Julia Extra Band 363
kommen.“
Damit lenkte sie das Gespräch auf Russell und Craig und die Situation in der Klinik. Das Gesundheitsamt hatte versprochen, einen Sachverständigen nach Lyrebird Lake zu schicken. Einige medizinische Hilfskräfte waren bereits eingetroffen.
Im Nu war eine halbe Stunde vergangen. Emma merkte, wie gut ihr die zwanglose Plauderei tat. Das Gedankenkarussell in ihrem Kopf kam für einen Augenblick zum Stillstand, und ihre Zuversicht kehrte zurück. Jetzt erst wurde ihr klar, wie einsam sie in den letzten Tagen gewesen war, als sie Gianni um jeden Preis aus dem Weg gehen wollte.
Hier in Louisas Küche, bei Tee und Scones, konnte sie ganz entspannt neben ihm sitzen und ein normales Gespräch führen.
„Für ein kleines Haus wie unseres bedeutet eine solche Epidemie eine echte Belastungsprobe“, sagte Emma, als das Telefon klingelte.
Louisa nahm das Gespräch an und lauschte. Dann nickte sie. „Ja, Gianni ist hier und Emma auch. Möchtest du sie sprechen?“ Sie reichte Emma den Hörer. „Es ist Montana.“
Gianni betrachtete Emmas Gesicht, während sie zuhörte. Mit einem Mal wurde ihm auf geradezu schmerzhafte Weise bewusst, wie sehr er sie vermisst hatte. Er sah, dass sich ihre Stirn in Falten legte. Hoffentlich bedeutete Montanas Anruf nicht, dass sie ihn gleich wieder verlassen musste.
„Ich bin sofort da“, sagte sie. Gianni runzelte seinerseits die Stirn. Offenbar gab es ein Problem.
„Montana braucht meine Hilfe bei einer Geburt. Eine Patientin hat schwere Blutungen.“
„Dann komme ich mit.“ Schon war er aufgesprungen, und sie eilten zurück zur Klinik. Nach wenigen Minuten hatten sie die Geburtsstation erreicht, die im hinteren Flügel der Klinik untergebracht war.
Sie fanden Montana am Bett der jungen Mutter. Trent, der frischgebackene Vater, saß mit hilflosem Gesichtsausdruck daneben, das neugeborene Baby unter einer Decke an seiner nackten Brust, während Montana den Bauch seiner Frau massierte, damit sich der Uterus zusammenzog. Emma kannte das Paar aus dem Geburtsvorbereitungskurs, den sie leitete.
Nachgeburtliche Blutungen waren in der Regel darauf zurückzuführen, dass sich die Gebärmuttermuskulatur nicht ausreichend zusammenzog, um das Gewebe zu verschließen, was zu lebensbedrohlichen Blutverlusten führen konnte. Gianni konnte sich nur zu gut vorstellen, was in diesem Moment in Trent vorging.
So ähnlich fühlt man sich, wenn man hilflos zusehen muss, wie die eigene Frau in der Wildnis an einem Schlangenbiss zugrunde geht, dachte Gianni. Er würde diesen grausamen Anblick niemals vergessen. Mit zusammengekniffenen Augen schüttelte er die Erinnerung ab. Im Unterschied zu damals befanden sie sich hier in einer gut ausgestatteten Klinik. Er warf Trent einen aufmunternden Blick zu. „Es wird alles gut gehen.“
Seine Frau, Elise, war sehr blass und schien unter Schock zu stehen. Auf Montanas Bitte nahm Gianni ihr Blut ab, um es auf die Gerinnungsfaktoren und etwaige Unverträglichkeiten untersuchen zu lassen, falls eine Bluttransfusion nötig würde.
Emma bereitete währenddessen einen Tropf mit Syntocinon vor, ein Medikament, das das Zusammenziehen der Gebärmuttermuskulatur bewirken sollte. Zusätzlich spritzte sie Elise eine Dosis Ergometrin, um die Blutgefäße zu verschließen. Montana hörte nicht auf, den Unterleib der jungen Frau zu massieren. Nach einer Weile wurde die Blutung schwächer, bevor sie schließlich ganz aufhörte.
Gianni und Emma wechselten einen erleichterten Blick. Emma streifte Elise die Blutdruckmanschette über den Arm, während Montana ihren Puls fühlte. „Elise hatte eine Wassergeburt“, erklärte sie. „Die Blutung begann schon in der Wanne, aber als wir Elise zurück ins Bett gebracht hatten, wurde sie immer stärker.“
Montana streifte ihre Handschuhe ab und strich sich die Haare aus dem Gesicht. „Ihr Puls ist bei 98, also so weit normal. Danke, dass ihr beide gekommen seid.“
„Kein Problem. Gemeinsam ist es leichter“, antwortete Emma und ließ die Luft aus der Manschette. „Der Blutdruck beträgt 85 zu 45. Das ist nicht besonders hoch, aber der Wert wird steigen, sobald die Flüssigkeit eingelaufen ist.“ Elise lächelte verhalten, und Emma warf dem jungen Ehemann einen Blick zu. „Alles in Ordnung mit Ihnen, Trent?“
Trent fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht und betrachtete das Neugeborene, das eng an seine Brust geschmiegt lag. „Ja, ich denke schon. Dem Kleinen scheint es jedenfalls gut zu gehen. Ihr wart
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