „Nein. Wir haben vorher schon gestritten.“ Zephyr setzte viel zu gern seinen Kopf durch, als dass ihre Freundschaft ohne Streits verlaufen wäre. Nun, vielleicht war sie genauso.
„Aber der erste, seit wir verlobt sind.“ Er zog sie mit sich zur Couch.
Sie weigerte sich, sich auf seinen Schoß zu setzen, und ließ sich auf dem Platz neben ihm nieder. „Wenn man bedenkt, wie kurz wir verlobt sind, heißt das nicht viel.“
„Du hast mit ‚erstens‘ angefangen, also ist da noch mehr. Was kommt ‚zweitens‘?“
Plötzlich wurde ihr klar, dass er eine Bestätigung von ihr brauchte. Nur würde dieser stolze Alpha-Mann natürlich nicht schlicht danach fragen.
Nun, wenn Zephyr eine Zusicherung brauchte, würde er sie bekommen. Auch wenn es ärgerlich war, dass sie ihm ihre Liebe gestanden hatte, und er nun den Beweis von ihr forderte. Sie heiratete einen Mann, der von sich behauptete, nicht lieben zu können, und sie hatte nicht die geringste Angst. Nun, fast keine Angst. Ganz ehrlich …? Welche Frau in ihrer Situation hätte keine Angst!
„Du bist vielleicht vom Wesen her generell nicht sentimental, aber für mich bist du gerade sentimental genug. Du siehst dich nicht als Romantiker, doch wie du mich behandelst, die Dinge, die du zu mir sagst … mehr Romantik habe ich mir nie gewünscht. Art hat den Mann gespielt , den ich mir wünschte. Du bist dieser Mann. Du gibst nicht vor, ein anderer zu sein. Manchmal bist du geradezu brutal ehrlich.“
„Und das lässt dich nicht stutzen?“ Er sagte es, als würde er an ihrer Zurechnungsfähigkeit zweifeln.
Sie bemühte sich, nicht beleidigt zu sein. „Nein. Ich vertraue nicht mehr so leicht. Zu wissen, dass das Lügen dir schwerfällt, selbst wenn du mit einer Lüge weiter kommen würdest, beruhigt mich ungemein. Ich vertraue dir, weil du bist, wer du bist. Und ich liebe dich. Da sich das nicht ändern wird, gewöhnst du dich besser gleich daran.“
„Mir bleibt wohl keine andere
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