Julia Extra Band 363
gearbeitet habe.“ Ihre Stimme klang leicht vorwurfsvoll.
Radford runzelte die Stirn. „Sie hätten das Angebot ja nicht annehmen müssen.“
„Da haben Sie recht“, erwiderte sie scharf. „Manchmal wünsche ich auch, ich hätte es nicht getan.“
„Ich weiß. Aber im Allgemeinen gefällt es Ihnen doch?“
„Die neue Ausstattung ist schon eine Erleichterung“, bestätigte Kristie.
„Meine Mutter würde es nicht gut verkraften, wenn Sie jetzt gehen. Das verstehen Sie doch?“
„Natürlich. Aber ich könnte es gut verkraften, wenn Sie jetzt gehen!“
„Es tut mir leid, wenn Sie das denken. Aber ich bin nur gekommen, um etwas Zeit mit Ihnen zu verbringen“, wandte er ein. So leicht würde er sich jetzt nicht mehr vertreiben lassen.
„Wozu? Paul wird sowieso gleich hier sein.“
„Dann werde ich gehen, wenn er kommt.“
Radford konnte an ihrem Gesicht ablesen, wie heftig sie mit ihren widersprüchlichen Gefühlen kämpfte.
„Sie verschwenden Ihre Zeit“, sagte sie leise.
„Lassen Sie das mal meine Sorge sein. Ah, hier kommt Ben … Frisch gebadet und bereit fürs Bett. Sind Sie für einen Gutenachtkuss hier, junger Mann?“
Ben grinste und rannte auf Radford zu, um auf seinen Schoß zu klettern. Es wirkte, als würde die beiden einander schon Jahre kennen. Radford umarmte den Jungen und war überrascht, welche Gefühle das in ihm wachrief. „Schlaf gut, Ben.“
„Kommst du noch mit, um mir etwas vorzulesen?“
Radford warf einen Blick auf Kristie. Sie schaute entsetzt. „Vielleicht ein anderes Mal“, meinte er entschuldigend und ließ den Kleinen hinunter.
„Liest du mir was vor, Mummy?“
„Natürlich, Schatz.“ Kristie stand auf und nahm ihren Sohn an der Hand. „Sag Gute Nacht zu Mr Smythe.“
„Gute Nacht“, wünschte Ben artig. „Danke für die Fahrt.“
„Gern geschehen, Ben.“
Radford konnte gedämpft Kristies melodische Stimme vernehmen, während sie ihrem Sohn eine Geschichte vorlas. Gedankenverloren stieg er die Treppe hinauf. Vor der Tür zu Bens Zimmer blieb er stehen und hielt den Atem an, als er Kristie auf einem Stuhl neben dem Bett sitzen sah.
Ein Sonnenstrahl fiel durch den Schlitz zwischen den Vorhängen und brachte ihr rotes Haar zum Leuchten. Bens hingerissener Gesichtsausdruck, während er schlaftrunken seine Mutter betrachtete, würde Radford nie mehr aus dem Kopf gehen. Es war ein Bild voller Liebe, und er spürte, wie er sich plötzlich sehr heftig nach einem eigenen Kind sehnte.
Mit einem Knoten im Hals machte er kehrt und schlich sich wieder die Treppe hinunter. Als Kristie schließlich nach unten kam, saß er im selben Stuhl wie zuvor und hatte die Lider geschlossen. „Radford?“
Er schlug die Augen auf.
„Ich dachte, Sie schlafen schon. Wollen Sie vielleicht etwas trinken? Kaffee vielleicht oder ein Bier?“
Bier! Pauls Bier zweifellos. „Nein, danke.“ Außerdem bevorzugte er Scotch. Aber nicht, wenn er mit dem Auto unterwegs war. „Kaffee wäre toll. Zeigen Sie mir, wo alles ist.“
„Ich habe leider nur Instant-Kaffee“, bekannte Kristie.
„Das ist in Ordnung, ich bin Instant-Fan. Kommt vom Single-Leben. Meine Mutter ist da ganz anders: Bei ihr müssen es die erlesensten Bohnen sein, selbstgemahlen natürlich. Genauso beim Tee. Es dürfen keine Teebeutel sein, oh, nein. Sie akzeptiert nur losen Tee, auf die altmodische Art gebrüht. Sie pflegt eben gewisse Maßstäbe, müssen Sie wissen.“
Kristie lachte, wie er es beabsichtigt hatte. Er füllte den Wasserkocher, und sie räumte den Kaffee und das Geschirr heraus.
„Ist es wirklich so schlimm, mich im Haus zu haben?“, fragte er mit leiser, verführerischer Stimme.
„Ich denke nicht“, erwiderte Kristie etwas verlegen und vermied es, ihn anzusehen.
„Solange ich mich benehme, meinen Sie?“
Sie nickte.
„Das kann ich nicht versprechen, Kristie. Sie wissen, was ich für Sie empfinde. Und wenn Sie ehrlich sind, sind Sie auch nicht gerade immun gegen mich.“
Kristie schloss die Augen. „Das Wasser kocht“, wich sie ihm aus.
Ihre Schutzmauern bröckeln also allmählich, dachte Radford. Er füllte die Tassen und trug den Kaffee zu Kristie in den Garten. Sie nahmen beide auf einer Holzbank Platz. Radford gefiel der Garten. Es gab eine Schaukel und eine Rutsche für Ben, und die Luft war erfüllt vom üppigen Duft der Heckenkirsche, die an der Hausmauer wuchs.
Sie saßen eine ganze Weile schweigend da. Radford fiel es unheimlich schwer, so nahe bei Kristie zu
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