Julia Extra Band 358
diese Sache mit den werdenden Müttern und dem Orakel …“, neckte sie.
Er lächelte, dann wurde er wieder ernst. „Deshalb willst du sie zur Hochzeit einladen. Du willst, dass sie aufhört zu leiden.“
„Es ist höchste Zeit, dass ihr beide nicht länger für Dinge zahlt, die sich nicht mehr ändern lassen.“
„Direkt morgen rufe ich sie an.“
Zephyr starrte auf den Computerbildschirm, ohne wirklich etwas von den Zahlen und Tabellen zu sehen. Denn was er vor sich sah, war das Gesicht seiner Mutter, wie sie ihm bei ihren Besuchen im Waisenhaus immer wieder sagte, dass sie ihn liebte, bevor sie ihn dann doch zurückließ. Und noch etwas sah er, das er sich bisher nie eingestanden hatte – den Schmerz in den Augen, die den seinen so ähnlich waren.
Seine brannten jetzt, er blinzelte heftig.
Das Klingeln seines Handys brachte ihn zurück in die Gegenwart. Etta James sang „At Last“, es war das Klingeln, das Piper als ihren persönlichen Klingelton in sein Handy programmiert hatte. Was ihm an Gefühlen fehlen mochte, machte sie definitiv wieder wett. Wenn sie erst die Trauringe sah – von Tiffany, mit eingravierten Namen und Hochzeitsdatum – würden bei ihr bestimmt vor Glück die Tränen zu fließen beginnen. Es war nur ein winziges Detail, aber ihr würde es viel bedeuten.
„Hallo, pethi mou .“
„Wie ist es gelaufen?“, fragte Piper ohne Einleitung.
„Sie hat geweint.“
„Überrascht klingst du nicht.“
„Nein.“ Schließlich hatte Piper ihn vorgewarnt. „Wir haben abgemacht, dass wir uns vor der Hochzeit zum Dinner treffen, so wie du vorgeschlagen hast.“ Piper hatte ihn nämlich auch darauf gebracht, dass ein Wiedersehen nach mehr als zwanzig Jahren auf einer Hochzeitsfeier zu viel sein würde.
Zephyr hatte zugestimmt – um seiner Mutter willen. Wie er darüber dachte, hatte er nicht gesagt.
„Gut. Treffen wir uns in einem Restaurant?“
„Nein. Sie möchte, dass wir zu ihr kommen. Ich habe zugesagt.“
Am anderen Ende blieb es einen Moment still. „Wird ihr Mann auch dabei sein?“
„Ja.“ Er konnte genauso gut den Rest berichten. „Er wird mit ihr zur Hochzeit kommen.“
Nach dieser Neuigkeit herrschte dröhnendes Schweigen am anderen Ende.
„Er wollte mit mir reden. Um mir zu sagen, wie schrecklich leid es ihm tut. Dass es ein Fehler war, meine Mutter zu drängen, mich aufzugeben. Er meinte, er hätte mir das schon alles vor Jahren sagen wollen, doch erst musste ich bereit sein, ihn überhaupt anzuhören. Er hat ebenfalls geweint.“ Zephyr hielt kurz inne. „Ich habe die Geschichte gehört, wie meine Geschwister von mir erfahren haben.“
„Wirklich? Ich habe mich schon öfter gefragt, warum deine Mutter ihnen von dir erzählt hat, wenn sie doch gleichzeitig verhindert hat, dass ihr euch seht.“
„Du hast nie die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass ich es ihnen gesagt haben könnte?“
„Nein.“
„Nicht einmal bei meiner Skrupellosigkeit?“
„Nein. Ich sagte doch schon, deine Skrupellosigkeit hat nichts mit Boshaftigkeit und Rachsucht zu tun.“
„Du hast großes Vertrauen in mich.“
„Ja“, antwortete sie schlicht.
Sein Herz zog sich zusammen, doch er ignorierte das seltsame Gefühl. „Iola entdeckte meine Mutter eines Tages, wie sie über alten Fotos saß und weinte. Es waren Fotos von mir. Meine Schwester hat meine Mutter dann dazu gebracht, ihr die Geschichte zu erzählen.“
„Wie alt war deine Schwester, als sie von dir erfuhr?“
„Zwölf. Sie war wütend auf ihren Vater. Sie beschimpfte ihn als Monster und hat ein ganzes Jahr lang nicht mit ihm gesprochen.“
„Wow! Vielleicht ist sie noch sturer als du.“
„Meinst du?“ Es hatte ihm immer besonders an Piper gefallen, dass sie mit ihm umging wie mit jedem anderen und nicht vor Ehrfurcht vor dem mächtigen Tycoon erstarrte.
„Nun, könnte gut möglich sein.“
„Iola hat mir nie etwas davon erzählt, weil sie nicht wollte, dass ich meine Mutter hasse.“
„Und sie hat es respektiert, dass du Distanz hältst. Weil es deine Entscheidung ist, ob oder wie oft du Kontakt zu deiner Familie hast.“
„Ja.“ Er hatte das immer geschätzt.
„Bist du in Ordnung?“
„Sicher.“ Ein simples Telefongespräch mit seiner Mutter überforderte ihn doch nicht. Obwohl … dieses Gespräch war beileibe nicht einfach gewesen.
„Weißt du eigentlich, dass du der außergewöhnlichste Mann der Welt bist?“
„So was in der Art hast du schon einmal gesagt. Du tust meinem
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