Julia Extra Band 363
einen Fehler begangen.
Wahrscheinlich bereute sie, dass sie sich abermals von ihrer Leidenschaft hatte hinreißen lassen, während er selbst sich in seiner Liebe zu ihr nur bestärkt fühlte. Vielleicht wäre es wirklich besser, wenn er ein für alle Mal aus ihrem Leben verschwand. Wenn das der Preis war, um Emma wieder glücklich zu machen, würde er ihn zahlen.
„Fühlst du dich schlecht, weil wir letzte Nacht zusammen waren?“, fragte er mit ernster Miene. „Bitte sag mir, was ich tun kann, um ein Lächeln auf dein Gesicht zu zaubern.“
„Gianni, ich brauche einfach etwas Zeit. Es gibt vieles, worüber ich nachdenken muss, und dazu will ich allein sein.“
Noch ließ er nicht locker. „Ich merke doch, dass dich etwas bedrückt. Warum kann ich deine Sorgen nicht teilen?“
Heftig schüttelte sie den Kopf. „So einfach ist das nicht.“
Nun wurde Gianni ungeduldig. „Du solltest lernen, etwas mehr Vertrauen zu mir zu haben. Wenigstens unserem Kind zuliebe.“
Aus Emmas Kehle drang ein derart verzweifelter Laut, dass Gianni sie am liebsten auf der Stelle tröstend in seine Arme geschlossen hätte. Warum war sie nur so verschlossen? „Unser Kind hat mich ja erst in diese Zwickmühle gebracht“, sagte sie mit gepresster Stimme.
„Umso eher solltest du mir dein Herz ausschütten.“ Sanft drückte er sie auf die weiche Couch, setzte sich neben sie und nahm ihre Hand in die seine. Es fiel ihm schwer, die richtigen Worte zu finden. Vielleicht konnte er sie niemals glücklich machen, egal, was er anstellte und wie viel Zeit er ihr ließ.
Dann sah er ihr fest in die Augen. „Erzähl mir, was dich so aus dem Gleichgewicht gebracht hat.“
Emma fürchtete sich davor, ihm die Wahrheit zu sagen. Damit würde sie ihm ihre Zweifel und ihr mangelndes Vertrauen offenbaren. Vorhin in Jennys Büro hatte sie erkannt, wie unbegründet diese Zweifel waren, die allein ihrer eigenen Unsicherheit und Verwirrung entsprangen. Leider war diese Einsicht zu spät gekommen, um ihn noch in ihre Pläne einzubeziehen.
Wenn sich die Vergangenheit schon nicht ändern ließ, wollte sie wenigstens jetzt stark sein. Er hatte es nicht verdient, weiterhin belogen zu werden.
Emma nahm all ihren Mut zusammen. „Ich habe heute Mittag das Ergebnis meines Gentests erfahren.“
Er reagierte nicht, also sprach sie weiter. „Der Test war negativ. Ich habe das Huntington-Gen nicht.“ Zum ersten Mal hatte sie ihre Diagnose laut ausgesprochen.
Sein Gesicht verriet keinerlei Emotionen. „Das hast du also heute herausgefunden?“ Seine Stimme klang hohl.
Mit dieser Reaktion hatte sie nicht gerechnet. Es war, als interessierte ihn das Ergebnis überhaupt nicht.
Darum wiederholte sie es, um es für sie beide realer zu machen. „Ich habe das Huntington-Gen nicht geerbt.“
Spürbar ungeduldig ging er darüber hinweg. „Es ist natürlich wunderbar, dass du diese Sorge los bist.“ Stirnrunzelnd sah er sie an. „Das heißt, du hast diesen Test auf eigene Faust geplant und durchgeführt, ohne mir ein Wort davon zu sagen? Obwohl wir uns so nahegekommen sind?“
Emma umklammerte seine Hand fester, aus Angst, er könnte sie wegziehen. „Vorhin, bei meinem Gespräch in der Beratungsstelle, da dachte ich, dass es nett gewesen wäre, dich dabei zu haben“, stammelte sie.
„Nett?“ Ungläubig sah er sie an, während er die Bedeutung ihrer Worte zu begreifen suchte. „Du hättest es nett gefunden, mich dabei zu haben, wenn über das Schicksal der Frau, die ich liebe, und über die Zukunft meines Kindes entschieden wird?“ Er schüttelte fassungslos den Kopf.
Emmas Magen krampfte sich zusammen, als sie merkte, wie tief sie ihn verletzt hatte. Aber konnte es denn sein, dass er sie wirklich und wahrhaftig liebte? Dass seine Worte mehr als eine Floskel waren?
„Du hast ganz recht. Das wäre bestimmt sehr nett gewesen.“ Seine Stimme war eiskalt und voller Ironie.
Zornig sah er sie an, und sein finsterer Blick ließ sie erschauern. Langsam befreite er sich aus ihrem Griff, indem er ihre Finger einzeln nacheinander löste und von sich wegschob wie lästige Insekten. „Du willst mich doch gar nicht in deinem Leben haben, Emma. Du möchtest um jeden Preis unabhängig bleiben. Nur du und Grace. Du willst deine eigenen Entscheidungen treffen, ob sie richtig sind oder falsch.“
„Ich hätte dich bitten sollen, mich zu dem Termin zu begleiten. Das weiß ich jetzt.“
„Offenbar hast du vergessen oder es ist dir egal, dass ich dir mehrfach
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