Julia Extra Band 359
Letztendlich hatte sie das nicht sonderlich weit gebracht. Zumindest nicht in Liebesdingen …
Später lümmelte sie auf der Couch, aß einen Schokoriegel und sah sich einen Film an, der ihr vor Augen führte, was sie in ihrem Leben alles vermisste.
Als die Tür aufging, zog Noelle schnell ihren Bademantel zusammen, um sich anständig zu bedecken.
Grüßend trat Ethan ein, nahm in einer fließenden Bewegung seine schwarze Krawatte ab und ließ sie zu Boden fallen – wie in einem Werbespot: Der umwerfend attraktive Mann kehrt nach einem harten Arbeitstag nach Hause zurück, um seine Frau ins Bett zu locken …
Sie sprang vom Sofa hoch, den Bademantel fest umklammert.
Er erkundigte sich, ob sie einen schönen Tag gehabt habe und meinte dann: „Die Zeitungen hier sind voll mit Fotos von uns, wie wir gerade aus dem Flugzeug steigen.“
Sie machte einen Schritt auf ihn zu. „Hast du sie dabei?“
„Dir gefällt es wohl, in der Zeitung zu stehen?“
Noelle schämte sich ein wenig, weil sie so begeistert geklungen hatte. „Es war meine Gewohnheit, alles zu lesen, was die Leute über mich dachten und sagten. Egal, ob gute oder schlechte Nachrichten. Irgendwie war all das eine … Bestätigung für mich.“
Er zog eine zusammengefaltete Zeitung aus seiner Laptoptasche. „Viel Spaß.“
Langsam entfaltete sie die Zeitung. Ihr Herz klopfte, als sie die Fotos und die Schlagzeilen sah: „Ethan Grey kehrt nach Hause zurück, mit seiner neuen Eroberung, der Pianistin Noelle Birch, im Schlepptau. Will er sie seinen Großeltern vorstellen?“
„Cool“, meinte sie. Als sie seinen verständnislosen Blick bemerkte, fügte sie hinzu: „Cool, dass ich wieder im Licht der Öffentlichkeit stehe. Es geht ja nicht nur darum, meiner Mutter eins auszuwischen. Du kannst dir wahrscheinlich nicht vorstellen, was das für mich bedeutet.“
Er lächelte nicht, doch in seinen Augen glomm etwas Dunkles auf. „Vielleicht doch.“
„Dir gefällt wohl nicht, dass ich mich über die Popularität freue?“ Sein Schweigen war ihr Antwort genug. „Das Leben, das ich früher geführt habe … es ist schwer zu erklären. Zum Teil war es sehr hart. Trotzdem gab es manches, das mir sehr gefallen hat. Zum Beispiel, vor großem Publikum aufzutreten. Oder wenn ich die ersten Takte für einen neuen Song im Kopf hatte. Und es gefiel mir, dass die Menschen mich kannten und sich freuten, mich zu sehen. Als würde ich ihnen etwas bedeuten.“
Seine Miene wirkte plötzlich grimmig. „All das hat nichts mit der Realität zu tun.“
„Aber es fühlte sich real an“, sagte sie leise und sah auf das Foto.
„Glaub mir, dem ist nicht so. Frag meine Mum, Sie war eine Zeit lang sehr berühmt, wurde überallhin eingeladen und hatte große Rollen in den wichtigsten Filmen. Das Publikum hat sie hochgejubelt und sie dann von einem Tag auf den anderen fallen gelassen. Während sie einem Ehemann alles in den Rachen steckte, der sie vorwiegend so behandelte, als würde sie gar nicht existieren. Wenn man sich von der Anerkennung anderer abhängig macht, findet man auf Dauer kein Glück, höchstens für Augenblicke. Wird einem das wieder genommen, ist es umso härter.“
„So wie bei mir. Dessen bin ich mir durchaus bewusst.“
„Heute stehst du in den Zeitungen, Noelle. Aber was ist mit morgen?“
Über das Morgen wollte sie eigentlich nicht nachdenken. Jetzt ging es ihr gut, und sie war glücklich, auf positive Weise wieder im Licht der Öffentlichkeit zu stehen. Aber genau das hatte sie auch schon mal in Schwierigkeiten gebracht, weil sie dabei übersehen hatte, dass ihre Mutter mit all ihrem Geld verschwunden war.
„Ich weiß es nicht“, antwortete sie schließlich auf seine Frage.
„Niemand sollte darüber entscheiden dürfen, wie du dich fühlst, Noelle. Das kannst allein du.“
„Dir fällt das sicher leicht.“
Er zuckte die Schultern. „Ich habe mich nie darum gekümmert, was andere Leute denken. Solange ich das erreiche, was ich will, ist es mir egal, was andere von meiner Vorgehensweise halten. Wenn man Erfolg hat, gibt es immer Menschen, die einen scheitern sehen wollen. Aber die zählen für mich nicht.“
Ethan gefiel ganz und gar nicht, dass Noelles Selbstbild ihm zu schaffen machte. Und dass der Blick, mit dem sie ihr Foto in der Zeitung betrachtete, ihn berührte. All das erinnerte ihn viel zu sehr an seine Mutter und wie enttäuscht sie gewesen war, als die Paparazzi ihr nicht mehr auflauerten. Stattdessen hatte die
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