Julia Extra Band 359
vertreiben könnte.
Jetzt war das passiert, was er immer befürchtet hatte. Auch wenn er noch so sehr versuchte, das Problem bei anderen zu sehen, war es in ihm. Noelle hatte recht. Die materiellen Errungenschaften waren nur eine leere Hülle. Nichts änderte sich dadurch.
Das Problem war in ihm. Er würde nie genügen. Seine Liebe würde nie genügen.
Und er liebte Noelle. Ganz egal, wie verzweifelt er an diesem Abend auch versucht hatte, das Gegenteil zu beweisen. Er liebte sie.
Trotzdem hatte er sie gehen lassen. Weil er entsetzliche Angst davor hatte, von ihr zurückgewiesen zu werden, wenn er ihr seine Liebe gestehen würde.
13. KAPITEL
Es war nicht die Telefonnummer, die sie sich so sehr erhofft hatte, aber sie musste das Gespräch trotzdem annehmen.
Jacques war dran, vermutlich wegen des Vorspiels letzte Woche. Sie hatte schon gar nicht mehr mit einer Rückmeldung gerechnet. Ob er gute Nachrichten hatte? Sie warf einen Blick auf die Uhr und auf die lange Schlange, die bis zur Tür ging.
Ein denkbar schlechter Zeitpunkt für eine Pause, die sie zudem erst mit dem Abteilungsleiter absprechen müsste. So war es üblich in dem Coffeeshop, in dem sie nun arbeitete.
Sie hatte einen Job. Und sie lernte schneller, als sie es sich vorgestellt hatte. Milch aufschäumen, die Kaffeemaschine perfekt bedienen. Jetzt konnte sie ihren eigenen Latte machen, eine gute Sache, da Ethan nicht mehr da war, um ihr einen zu kaufen. Es war ein kleiner Schritt auf dem langen Weg zur Selbstständigkeit, aber es war ein Anfang – den sie aus Angst nicht gewagt hätte, ehe Ethan in ihr Leben getreten war.
Er hatte ihr das Gefühl gegeben, etwas Besonderes zu sein. Und Seiten an ihr zum Vorschein gebracht, die sie vorher sogar vor sich selbst versteckt hatte.
Noelle drückte den Hebel an der Espressomaschine und wartete, bis der Kaffee die richtige Farbe angenommen hatte. Die Arbeit machte ihr Spaß. Und es gefiel ihr, den Kunden ein Lächeln zu entlocken.
Wieder auf der Bühne zu stehen, das hatte sie inzwischen aufgegeben, daher war es schön, dass sie etwas anderes gefunden hatte.
„Noelle.“ Ihr Mitarbeiter David gab ihr die nächsten Bestellungen durch.
In Gedanken war sie jedoch weiter bei Ethan. Waren wirklich erst zwei Wochen vergangen, seit sie ihn verlassen, ihn das letzte Mal berührt hatte?
Warum brannte ihre Haut dann immer noch? Weshalb empfand sie diesen Schmerz im Herzen? Würde das je vergehen?
Sie biss die Zähne aufeinander, um nicht in Tränen auszubrechen, wie viel zu oft in den vergangenen zwei Wochen. Doch sie wollte nicht darin ertrinken, sondern leben.
Denn einen Unterschied gab es zwischen ihrer Mutter und Ethan: Celine hatte sie zerstört zurückgelassen, Ethan hingegen hatte sie gestärkt, auch wenn er ihr das Herz gebrochen hatte.
Du hast ihn verlassen.
Ein Satz, den sie sich immer wieder sagte. Aber das war nur so gewesen, weil sie es musste. Andernfalls hätte er es getan. Er hatte ihr gezeigt, dass es sehr viel mehr als Ruhm und Anerkennung gab – doch er selbst schien nicht mehr zu wollen als diese Fassade.
Manchmal, wenn sie jetzt in ihrem kalten Bett, in ihrem alten Haus lag, wünschte sie sich, sie wäre bei Ethan geblieben.
Er hatte schon alles in die Wege geleitet und bezahlt. Ihr Haus hatte sie inzwischen zum Verkauf angeboten, weil sie sich etwas Kleineres suchen wollte. Wo ihre Einsamkeit nicht so überdeutlich zu spüren sein würde.
„Ich fürchte, Sir, Sie müssen sich anstellen.“
Davids gestresste Bemerkung wurde mit einem Fluch beantwortet, der in einem sehr vertrauten australischen Akzent ausgestoßen wurde. Als sie hochsah, drohten die Beine unter ihr nachzugeben.
„Ethan?“
„Du arbeitest hier?“, fragte er.
Er sah müde aus. Als hätte er zwei Wochen nicht geschlafen und als würde sein ganzer Körper wehtun. Er sah so aus, wie sie sich fühlte.
„So ist es. Wolltest du mir irgendetwas sagen?“
„Ich hatte vieles zu sagen. Aber du bist ja gegangen und hast mich allein zurückgelassen.“
Alle starrten sie jetzt an.
„Kann ich eine kurz Pause machen?“ Die Frage war an David gerichtet, aber Noelle ließ Ethan nicht aus den Augen.
„Bitte.“ David nickte.
Sie zog ihre Schürze aus und folgte Ethan nach draußen. „Ich habe aber nicht lange Zeit. Jacques hat angerufen, und wenn ich schon Pause machen kann, möchte ich die Zeit auch nutzen, ihn zurückzurufen.“
Ethan nickte. „Wie lief das Vorspielen?“
„Er meinte … es wäre ein
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