Julia Extra Band 359
konnte an nichts anderes mehr denken als an Amber und wie es sein würde, sie endlich wirklich zu seiner Frau zu machen. Sie beide im Bett, nackt und erhitzt zwischen zerwühlten Laken …
Was war er nur all die Jahre für ein Dummkopf gewesen, nicht zu erkennen, wie einfach es gewesen wäre, Ambers Zuneigung und Leidenschaft zu wecken.
Falsche Zeit, falscher Ort.
Möglicherweise stand Alims Leben auf dem Spiel. Da mussten seine egoistischen Bedürfnisse noch ein bisschen warten. Nach drei Jahren kam es darauf jetzt auch nicht mehr an.
Also machte Harun sich erneut auf die Suche nach irgendeinem Ausweg aus ihrem Gefängnis. Er kroch über die rauen Holzdielen und klopfte jede einzelne ab, in der Hoffnung, einen verborgenen Hohlraum aufzuspüren. Als Amber sich so weit aus dem Fenster reckte, dass er schon fürchtete, sie würde abstürzen oder womöglich die Scharfschützen in Aktion bringen, schlang er rasch die Arme um sie und zog sie wieder herein. Dabei musste er sich zur Seite drehen, damit sie seine Erregung nicht spürte.
Auch das erneute Abklopfen der Wände im Badezimmer ergab nichts. Sie mussten sich endgültig eingestehen, dass eine Flucht unmöglich war.
„Weißt du, Harun …“, begann Amber zögernd, im Flüsterton, da sie verhindern wollte, dass jemand mithörte, „… ich habe mir überlegt, ob du versuchen solltest, allein zu entkommen. Du hast eine militärische Ausbildung, du schaffst es vielleicht. Wir dürfen keine kostbare Zeit verlieren, womöglich geht es hier um Alims Leben.“
Ihr tapferes und selbstloses Angebot rührte ihn. Er wusste, wie verloren sie sich ohne ihn fühlen würde. Und doch war sie bereit, das in Kauf zu nehmen, sich zu opfern, ihm und seinem Bruder zuliebe …
Ein warmes Gefühl der Zuneigung erfüllte ihn. Nie im Leben würde er sie allein zurücklassen, schutzlos wem auch immer ausgeliefert. Daran mochte er nicht einmal denken. „Lieb von dir, aber ich fürchte, so einfach ist das nicht. Selbst wenn ich aus dem Gebäude fliehen kann, was ich nicht glaube, wenn ich an all die schwer bewaffneten Wachen denke, wo sollte ich hin? Wir haben keine Ahnung, wo wir uns befinden. Ich habe kein Handy, um Hilfe herbeizurufen, kein Wasser, keine Nahrung. Und nichts anzuziehen. Wie soll ich mich in diesen lächerlichen Unterhosen draußen bewegen, ohne Aufsehen zu erregen?“
Amber musste kichern. „Allein die Vorstellung … Ich sehe die Schlagzeile schon vor mir: ‚Scheich Harun nach Entführung in seinen Boxershorts heil aufgefunden.‘“
Der sonst so ernsthafte Harun musste lachen – trotz der mehr als prekären Situation, in der sie sich befanden. Doch gleich wurde er wieder ernst. „Ich würde dich nie verlassen, Amber, auch wenn du das vielleicht nicht glauben kannst.“
Ihr Lächeln und das Leuchten in ihren Augen gaben ihm zu verstehen, dass sie ihm tatsächlich glaubte, obwohl er ihr Vertrauen nicht verdient hatte. Dieses Vertrauen weckte Gefühle in ihm, die er schon vor Jahren begraben hatte: Glaube und Hoffnung. Doch er traute diesen Gefühlen nicht. Zu oft war ihm genommen worden, was er am meisten liebte. Erst seine Eltern, dann sein großer Bruder. Schließlich seine Chancen auf ein erfülltes Leben, auf eine glückliche Ehe.
Also hatte er sich ausschließlich auf seine Pflichten seinem Volk gegenüber konzentriert. Hatte versucht, ein guter Herrscher zu sein. Da war es nicht so einfach, plötzlich umzuschalten und sein eigenes Lebensglück in den Vordergrund zu stellen.
Und dann dieses Verlangen für die Frau, mit der er seit drei Jahren verheiratet war. Sein Juwel … Ein Verlangen, angestachelt noch durch das Begehren, das er in ihrem Blick las. Alles an ihr erregte ihn: ihr melodisches Lachen, ihr wiegender Gang, das Blitzen in ihren großen, dunklen Augen. Die Tatsache, dass ihr Negligé so gut wie durchsichtig war, gab ihm den Rest.
Und er sah keine Möglichkeit, diesem Verlangen zu entgehen. Er war hier auf engstem Raum mit ihr eingesperrt, auf unbestimmte Zeit, teilte mit ihr Tisch und Bett. Es fiel ihm immer schwerer, ihr zu widerstehen.
Aber genau das musste er. Die Entführer hatten es darauf angelegt, dass er irgendwann schwach wurde, darauf könnte er wetten. Und er würde einen Teufel tun, ihnen in die Hände zu spielen.
6. KAPITEL
Nachdem Amber wieder und wieder in verzweifelter Hoffnung die Wände und Fußböden abgetastet hatte, sank sie erschöpft auf die rauen Dielen. Inzwischen war längst die Nacht hereingebrochen. „Wir
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