Julia Extra Band 363
muss ich abreisen. Außerdem sind die Zimmer schon bezahlt.“
***
Letztlich blieb Emma in ihrem bereits gebuchten Fünf-Sterne-Hotel – schließlich wäre es schade um das luxuriöse Zimmer gewesen, rechtfertigte sie sich vor sich selbst. Wenn es schon in der Liebe keine Zukunft für sie gab, hatte sie doch ein wenig Komfort verdient.
Ehrfürchtig bestaunte sie die über vier Meter hohe Zimmerdecke, die bodenlangen schweren Samtvorhänge und die kostbaren Möbel aus Palisanderholz. Dann tauchte sie in das warme Wasser der riesigen Badewanne ein und ließ ihren Gedanken freien Lauf. Es gab also einen Mann, der sich in den Kopf gesetzt hatte, sie zu heiraten und ihren Kindern ein Vater zu sein. Und der ihre Eltern angelogen hatte, als er behauptete, er würde dies aus Liebe tun.
Vermutlich würde er sie und Grace mit Geschenken überschütten und sie auf seine Reisen in alle Welt mitnehmen.
Emma war immer stolz auf ihr selbstbestimmtes und unabhängiges Leben gewesen. Wie viel Unabhängigkeit konnte sie sich noch leisten, wenn das Baby erst einmal geboren war?
Bisher war das neue Leben in ihr nur so groß wie eine Erdnuss, aber sie durfte die Augen nicht vor der Wirklichkeit verschließen.
Angenommen, sie trug das Huntington-Gen nicht in sich? War sie dann nicht im Begriff, eine einmalige Chance auf eine solide Partnerschaft zu verspielen? Selbst wenn Gianni sie nur aus Pflichtgefühl heiraten wollte – Emma liebte ihn. Seit sie heute Morgen in sein Auto gestiegen war, konnte sie es nicht mehr leugnen. War dieses Gefühl nicht zu kostbar, um es aufs Spiel zu setzen? Gianni war ihr auf eine Weise nahegekommen wie kein anderer Mann zuvor. In seiner Gegenwart fühlte sie sich sicher und geborgen, als sei er ihr Seelenverwandter. Nicht zuletzt hatte er ein Recht darauf, sein Kind aufwachsen zu sehen. Trotzdem konnte und würde sie ihn niemals heiraten, falls der Test positiv ausfiel. Sie hatte sich bereits darauf eingestellt, dass sie ihr Leben als alleinstehende Frau beschließen würde. Dabei würde sie bleiben, zumindest, bis sie das Testergebnis in Händen hielt. Allerdings brachte das Abendessen mit Gianni ihre guten Vorsätze ins Wanken.
Schon als sie ihn in seinem Smoking in der Hotellobby erblickte, bekam sie weiche Knie. In der luxuriösen Umgebung wirkte er wie ein anderer Mensch. In Lyrebird Lake hatte sie ihn als warmherzigen und geschickten Arzt kennengelernt; hier sah sie einen weltgewandten, stattlichen Mann vor sich, bei dessen Anblick ihre Knie weich wurden.
Ihr Tisch war in einer ruhigen Nische gelegen und die Bedienung äußerst zuvorkommend. Es war eindeutig nicht das erste Mal, dass Gianni hier zu Gast war. Der Küchenchef kam persönlich vorbei, um sich zu vergewissern, dass es ihnen an nichts fehlte. Emma fühlte sich wie in einer anderen Welt.
„Du bist ganz anders als sonst“, bemerkte sie. Während ich selbst immer noch dieselbe bin und immer bleiben werde.
Er zuckte nonchalant mit den Schultern. „Nun, ich würde eher sagen, dass du mich heute Abend so kennenlernst, wie ich außerhalb der Arbeit bin.“
Emma runzelte nachdenklich die Stirn. „Wie wohlhabend bist du eigentlich, Gianni?“, fragte sie dann vorsichtig.
Spöttisch zog er eine Augenbraue hoch. Es war eine Geste, die überraschend selbstherrlich wirkte. „Interessiert dich das wirklich?“
Sie überlegte einen Moment. Tatsächlich war die Frage nach seinem Finanzstatus in dieser Situation ihre geringste Sorge. „Eigentlich nicht.“
Er zeigte ein amüsiertes Lächeln. „Das dachte ich mir. Andererseits solltest du durchaus über meine Verhältnisse Bescheid wissen.“
Emma sah ihn an und spürte, wie sich ihr Magen zusammenzog. Er war wirklich ein äußerst attraktiver Mann. Sein Smoking saß wie angegossen, und der schwarze, glänzende Stoff brachte seine athletische Figur gut zur Geltung. Welche Frau konnte sich der geradezu magischen Anziehungskraft entziehen, die von ihm ausging? Sein Angebot ausschlagen, sie für den Rest ihres Lebens auf Händen zu tragen? Doch sie würde wenigstens versuchen, standhaft zu bleiben.
Das Essen war vorzüglich, aber Emma konnte es kaum genießen. Ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit stieg in ihr auf und drohte sie zu überwältigen. Das Leben war nicht fair. Natürlich wollte sie ihn. Sie wollte, dass er sie jeden Tag so ansah wie heute Abend, dass er mit ihr Zukunftspläne schmiedete, für sie und ihr Baby. Gianni war in ihr Leben getreten wie der Prinz aus einem
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