Julia Extra Band 359
verachtete Männer, die sich nicht im Griff hatten und als Ausrede ihr Testosteron ins Feld führten.
So wie es bei seinem Vater gewesen war, wieder und wieder. Er hatte die Gefühle seiner Frau und seiner Kinder mit Füßen getreten. Und für was? Nur für sein Vergnügen. Um einer Frau hinterherzujagen, die letztendlich noch nicht einmal bei ihm geblieben war.
Er starrte auf die Badezimmertür und versuchte, die Vorstellung zu verdrängen, wie das Nachthemd über Noelles Kurven rutschte und zu Boden glitt.
Er war nicht wie sein Vater. Und deshalb war sie ganz klar tabu.
„Du hast wirklich ein schönes Büro.“ Noelle lehnte sich in seinem Bürostuhl zurück und streckte die langen Beine aus, die nun in schwarzen Strümpfen steckten und ihren Reiz noch mehr betonten.
Zu den Strümpfen trug sie ein schwarzes Kleid und goldene High Heels. Wie sich herausstellte, war sie bekleidet genauso sexy wie unbekleidet. Und erst ihre langen blonden Haare, die sie erneut wie ein Heiligenschein umgaben … Es war einfach unmöglich, sie nicht zu begehren. Und das war ein Problem, in vielerlei Hinsicht.
„Die Arbeit muss trotzdem gemacht werden.“
„Kann ich irgendwas tun?“ Sie schlug die Beine übereinander.
„Du könntest mir meinen Schreibtischstuhl überlassen.“
Sie wurde rot und sprang auf. „Okay, schon erledigt. Noch was?“
„Du willst wirklich arbeiten?“
Sie zuckte mit den Schultern. „Dafür bin ich doch da. Die Leute würden es sicher komisch finden, wenn ich nur herumhänge.“
„Das glaube ich kaum. Sie nehmen wohl eher an, dass wir nicht hier sind, um zu arbeiten.“
„Ach, wirklich?“
„Natürlich. Hast du die Zeitung heute Morgen gesehen?“
„Nein, ich bin noch nicht dazu gekommen.
„Wir werden als das neue Traumpaar gehandelt.“
„Darf ich mal sehen?“
Er gab die Webadresse der Zeitung im Computer ein. „Hier, bitte.“ Als sie sich zu ihm beugte, reizte ihr süßer Vanilleduft seine Sinne.
Ein verhaltenes Lächeln umspielte ihre Lippen. „Sie kennen meinen Namen.“
„Du klingst überrascht.“
„Im letzten Jahr hat mich kaum jemand vermisst. Was für mich ein Segen war, weil ich keine Lust hatte, die Welt an meinem Untergang teilhaben zu lassen.“
„Und was hast du dann im vergangenen Jahr gemacht?“
Erneut zuckte sie mit den Schultern. „Nichts.“
„Nichts?“
Als sie ihn jetzt ansah, lag Wut in ihrem Blick. „Vielleicht habe ich die Zeit nicht optimal genutzt. Aber ich wusste wirklich nicht, was ich machen sollte. Ich kenne mich ja nur mit einer Sache gut aus.“ Sie wandte den Blick ab. „Dafür hat meine Mutter gesorgt. Ich … ich habe versucht, mit meinem früheren Agenten neue Konzerte auszumachen, habe mit meiner Plattenfirma gesprochen, ob sie ein Album mit meinen größten Hits herausbringen würden. Wie sich herausstellte, glaubten sie nicht, dass ich je welche hatte.“ Bei ihrem Lachen, das hohl und verbittert klang, tat ihm das Herz weh. „So gesehen habe ich etwas getan.“
„Du hättest in einer Pianobar spielen können.“
„Ironischerweise bin ich dafür ein bisschen zu berühmt, und das meine ich nicht überheblich. Vielmehr wollte ich nicht in die Zeitung kommen.“
„Eine etwas lahme Entschuldigung, Noelle. Du hast nur dagesessen und zugesehen, wie alles um dich herum zerfällt.“
„Meine Mutter hat alles zerstört, nicht ich. Vielleicht hätte ich etwas tun sollen. Aber wenn ich abends ins Bett gegangen bin, habe ich immer gehofft, am nächsten Tag wäre die Welt wieder in Ordnung. Alles sollte einfach nur seinen gewohnten Gang gehen.“ Ihr trauriger Blick war so intensiv, dass er ihn gleichsam im ganzen Körper spürte. „Jetzt … jetzt will ich nicht mehr, dass alles wieder seinen gewohnten Gang geht. Ich fühlte mich einfach ausgebrannt. Ich war so müde. Dass ich mich jetzt an etwas festhalten kann, gibt mir die Hoffnung, wieder kämpfen zu können.“
Ethan hatte ein seltsames Gefühl in der Brust, als hätte sein Herz sich geweitet. Und das gefiel ihm nicht. „Du könntest etwas anderes lernen.“
Sie sackte in sich zusammen. „Ich weiß nicht, ob ich die Energie dafür habe, mich noch mal einer neuen Sache hinzugeben. Jeden Tag zu üben und zu lernen, wie ich es als Kind gemacht habe. Weit gebracht hat mich das ja auch nicht gerade, oder?“
Er wusste nicht, warum es ihn drängte, ihr Trost anzubieten. „Nur wenige Menschen verbringen ihr Leben auf diese Weise, Noelle. Jeden Tag acht Stunden zu üben und
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