Julia Extra Band 361
Unterlippe. Nur zu gern hätte er diese Aufgabe für sie übernommen.
„Ich kann Ihre nassen Sachen nehmen.“ Jake zwang sich, sachlich zu bleiben. Vielleicht waren seine Manieren nicht die besten, aber immerhin besaß er welche. Außerdem war seine Mutter nicht weit, die immer darauf achtete, dass er sich anständig benahm. „Es gibt hier eine Waschküche.“
„Diese Sachen gehören in die Reinigung.“
Das hätte er sich eigentlich denken können. „Meine Mutter weiß bestimmt, wie man sie trocken bekommt.“
„Wenn das so ist …“ Sie gab ihm Hose und Pullover. „Ich komme gleich nach. Ich rubbel mir nur kurz die Haare trocken.“
Caro brauchte nicht lange. Sie lief auf Wollsocken in die Küche, wo Jake am Tisch saß und Chili con Carne aß. Seine Mutter Doreen stand an der Spüle und wusch das Geschirr ab, das Jakes Familie zum Essen benutzt hatte. Dann trocknete sie die Hände an einem Geschirrtuch ab und lächelte freundlich. Wenn es etwas gab, worauf man sich bei Doreen verlassen konnte, dann war es ihre Gastfreundschaft.
„Jetzt sehen Sie schon viel besser aus“, lobte sie. Bevor Caro etwas erwidern konnte, hatte Doreen ihr schon einen Platz am Tisch zugewiesen. „Setzen Sie sich. Ich hole Ihnen eine Schale Chili con Carne. Das wärmt von innen.“
Caro setzte sich Jake gegenüber. Sie sah ihn kurz an, dann wanderte ihr Blick zum Fenster.
„Was für ein Wetter“, murmelte sie. „Und das zu Ostern.“
Es schneite immer noch dicke Flocken.
Wenn Dean nicht mit mir gestritten hätte und ich nicht ausgeritten wäre, um mich abzureagieren, würde sie jetzt noch in ihrem Auto sitzen und auf Hilfe warten, dachte Jake. Ganz allein, in der Kälte . Sie sahen sich in die Augen. Er erkannte, dass Caro das Gleiche dachte. Bestimmt würde sie ihm gleich wieder danken wollen.
„Tja, so ein verdammter Schneesturm richtet sich nicht nach dem Kalender“, sagte Jake.
„Du sollst nicht fluchen, Jake“, ermahnte Doreen ihn und stellte eine Schüssel dampfendes Chili con Carne vor Caro auf den Tisch. „In der Wettervorhersage hieß es, dass heute Abend noch zehn Zentimeter Neuschnee fallen sollen. Wenn das so weitergeht, dann werden die Räumfahrzeuge eine Ewigkeit brauchen. Zum Glück sind wir auf ein langes Wochenende vorbereitet.“
„Machen Sie sich keine Sorgen“, sagte Jake, um Caro zu beruhigen. „Die Landstraße wird mit Sicherheit als Erstes freigeräumt.“
Sie nickte. „Wenn ich erst einmal da angekommen bin, wo ich hin soll, kann es meinetwegen bis zum Juni weiterschneien.“
Plötzlich ging die Tür auf, und die Kinder stürmten herein. Lautstark verlangten sie, mit dem Eierfärben anzufangen.
„Bitte, Grandma“, bettelte Jillian.
„Bitte, bitte, wir machen sie schön bunt“, fügte Riley hinzu.
Doreen schob die Kinder aus der Küche, wahrscheinlich wollte sie erst Bonnie um Erlaubnis fragen. Jake sah Caro fragend an. Sie will unbedingt diesen Termin einhalten, dachte er. Und das alles wegen eines Mannes? Sein Polizisteninstinkt sagte ihm, dass mehr dahinterstecken musste. Allerdings war er selbst einmal verliebt gewesen und wusste nur zu gut, dass man darüber die Wirklichkeit vergessen konnte.
„Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf“, begann er. Als Caro seinen barschen Tonfall hörte, sah sie ihn erschrocken an. In Sekundenschnelle überlegte Jake, dass er sich die Bemerkung lieber verkneifen sollte. Mit dem Löffel wies er auf die dampfende Schüssel vor Caro. „Passen Sie lieber auf – das Chili con Carne meiner Mutter ist höllisch scharf.“
4. KAPITEL
Der Abend brach schneller herein, als Caro erwartet hatte. Immerhin fühle ich mich wohl, dachte sie. Als sie in Jakes Richtung sah, korrigierte sie sich gedanklich: Sie fühlte sich sehr wohl.
Jake saß mit Dean an einem Tisch. Caro hatte es sich neben seiner Mutter und Schwägerin auf der Couch bequem gemacht. Die Männer spielten eine Partie Schach. Aus eigener Erfahrung wusste Caro, dass man dafür nicht nur Geschick, sondern auch Konzentration brauchte. Dennoch sah Jake nicht aufs Brett, sondern in ihre Richtung. Seine stahlblauen Augen blickten sie fragend an.
In seiner Gegenwart fühlte sie sich beinahe so verletzlich, als wäre sie nackt. Vielleicht war das der Grund, warum ihre Hände immer wieder zum Revers des Morgenmantels wanderten und prüften, ob er auch bis oben geschlossen war.
In der Küche hatten sie schweigend gegessen. Danach hatte Caro kurz erwogen, sich in ihr Zimmer zurückzuziehen.
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