Julia Extra Band 361
enger aneinander pressten.
Es raubte Sienna die Luft. Ihr Puls begann zu rasen, in ihrem Unterleib setzte sich ein rhythmisches Pochen in Gang. Sie fragte sich, ob er sie jetzt küssen würde, haftete sein Blick doch wie hypnotisiert auf ihrem Mund. Wie würde sein Kuss wohl schmecken? Würde es ein sanfter oder ein gieriger Kuss werden? Unwillkürlich fuhr sie sich mit der Zungenspitze über die Lippen …
„Zur Hölle mit dir!“ Grob stieß Andreas sie von sich.
Sienna sah ihm nach, wie er mit ausholenden Schritten den Weg zurückstapfte, den er gekommen war. Ihr war schwindlig, ihr ganzer Körper prickelte, und das rhythmische Pochen wollte einfach nicht nachlassen.
Sie fuhr sich mit der Hand an den Hals. Ja, sie steckte eindeutig in Schwierigkeiten.
Sienna sah Andreas erst am Abend vor der Hochzeit wieder. Elena hatte ihr mitgeteilt, er sei zu einem dringenden Termin nach Mailand gerufen worden. Sienna nahm allerdings an, dass er Abstand wahren wollte, solange es möglich war. Die Tage vergingen viel zu schnell. Sienna telefonierte ausgiebig mit Gisele und Kate. Irgendwie gelang es ihr tatsächlich, ihre Schwester davon zu überzeugen, sie wäre hoffnungslos verliebt in Andreas und könnte es gar nicht mehr abwarten, bis sie endlich heirateten. Da Gisele gerade die eigene Hochzeit plante und die Gästeliste der ursprünglich angedachten „Hochzeit im kleinen Kreis“ längst alle Grenzen sprengte, fand sie an Siennas Entscheidung für eine standesamtliche Trauung nur mit den Trauzeugen überhaupt nichts Seltsames.
Kate ließ sich zwar nicht so leicht von der angeblichen Liebesgeschichte überzeugen, doch als hoffnungslose Romantikerin war sie voller Zuversicht, dass Andreas irgendwann zur Vernunft kommen und Sienna schließlich nicht mehr gehen lassen würde.
Sienna wollte der Freundin nicht die Hoffnung rauben. Also sagte sie nichts davon, dass die peinliche Episode in der Vergangenheit, die er ihr nicht verzeihen konnte, einen solchen Ausgang von vornherein verhinderte. Schon lange hatte sie den Traum aufgegeben, dass er sich in sie verlieben könnte. Und was sie selbst anbetraf … nun, das würde sie sich nie erlauben.
Sie ging einkaufen, begleitet von einem gutmütig-geduldigen Franco, und nahm Termine bei Friseur und Kosmetikerin wahr. Dann war da auch noch ein Termin beim Anwalt, um den Ehevertrag zu unterschreiben. Dafür hatte Sienna vollstes Verständnis, es ergab Sinn, dass Andreas sein Vermögen unter den gegebenen Umständen schützen wollte.
Die restliche Zeit verbrachte sie damit, sich mit dem Hund anzufreunden. Sie hatte ihn Scraps getauft, und inzwischen traute er ihr so weit, dass er Fressen aus ihrer Hand annahm. Streicheln ließ er sich allerdings nicht – noch nicht. Sienna nahm sich fest vor, Geduld zu beweisen. Außerdem hatte sie Franco das Versprechen abgerungen, den Hund auf keinen Fall zu erschießen, ganz gleich, was Andreas auch sagen mochte.
Sie kehrte gerade vom Füttern des Hundes zurück, als sie Andreas’ Wagen die lange Auffahrt hinauffahren hörte. Ihre innere Ruhe war dahin, als sie zusah, wie er die langen Beine aus dem tief liegenden Sportwagen schwang. Die Krawatte hatte er gelockert, die Hemdsärmel aufgerollt. In der einen Hand trug er einen Aktenkoffer, mit der anderen schlang er lässig das Jackett über die Schulter. Er sah absolut fantastisch aus.
Jetzt drehte er sich zu ihr um und ließ den Blick über ihre Erscheinung in Shorts und T-Shirt wandern. „Bringt es nicht Unglück, wenn man die Braut vor der Hochzeit sieht?“
„Das bezieht sich auf den Morgen des Hochzeitstages“, stellte sie klar. „Der Abend vorher zählt nicht.“
Seine Lippen verzogen sich minimal, das war wohl als Lächeln zu werten. „Da bin ich aber froh.“ Seine Schritte knirschten auf dem Kies, als er zu ihr kam. „Elena sagte mir, dass du eine neue Eroberung gemacht hast.“
„Damit meinst du wohl Scraps.“ Sie wippte auf den Fersen. „Ich habe ihn gerade in einer der Scheunen zu Bett gebracht.“
Eine Augenbraue wurde in die Höhe gezogen. „Scraps?“
„Ja, weil er Essensreste mag. Und irgendwie zollt das wohl auch seiner bunt gewürfelten Abstammung Tribut.“
Wieder zuckte es um seinen Mund. „Originell.“
„Dachte ich auch.“
Er deutete zum Haus und ließ sie vorangehen. „Wie war deine Woche?“
„Ich war Shoppen bis zum Umfallen“, behauptete sie. „Danke übrigens, dass ich den Wagen benutzen durfte. Franco spielt gern die Rolle des
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