Julia Extra Band 365
die Frau, die ich heiraten will, kennengelernt habe, als sie meine Bettwäsche wechselte“, erwiderte er ohne Zögern.
„Snob“, entgegnete Tawny und überschlug ihre Beine. Dabei bemerkte sie, dass sein Blick auf ihrem nackten Schenkel liegen blieb, den sie unabsichtlich entblößt hatte, als der Rock zur Seite rutschte. Urplötzlich hatte sie einen Kloß im Hals.
Navarre war hart wie ein Fels. Es irritierte ihn, dass er die Reaktion seines Körpers einfach nicht unter Kontrolle hatte. Außerdem ärgerte es ihn, dass sie einen falschen Eindruck von ihm hatte. „Ich bin kein Snob. Während meiner Schulzeit habe ich in Hotelküchen gejobbt. In meiner Jugend musste ich ständig ums Überleben kämpfen. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie es war, hart zu arbeiten und kaum etwas zu verdienen.“
Tawny wich seinem Blick aus und rückte ihren Rock zurecht. Es war ihr furchtbar peinlich, selbst als Diebin zu gelten, während er durchaus wusste, was es hieß, für wenig Geld zu schuften. Sie dachte an die großzügigen Trinkgelder, die er ihr immer hinterlassen hatte, und wurde von abgrundtiefer Scham erfasst. Wie sehr wünschte sie, Julie nie kennengelernt und nie auf ihre Lügen gehört zu haben, denn sie hatte Navarres Vertrauen missbraucht.
Der Wagen schob sich durch den dichten Londoner Stadtverkehr, vorbei an überfüllten Bürgersteigen, und hielt schließlich vor dem hell erleuchteten Theater, in dem die Preisverleihung stattfand. Als Tawny die schaulustige Menge hinter den Absperrungen und die unzähligen Journalisten sah, die auf Interviews lauerten, stand sie kurz vor einer Panik.
„Bleib nicht stehen, um irgendwelche Fragen zu beantworten. Lass mich das Reden übernehmen. Lächle einfach nur“, wies Navarre sie an.
Tawny empfand es schon als Herausforderung, ruhig zu atmen, als sie aus dem Wagen stieg. Unzählige Kameras blitzten auf, sodass sie Sternchen sah und dankbar war für Navarres stützende Hand an ihrem Ellbogen. Geschickt führte er sie durch die Menge in das Gebäude hinein. Kaum hatten sie Platz genommen, kamen schon die ersten Leute auf sie zu, um Navarre zu begrüßen. Jedes Mal stellte er sie als seine Verlobte vor. Und jedes Mal sah Tawny, wie sich Überraschung auf dem Gesicht ihres Gegenübers abzeichnete, so als wäre es unfassbar, dass Navarre sich auf eine Frau festlegen wollte. Es sagte einiges über seinen Ruf als Womanizer aus.
Tawny sah zu, wie weltbekannte Schauspieler und Regisseure auf die Bühne gingen, um Preise entgegenzunehmen und Reden zu halten. Ihre Hände schmerzten vom Klatschen und ihr Mund vom Lächeln. Es war anstrengend, die ganze Zeit unter Beobachtung zu stehen, und so empfand sie es als Erleichterung, als Navarre ihr bedeutete, es wäre Zeit, zu gehen.
Sie durchquerten gerade das Foyer des Theaters, als eine melodische weibliche Stimme „Navarre!“ rief und er abrupt stehen blieb.
Die wunderschöne Tia Castelli in einem atemberaubenden nachtblauen Chiffon-Kleid mit passendem Saphirschmuck eilte die Treppe der Privatlogen hinunter. Tawny konnte den Blick nicht von der Leinwandgöttin wenden.
„Und Sie müssen Tawny sein!“, zwitscherte Tia, senkte den Kopf und küsste Tawny leicht auf beide Wangen, während die Kameras um sie herum wie verrückt blitzten und jeder Reporter versuchte, ein paar Bilder von der weltberühmten Schauspielerin einzufangen.
„Herzlichen Glückwunsch – ich habe mich so gefreut, als ich hörte, dass Sie und Navarre heiraten wollen“, fuhr Tia fort. „Steigen Sie doch zu mir und Luke in die Limousine. Wir haben denselben Weg.“
„Wie in aller Welt hast du die Bekanntschaft von Tia Castelli gemacht?“, wisperte Tawny, als mehrere Sicherheitsleute sie über den roten Teppich nach draußen begleiteten.
„Mein erster Chef bei der Privatbank hat ihre Investments verwaltet. Ich kenne sie schon lange“, entgegnete Navarre ruhig.
Tia blieb stehen, um ihre Fans zu begrüßen und für die Fernseh-Kameras zu posieren. An ihrer Seite befand sich ihr großer, dünner, unrasierter Ehemann, der in eine enge schwarze Jeans, eine zerknitterte blaue Samtjacke und einen schwarzen Filzhut gekleidet war. Er verlangsamte seinen Schritt kein bisschen, sondern marschierte schnurstracks auf die wartende Limousine zu. Navarre drängte Tawny mit einem Seufzen in dieselbe Richtung und wünschte nicht zum ersten Mal, dass Tia weniger impulsiv und dafür vorsichtiger wäre.
„Sie werden also Navarre Cazier heiraten“, bemerkte Luke
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