Julia Extra Band 364 (German Edition)
auch Jon vom Stuhl. Im selben Moment schrillte die Türglocke los, so als würde der Besucher den Finger gar nicht mehr vom Knopf nehmen wollen.
„Eine Schande, dass deine PR-Frau so spät kommt“, sagte sie.
„Das war nur ein Vorwand, Bee“, fauchte Jon, dem für einen Moment die Selbstbeherrschung entglitt, sodass er wie ein bockiger kleiner Junge wirkte.
„Offensichtlich hatte Sergios recht, dass ich zu vertrauensselig bin“, erwiderte sie, als Jon wütend über die Unterbrechung die Haustür aufriss.
Bee stellte zu ihrem Entsetzen fest, dass Sergios vor der Tür stand. „Was machst du hier?“, fragte sie erstaunt. „Woher wusstest du, wo ich bin?“
Seine Augen funkelten zornig, als er den Blick auf Jon richtete. „Warum hat meine Frau gesagt, dass ich recht hatte, sie zu vertrauensselig zu nennen?“
Bee wollte wirklich nicht, dass Sergios gewalttätig wurde, was gar nicht so unwahrscheinlich zu sein schien, so aggressiv wie er wirkte. „Ich habe nur einen Scherz gemacht“, versicherte sie deshalb rasch. „Wir haben über ein Wohltätigkeitsdinner gesprochen …“
Sergios griff nach ihrem Handgelenk und zog sie aus dem Apartment, so als müsse er sie von einem gefährlichen Infektionsherd isolieren. Mit hartem Gesichtsausdruck musterte er Jon, der ganz blass geworden war. „Lassen Sie meine Frau in Ruhe“, warnte er mit eiskalter Stimme. „Was mir gehört, bleibt mein. Vergessen Sie das nicht.“
Was mir gehört, bleibt mein. Bee hätte beinahe hysterisch gelacht, wenn sie nicht so wütend über Sergios’ Eingreifen und seine sexistische Aussage gewesen wäre.
„Manchmal hast du einen ganz schönen Hang zur Theatralik“, äußerte sie, die diese Eigenschaft zum ersten Mal an ihm beobachtete und entsprechend überrascht war.
„Was hast du allein mit Townsend in seiner Wohnung gemacht?“, schoss er zurück, ohne auf ihre Bemerkung einzugehen.
„Das geht dich nichts an.“
Als sich die Fahrstuhltüren im Erdgeschoss öffneten, warf er ihr einen ungeduldigen Blick zu. „Nun sag schon!“
„Holen wir Eleni im Krankenhaus ab?“, versetzte sie stattdessen. Vor ihrem inneren Auge sah sie Melita mit ihrem katzengleichen Lächeln. Erneut wurde sie von Übelkeit erfasst.
„Eleni wurde vor einer Stunde entlassen. Karen hat mich angerufen und mir gesagt, dass sie die Kleine nach Hause bringt.“
„Oh.“ Bee hatte sofort ein schlechtes Gewissen, dass sie nicht dabei gewesen war. Die emotionale Achterbahnfahrt der vergangenen Stunden war einfach zu viel für sie. Der Mann, den sie liebte, hatte eine Geliebte, mit der er regelmäßig schlief und die er nicht aufgeben wollte. Was sollte sie jetzt tun? Es drängte sie, ihn mit großer Geste zu verlassen, aber an ihrer Ehe hingen zu viele unschuldige Leute, die dadurch verletzt werden würden. Sergios hatte selbst gesagt, dass sie keine Drückebergerin war, und damit hatte er recht. Sie hatte ihr Wort gegeben und würde es halten.
Selbst wenn er Melita nicht aufgab? Konnte sie auch unter diesen Umständen noch zu ihrem Wort stehen?
Ein messerscharfer Schmerz durchfuhr sie. Mein Gott, sie hatten sich so weit von ihrem ursprünglichen Arrangement entfernt. Es waren viel zu viele zärtliche Gefühle entstanden. Es wäre eine Herkulesaufgabe, sich ihm gegenüber wieder völlig emotionslos zu geben. Hatte sie tatsächlich einst geglaubt, Sergios wie einen anspruchsvollen Arbeitgeber behandeln zu können? Wenn sie jetzt sein geliebtes Gesicht betrachtete, dann war sie nicht mehr sicher, ob sie ihr Versprechen halten und die Opfer ertragen konnte, die das erforderte.
Die Limousine stoppte. Bee stieg blass und bleich aus, ohne auch nur zu gucken, wohin sie ging. Doch dann blieb sie abrupt stehen, denn sie bemerkte, dass sie vor einem Apartment-Komplex standen, den sie noch nie gesehen hatte. „Wo sind wir?“
„Ich besitze hier eine Wohnung.“
„Oh … tatsächlich?“, entgegnete sie trocken und fragte sich dabei, ob er hierher in ihrer Hochzeitsnacht gekommen war, um mit seiner griechischen Geliebten zu schlafen. Bee hätte darauf wetten können, dass er Melita nicht erst dazu drängen musste, verführerische Wäsche zu tragen. Himmel, hatte sie tatsächlich darüber nachgedacht, ihr Haar blond zu färben? War sie wirklich so lächerlich gewesen? Was war mit ihrem Stolz, mit ihrer Unabhängigkeit geschehen?
Die Liebe hat diese Eigenschaften ausgelöscht, dachte sie bitter. Die Liebe hatte sie schwach gemacht. Die Liebe hatte dafür
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