Julia Extra Band 364 (German Edition)
„Wer war der Mann, der dich in die Weinbar begleitet hat?“, fragte er.
Bee versteifte sich sofort. „Tom ist also ein Spion?“
„Beatriz …“, stöhnte Sergios ungeduldig.
„Er war einfach nur ein alter Freund, den ich seit der Uni nicht mehr gesehen habe.“ Sie zögerte kurz, entschied dann aber, nicht mehr zu sagen, weil sie nicht das Gefühl hatte, ihm eine Erklärung zu schulden.
„Sobald es die Runde gemacht hat, dass du mich heiratest, wirst du schnell feststellen, dass etliche alte Freunde hervorgekrochen kommen“, bemerkte er zynisch.
„Ich finde das beleidigend. Dieser spezielle Freund hat mich darum gebeten, mich für eine Kinder-Wohltätigkeitsorganisation einzusetzen. Daran ist ja wohl nichts auszusetzen.“
„Hat er deshalb deine Hand gehalten?“
Bee keuchte. „Mein Gott, er hat nach meiner Hand gegriffen – eine Riesensache!“
„Ich erwarte, dass du dich in der Öffentlichkeit diskret verhältst.“
Ihr Zorn wuchs. „Du musst immer das letzte Wort haben, oder?“
„Und ich habe immer recht, latria mou “, versetzte er völlig unbeeindruckt von ihrem Vorwurf.
In dieser Nacht lag Bee in ihrem riesigen, luxuriösen Bett und dachte über die Begegnung mit Jon nach. Sie verbot sich, über ein Was-wäre-wenn zu grübeln. Wenn er sie damals wirklich geliebt hätte, dann hätte er sie niemals sitzen gelassen, nur weil sie eine Mutter hatte, die immer auf ihre Unterstützung angewiesen sein würde. Jons Zurückweisung hatte den Traum zerstört, den Bee am höchsten schätzte, den Traum von einer eigenen Familie.
„Das ist ein verdammt romantisches Kleid“, bemerkte Tawny und beäugte ihre Halbschwester neugierig, denn das maßgeschneiderte Seidenkleid mit dem fließenden Rock war ausgesprochen feminin und entsprach gar nicht Bees sonst eher konservativem Kleidungsstil. „Und eine äußerst wohlüberlegte Wahl von einem Mann, der eine rein praktische Zweckehe eingeht.“
Bee wurde rot. Sie wünschte, Zara wäre ihrer jüngeren Schwester gegenüber nicht so offen gewesen, denn Tawny hatte kein Verständnis dafür, dass Bee einen Mann heiraten wollte, den sie nicht liebte. Sie wünschte auch, Zara wäre einer potenziell unangenehmen Situation nicht dadurch aus dem Weg gegangen, dass sie vorgab, in ihrem schwangeren Zustand nicht mehr reisen zu wollen. „Sergios ist nicht romantisch, und ich bin es auch nicht.“
„Also schön, die Kids sind süß“, räumte Tawny ein, die den Kopf leicht schräg legte und Bee besorgt anschaute. „Und Sergios ist rein äußerlich Sex auf zwei Beinen, aber nur für eine abenteuerlustige Frau, und du bist so konventionell, wie man nur sein kann.“
„Unterschätz mich nicht“, entgegnete Bee und griff nach ihrem Brautstrauß.
„Wenn ich misstrauisch wäre, würde ich ja vermuten, dass du es nur für das Wohlergehen deiner Mutter tust“, fuhr Tawny fort und bewies damit ihren messerscharfen Verstand. „Du würdest alles für sie tun, und sie ist ja auch eine absolut liebenswerte Frau.“
„Ja, das ist sie, nicht wahr? Meine Mutter freut sich auch unheimlich für mich“, versetzte Bee mit einem eindringlichen Blick. „Bitte verdirb ihr das nicht, indem du ihr ein falsches Bild von meiner Ehe vermittelst …“
„Oder genau das richtige Bild“, murmelte Tawny leise, die sich nicht so leicht zum Schweigen bringen ließ. „Versprich mir einfach, dass du dich von ihm scheiden lässt, wenn er absolut furchtbar ist.“
Bee nickte sofort, um die Sorgen ihrer Halbschwester zu zerstreuen. Sehr vorsichtig ging sie auf ihren hohen Schuhen die Treppe hinunter. Sie befand sich im Haus ihrer Mutter, weil sie auf deren Bitte die letzte Nacht ihres Single-Lebens dort verbracht hatte. Am Fußende streckte ihr finster dreinblickender Vater ihr den Arm entgegen, denn er würde sie den Gang zum Altar hinunterführen. Monty Blake war gerade erst von Sergios abgekanzelt worden. Sein Ego und sein Konto hatten sehr unter dem Vorfall gelitten. Insofern sagte es einiges über Sergios’ Macht aus, dass ihr Vater trotzdem gewillt war, seinen Part bei der Hochzeit zu spielen.
Voller Ungeduld drehte Sergios sich am Altar um und beobachtete, wie seine Braut sich näherte. Sein Gesichtsausdruck gab nichts preis. Sie hatte sich das lange Haar bis zu den Schultern zurückschneiden lassen. Wessen dumme Idee war das denn gewesen? Ansonsten sah Beatriz … zum Anbeißen aus. Sein finsterer Blick glitt von ihren rosig schimmernden sinnlichen Lippen hinunter zu
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