Julia Extra Band 363
Märchen. Leider hatten Märchen in der Regel nichts mit der Wirklichkeit zu tun.
Der morgige Tag lastete wie ein schwerer Stein auf ihrer Seele, und die Anspannung drohte sie zu zerreißen.
Und dann spürte sie auf einmal Giannis Hand auf ihrer Wange. Zärtlich streichelte er sie, als wüsste er um ihre Ängste und Sorgen. In diesem Moment gab es nur sie beide. Emmas Herz machte einen Sprung, als hätte seine Berührung die Schwerkraft außer Kraft gesetzt. Es war ein magischer Moment.
Dann zog er seine Hand zurück, und sie fand sich in der geschäftigen Betriebsamkeit des Restaurants wieder.
Mit Mühe löste sie den Blick von ihm und bemühte sich, ihre Fassung zu bewahren. Dann spürte sie unter dem Schutz des Tischtuches sein Knie an ihrem eigenen.
Sie konnte ihm unmöglich länger widerstehen. Wenn sie ehrlich zu sich war, wollte sie ihm auch gar nicht widerstehen. Unter seiner Berührung spürte sie die Begierde in sich aufsteigen wie eine lodernde, alles verzehrende Flamme.
„Die Rechnung, bitte“, murmelte Gianni in Richtung des Kellners, der seinem Wunsch umgehend nachkam, als wären sie an diesem Abend seine einzigen Gäste.
Alles, was folgte, nahm Emma wie durch einen Nebel wahr. Sie war wie berauscht, obwohl sie keinen Tropfen Alkohol getrunken hatte. Sobald der Kellner verschwunden war, stand Gianni auf und trat auf sie zu. Emma erhob sich wie in Trance, während er ihr ihren leichten Schal um die Schultern legte und ihren Arm ergriff.
Wenige Sekunden später erreichten sie den Aufzug. Emma war dankbar, dass die Kabine leer war. Sie wollte Gianni mit niemandem teilen, den Zauber nicht zerstören, der sie beide umgab. Als die automatischen Türen sich hinter ihnen schlossen, entfuhr ihr ein Seufzer der Erleichterung.
„Endlich allein“, flüsterte Gianni ihr ins Ohr, als hätte er ihre Gedanken gelesen. Stürmisch zog er sie an sich, und dann spürte sie seine Lippen auf ihren. Sein Kuss nahm ihr den Atem; er schmeckte wild und aufregend, gleichzeitig so vertraut. Viel zu schnell hielt der Aufzug auf ihrer Etage, und die Türen glitten zur Seite.
„Lass uns das hier in einem etwas privateren Rahmen fortsetzen“, murmelte Gianni und schob sie sanft in Richtung seines Zimmers. Emma klammerte sich an ihn wie eine Ertrinkende. Dies war keine Nacht für lange Erklärungen oder Ausflüchte. Sie wollte ihn, und das war für den Augenblick genug. Wie damals nach ihrer Nacht im Lakeside Hotel war Gianni bereits wach, als Emma langsam die Augen aufschlug. Voller Zärtlichkeit betrachtete er ihre rosigen Wangen und sanft geschwungenen Wimpern. Am liebsten hätte er sich für den Rest des Wochenendes mit ihr in diesem Zimmer eingeschlossen. Ah, amore! Diese Frau weckte den Italiener in ihm.
„ Buongiorno, mia dolce cara , meine süße Emma“, sagte er leise.
Emma blinzelte schlaftrunken und setzte sich auf. Er bemerkte ein Flackern in ihren Augen, als die Erinnerung an die vergangene Nacht einsetzte.
„Un caffè?“ Er hatte bereits das Frühstück beim Zimmerservice geordert, und der Duft von frisch zubereitetem Espresso durchzog die Luft.
Sie wich seinem Blick aus. „Ja, gerne.“
Zufrieden stellte er fest, dass sie die Bettdecke dieses Mal nicht verschämt bis zum Hals hochzog, sondern nur lose ihre Brüste bedeckte. Ein weiterer Fortschritt.
„Hast du gut geschlafen?“, fragte sie in einem betont beiläufigen Ton, offensichtlich bemüht, ihre Verlegenheit zu überspielen. Sie war einfach hinreißend. Er reichte ihr eine dampfende Tasse.
„Als ich endlich zum Schlafen kam – ja, wie ein Baby“, antwortete er mit einem anzüglichen Lächeln. „Und du?“ Im warmen Morgenlicht, das durch die Vorhänge fiel, sah sie zum Anbeißen aus. Am liebsten hätte er gleich dort weitergemacht, wo sie vor einigen Stunden stehen geblieben waren. Doch sie umklammerte ihre Kaffeetasse wie einen Schutzschild und hielt die Ellenbogen eng an den Körper gepresst. Es sah ziemlich unbequem aus.
„So tief, dass ich sogar den Zimmerservice verschlafen habe.“ Unsicher sah sie sich um.
„Keine Sorge, ich habe das Tablett direkt an der Tür entgegengenommen“, beruhigte Gianni sie. „Abgesehen davon bist du wunderschön, wenn du schläfst. Als würdest du nur schöne Dinge träumen. Genau wie ich heute Nacht.“ Sanft nahm er ihr die Tasse ab und stellte sie auf den Nachttisch. Dann zog er sie in seine Arme. „Danke für diesen wunderbaren Traum.“
Behutsam fuhr er mit seinen Fingerspitzen ihre
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