Julia Extra Band 361
Etage, meines liegt hinter der Tür.“ Er wies zur einen Seite des Zimmers. „Es tut mir leid, dass ich Ihre Sachen nicht mehr holen konnte, aber alles Wichtige finden Sie im Bad: Seife, Shampoo, Zahnpasta. Und im Spiegelschrank müsste auch noch eine neue Zahnbürste liegen.“
„Vielen Dank, mehr brauche ich nicht.“ Sie lächelte. „Allemal besser, als in einer Schneewehe zu übernachten.“
„Dann würden Sie nicht schlafen, dann wären Sie tot.“
Das Lächeln verschwand aus ihrem Gesicht.
„Tut mir leid.“ Er sah zur Seite.
Zum ersten Mal bemerkte sie die kleine, sichelförmige Narbe neben seinem linken Auge. Sie hatte eine ähnliche Narbe unter dem Kinn, die sie sich zugezogen hatte, als sie mit sechs Jahren vom Fahrrad gestürzt war. Truman hatte sie immer für einen Makel gehalten und sie mehrmals gebeten, sich diese bei einem Schönheitschirurgen entfernen zu lassen.
Sie war froh, dass sie sich dem widersetzt hatte. Truman hatte es ohnehin schon geschafft, ihr viel zu viel von ihrer Persönlichkeit zu nehmen, sodass sie sich kaum noch erkannte, wenn sie in den Spiegel sah. Nachdem sie ihn verlassen hatte, ließ sie sich beim Friseur ihre ursprüngliche Haarfarbe, ein helles karamellbraun, färben. Truman hatte darauf bestanden, dass sie das Haar blond färben ließ.
„Es tut mir leid“, sagte Jake erneut und riss sie aus den Gedanken.
„Sie müssen sich nicht entschuldigen, schließlich haben Sie recht. Ich befand mich tatsächlich in einer schlimmen Lage, als Sie mich gefunden haben“, gab Caro zu. „Und ich wollte Sie nicht anstarren. Ich habe nur Ihre Narbe entdeckt.“
Einer plötzlichen Regung folgend, hob sie die Hand und fuhr mit einem Finger sanft über die Stelle in Jakes Gesicht.
„Sie verleiht Ihrem Gesicht Charakter.“
„Das haben Sie nett gesagt.“ Er klang nicht gerade überzeugt.
„Ich habe auch eine.“ Sie hob das Kinn. „Sehen Sie?“
Er nahm ihr Gesicht und drehte es zum Licht. Seine durch die Arbeit rau gewordene Hand hinterließ ein Kribbeln auf ihrer zarten Haut.
„Woher stammt sie?“, fragte er und zog die Hand weg.
„Ich bin vom Fahrrad gefallen und habe mir das Kinn am Lenker aufgeschlagen. Da war ich sechs. Und Ihre?“
„Ich war elf. Dean und ich balgten herum, und ich bin auf Mutters Vogeltränke aus Stein gefallen.“ Er rieb sich die Schläfe. „Ich hatte eine Gehirnerschütterung, und wir bekamen Stubenarrest.“
„Wie ungerecht.“
„Ich war der Ältere.“ Er zuckte die Schultern. „Ich hätte achtgeben müssen.“
„Hallo?“ Bonnie klopfte an, bevor sie eintrat. „Ich bringe ein paar Sachen. Leider habe ich nur diesen Morgenmantel und ein paar Wollsocken gefunden.“
Caro nahm den Frotteemantel. Er war warm und weich. Mehr brauchte sie nicht.
„Willst du kein Feuer machen, Jake?“, fragte Bonnie.
„Ja, natürlich“, sagte er gedehnt.
„Das wird Caro die Kälte aus den Knochen treiben“, fügte Bonnie mit einem Lächeln in ihre Richtung hinzu.
„Die Heizung muss erneuert werden. Das ist ein Punkt auf meiner langen Liste.“ Er seufzte.
„Dean hat mir Geschichten von dem Haus erzählt. Er meinte, es sei in eurer Kindheit ein wunderbares Hotel gewesen. Er erzählte, dass ihr in den Aufenthaltsräumen Verstecken gespielt habt und das Treppengeländer heruntergerutscht seid.“
Jake lachte bitter auf. „Heute würde das Geländer sogar unter Rileys Gewicht zusammenbrechen.“
„Er ist groß für sein Alter.“ Bonnie schien Jake absichtlich missverstanden zu haben. „Doreen sagt, er sieht genauso aus wie Dean früher. Er ist ganz und gar ein McCabe. Jillian kommt ebenfalls nach eurer Familie.“
Ein Muskel zuckte in Jakes Gesicht, in seinen Augen lag ein Ausdruck von Schmerz.
Da er nichts erwiderte, wechselte Bonnie das Thema.
„Bevor ich es vergesse, Mom wärmt gerade das Chili con Carne auf, das sie vorhin gekocht hat. Sie lässt euch ausrichten, dass es auf dem Tisch steht, falls ihr Hunger habt.“
Wie aufs Stichwort knurrte Caro plötzlich der Magen. Das Toastbrot und die Tasse Tee, die sie vor Stunden zu sich genommen hatte, waren entschieden zu wenig gewesen. Aber wegen der Aufregung des Tages hatte sie ihren Hunger nicht bemerkt.
Eigentlich hätte sie sich schämen sollen, aber dann musste sie lachen – Bonnie ebenso.
In Gedanken hörte Caro den strengen Tonfall ihrer Schwiegermutter: „Nur jemand mit schlechter Kinderstube lässt sich so gehen.“
Caros Lachen erstarb.
„Was ist mit
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