Julia Extra Band 364 (German Edition)
bewähren musste, ehe er das Risiko einging, ihr sein Vertrauen zu schenken. Wollte sie ihn jetzt wirklich im Stich lassen?
Nur weil sie einen Schönheitssalon besuchen und eine Shopping-Tour machen sollte? War das nicht ein wenig übertrieben? Unglücklich gestand Bee sich ein, dass das eigentliche Problem in Sergios’ Scharfsinn lag. Als er sie gefragt hatte, was passiert war, dass sie sich gar nicht mehr für ihr Aussehen interessierte, hatte er einen wunden Punkt berührt und ihren Stolz verletzt. Deshalb war sie auch so ausgeflippt.
Dabei hatte Bee ihr Spiegelbild selbst nicht gefallen. Ihr Haar brauchte dringend einen vernünftigen Schnitt, und ihre Garderobe musste genauso dringend aufgepeppt werden. Zudem konnte sie nicht verlangen, dass ein Mann von Sergios’ Kaliber sie in ihrem derzeitigen „natürlichen“ Zustand akzeptierte.
Bee brachte ihr Haar in Ordnung, ehe sie in wesentlich gemächlicherem Tempo die Treppe hinunterging, als sie diese zuvor heraufgerast war. Mit rebellischer Miene hob sie die Hand, um zu klopfen, doch dann überlegte sie es sich anders und marschierte unangekündigt in sein Büro.
Sergios saß an seinem Schreibtisch und arbeitete am Laptop. Als er den Kopf hob, schaute er sie wenig einladend an.
Bee kostete es beinahe körperliche Anstrengung, ihren verletzten Stolz zu überwinden und zu sagen: „Also gut, ich mache es … diese Makeover-Geschichte.“
„Was hat dich dazu bewogen, deine Meinung zu ändern?“, fragte er teilnahmslos. Seine Miene wurde kein bisschen weicher.
„Die Bedürfnisse meiner Mutter … und die der Kinder“, gab sie wahrheitsgemäß zu. „Ich kann mich nicht einfach so meiner Verantwortung entziehen.“
Um seinen Mund zuckte es zynisch. „Das tun die Menschen ständig.“
Bee streckte sich ein wenig. „Aber ich nicht.“
Sergios stieß sich vom Schreibtisch ab und stand in einer fließenden, geschmeidigen Bewegung auf, die für einen Mann von seiner Größe und muskulösen Statur erstaunlich war. „Kämpf nicht gegen mich an“, sagte er heiser. „Das mag ich nicht.“
„Aber du weißt nicht immer, was das Beste ist.“
„Es gibt subtilere Herangehensweisen.“ Er bot ihr einen Drink an, den sie akzeptierte. Verlegen verharrte sie an seinem Schreibtisch und umklammerte ein Glas Wein, das sie eigentlich gar nicht wollte.
„Subtil ist nicht mein Ding“, gestand Bee.
Mit einem Mal wirkte er furchtbar distanziert. „Du wirst es lernen. Es wird nicht leicht, mit mir zu leben.“
Als sie das Glas an die Lippen führte und den teuren Wein kostete, dachte Bee zum ersten Mal an Melita. Ob er sich bei seiner Geliebten anders verhielt? War sie blond oder brünett? Wie lange gab es sie schon? Wo lebte sie? Wie oft traf er sich mit ihr?
„Wir werden auf unsere Hochzeit anstoßen“, murmelte Sergios gedehnt.
„Und auf einen verständnisvolleren Umgang?“, fügte Bee hinzu.
Er blickte sie finster an. „Wir müssen uns nicht verstehen. Wir müssen auch nicht sonderlich viel Zeit miteinander verbringen. Nach einer Weile müssen wir nicht mal mehr unter ein und demselben Dach leben …“
Seine Worte ließen sie bis ins Mark frösteln. Bee trank ihren Wein aus und stellte das Glas auf dem Schreibtisch ab. „Dann gute Nacht“, sagte sie prosaisch.
Als sie die Treppe hinaufstieg, fragte sie sich, warum sie sich einsamer fühlte als je zuvor. Sie hatte doch sicher nicht erwartet, dass Sergios ihr seine Gesellschaft und Unterstützung anbieten würde? Die Parameter ihrer Beziehung schienen für ihn in Stein gemeißelt zu sein: Er liebte sie nicht, er begehrte sie nicht und brauchte sie lediglich als Mutter für die Kinder. Die Rolle seiner Ehefrau schien tatsächlich mehr ein Job zu sein als alles andere …
4. KAPITEL
Bee trat aus der großzügigen Umkleidekabine auf das Podest, um ihr Brautkleid vor den riesigen Spiegeln der exklusiven Boutique bestmöglich betrachten zu können.
Sie gab es zwar nur ungern zu, aber Sergios hatte eine erstaunlich gute Wahl getroffen. Es war ein kurzer, hitziger Disput zwischen ihnen entstanden, als er sie mit der Neuigkeit überraschte, dass er bereits ein Kleid für sie ausgewählt hatte.
„Was in aller Welt fällt dir nur ein?“, sagte Bee am Telefon. „Eine Frau freut sich darauf, ihr Brautkleid selbst auszusuchen.“
„Ich war bei einer Modenschau in Mailand. Als das Model in dem Brautkleid über den Laufsteg lief, wusste ich sofort, dass es dein Kleid ist“, versetzte Sergios mit seiner
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